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Wie kann nachhaltige Werbung aussehen?

Inhalt

  1. Wo wir stehen - Ein Problemaufriss
  2. Wie müsste Werbung beschaffen sein, um nachhaltiges Konsumieren und Produzieren zu unterstützen?
  3. Was hat es genau mit dem veränderten Werteschema auf sich? Wie können wir nachhaltig konsumieren? Wie können unsere ethischen Vorstellungen hinsichtlich eines nachhaltigen Konsums realisiert werden?
  4. Kommen wir zur Beantwortung der Frage: Wie müsste Werbung beschaffen sein, um nachhaltiges Konsumieren und Produzieren zu unterstützen?
  5. Wie kann darüber hinaus ein nachhaltiger(er) Umgang mit Werbung aussehen?
  6. Gelebte Utopie - Beispiele für einen neuen Umgang mit Werbung

1 Wo wir stehen - Ein Problemaufriss

Die Bundesrepublik Deutschland hat seit der Beendigung des 2. Weltkriegs eine rasante wirtschaftliche Entwicklung vollbracht. Heute können die Bürger*innen so viel konsumieren, wie noch niemals zuvor. Sämtliche Konsumbereiche sind von einer nie dagewesenen Produktvielfalt geprägt. Die Produktion und Vermarktung erfolgt zum größten Teil durch international verflochtene Wirtschaftsakteure. Deutschland ist ein Profiteur dieser Globalisierung (Bertelsmann Stiftung, 2018).

Quelle: Bertelsmann Stiftung, 2018, S.32

Ein angemessenes Wirtschaftswachstum (gemessen am BIP) ist eines von vier durch das Stabilitätsgesetz vorgegebenen Zielen der Bundesregierung. Teil der Wachstumspolitik ist auch die Wettbewerbspolitik, die einen Antrieb zur Leistungssteigerung bei den Unternehmen befördern soll (bpb, 2019). Um ihre Leistung zu steigern betreiben Unternehmen einen Marketing-Mix aus den 4Ps bzw. 7Ps (Uni Graz, 2014).

Quelle: Uni Graz, 2014, S. 35

Ein wesentliches Element aus dem Bereich Promotion stellt die eigentliche Produktwerbung dar. Sie soll die Konsumlust anregen indem sie menschliche Bedürfnisse aufgreift und im Falle des Kaufs eines Produktes das Erreichen von individuellem Glücksempfindungen in Aussicht stellt. Dabei bedient sie sich verschiedener psychologischer Instrumente (Bhagwati, 2019). Sie trägt damit wesentlich zu einem steigenden Konsum bei, was die Wirtschaftsakteure dazu motiviert, jedes Jahr viele Milliarden Euro in Werbung zu investieren (ZAW, 2019, online).

Quelle: ZAW, 2019, online

Die wachsende Bedeutung des E-Commerce spiegelt sich in steigenden Werbeausgaben für Onlinewerbung wider (Rudelle, 2019, online).

Quelle: Rudelle, 2019, online

Doch die gestiegene Konsumfähigkeit in Deutschland und auf der Welt bringt nicht nur Wohlstand mit sich. Im Gegenteil, vielerorts leiden Menschen und vor allem die Erde selbst unter ausbeuterischen Methoden der globalen Produktionsketten.

Quelle: https://www.welt.de/wirtschaft/article169621504/Dieses-Metall-wird-zum-Problemkind-der-Elektromobilitaet.html

Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/heute/scheinbar-saubere-elektromobilitaet-100.html

Quelle: https://www.peta.de/umwelt

Quelle: https://www.welt.de/politik/ausland/article113892757/Chinas-Krebsdoerfer-die-Schattenseite-des-Booms.html

Klimawandel und Müllberge durch nichtnachhaltige Produktion weltweit

Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/wissen/umweltschaeden-durch-kunststoffverpackungen-wie-die-wegwerfgesellschaft-im-meer-zur-tragoedie-fuehrt-22500472

Das heute praktizierte Wirtschaften ist an vielen Stellen nicht mit den 2015 von allen Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN) verabschiedeten 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 vereinbar. Es stellt sich die Frage, ob ein Wirtschaften ohne das Wachstumsgebot möglich ist. Doch auch unabhängig von der Umsetzung einer Postwachstumsgesellschaft lässt sich die Frage formulieren:

2 Wie müsste Werbung beschaffen sein, um nachhaltiges Konsumieren und Produzieren zu unterstützen?

Um diese Frage beantworten zu können, erfolgt zunächst eine Analyse der heutigen Werbekultur. Dazu ist eine Aneignung grundsätzlicher Informationen von Vorteil. Im Wirtschaftslexikon werden auf wissenschaftlicher Basis die theoretischen Grundlagen dafür gelegt, zu verstehen, wie Werbung funktioniert, welche Funktionen sie haben kann und mit welchen Mitteln versucht wird, die Konsumenten zu beeinflussen.

Quelle (bitte verlinken): http://www.daswirtschaftslexikon.com/d/werbung/werbung.htm

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass Werbung den Konsum einer Marke oder eines Produktes fördern soll. Oliviero Toscani kritisierte die Werbepraxis mit seinem Buch 'Die Werbung ist ein lächelndes Aas' bereits 1996 (erschienen im Bollmann Verlag). Seine Kritikpunkte haben bis heute kaum an Relevanz verloren:

  1. Verschwendung von Unsummen
  2. Soziale Nutzlosigkeit
  3. Lüge
  4. Verbrechen gegen die Intelligenz
  5. Heimliche Verführung
  6. Verherrlichung der Dummheit
  7. Ausgrenzung und Rassismus
  8. Verbrechen gegen den inneren Frieden
  9. Verbrechen gegen die Sprache
  10. Verbrechen gegen die Kreativität
  11. Hemmungsloses Ausplündern

Toscanis sarkastische Kritik wird im Buch als 'Nürnberger Prozess gegen die Werbung' bezeichnet und aus der Insiderperspektive bildreich dargestellt.

"Von dem Geld, das wir nicht haben, kaufen wir Dinge, die wir nicht brauchen, um Leuten zu imponieren, die wir nicht mögen"

(Zitat aus dem Film Fight Club)

Tatsächlich gibt es neben der Frage der eigenen Existenzsicherung noch weitere Argumente, die gegen unser derzeitiges Konsumverhalten sprechen. So zeigt die Glücksforschung, dass gute zwischenmenschliche Beziehungen, Lernprozesse und der Genuss des Augenblicks viel wesentlichere Glücksfaktoren sind als der Konsum, bei dem rasch ein Sättigungseffekt einsetzt.

Quelle (bitte verlinken): https://www.br.de/themen/wissen/glueck-gluecksforschung-gehirn-100.html

Werbung versucht sich dieses Streben nach Glück zunutze zu machen. Eine Verteufelung der Werbung als Konsequenz erscheint jedoch nicht sinnvoll, um die aktuellen ökonomischen, ökologischen und sozialen Probleme der Menschheit zu bewältigen. Vielmehr bedarf es eines Paradigmenwechsels beim Konsum und damit einhergehend beim Wirtschaften. Eine veränderte Werbung ist gleichzeitig Grundlage und logische Konsequenz dieses Transformationsprozesses. Die Wirkmechanismen der heutigen Werbung könnten theoretisch auf ein verändertes Werteschema übertragen werden.

3 Was hat es genau mit dem veränderten Werteschema auf sich? Wie können wir nachhaltig konsumieren?

Wie können unsere ethischen Vorstellungen hinsichtlich eines nachhaltigen Konsums realisiert werden?

Quelle: https://hallesche-stoerung.de/das-gute-leben-fuer-alle-3000-menschen-diskutierten-in-leipzig-alternativen-zur-wachstumswirtschaft/

Quelle: https://www.archdaily.com/905546/degrowth-the-radical-re-action-needed-to-avoid-total-economic-and-environmental-collapse/5be5346b08a5e5f7ac000cf3-degrowth-the-radical-re-action-needed-to-avoid-total-economic-and-environmental-collapse-photo

Anhand des Drei-Säulen Modells der Nachhaltigkeit können differenzierte Überlegungen im Hinblick auf eine Postwachstumsgesellschaft abgeleitet werden, die uns helfen könnten, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.

Soziale Überlegungen

Emanzipation, Partizipation und Diversität sind grundlegende Komponenten einer bewusst nachhaltigen Gesellschaft, in der der Zugewinn von Freiheit eine wichtige Errungenschaft ist, fernab von vorgegebenen gesellschaftlichen Normen und einer starren Weltanschauung. Jedes Individuum kann nach den eigenen persönlichen Vorstellungen leben und wird von den Mitmenschen respektiert. Das Bild vom Homo oeconomicus (höher, schneller, weiter), das Beschleunigung, Überforderung und Ausgrenzung fördert (Fokussierung auf Nutzenmaximierung ohne dabei andere Bedürfnisse von Menschen zu berücksichtigen), verschwindet allmählich. Das Menschenbild verändert sich zu einem tiefergreifenden, welches sich durch das Leben von Beziehungen manifestiert und das Miteinander sowie den Austausch in den Fokus rückt (vgl. Adloff & Leggewie 2014 S. 47).

Homo oeconomicus steckt den Kopf in den Sand (Quelle: https://t3n.de/news/kundenservice-begrabt-homo-oeconomicus-1122182/)

Ökologische Überlegungen

Der Mensch versteht sich als Teil der Natur und handelt dementsprechend wohlgesonnen. Was der Natur entnommen wird, muss ihr auch wieder zurück gegeben werden. Statt bloßen technischen Neuerungen und Effizienzstrategien zu vertrauen, spielt Suffizienz (aus dem Lateinischen sufficere = ausreichen, genügen) einen essentiellen Wert für den Menschen. Verstanden als eine Veränderung des (alten) Konsummusters handelt das Individuum unter Berücksichtigung eines möglichst geringen Rohstoffverbrauchs (z.B. Vermeidung von Abfall), wobei Selbstbegrenzung und Verzicht zur Selbstverständlichkeit werden. Im Angesicht des Klimawandels ist die Senkung des CO2 Ausstoßes ein primäres Ziel zur Erhaltung unserer Lebensgrundlage - die Erde. Insgesamt verändert sich die Mobilität: Beispielsweise werden weniger Flugreisen getätigt und Fahrrad fahren gilt als ein populäres bzw. umweltfreundliches Verkehrsmittel, das auch der Gesundheit zur Gute kommt. Tiere werden geschützt und gelten gleichwertig wie Menschen vor dem Gesetz, so dass der Fleischkonsum drastisch verringert wird (auch das würde das Klima sehr begrüßen).

Szenario 2040 in Venedig: Auch den steigenden Fluten kann den letzt verbliebenden Jetsetterinnen nichts antun. Konsumieren um jeden Preis (Quelle: https://www.qiio.de/shorts/die-story-hinter-der-zustand-der-welt-in-einem-foto).

Ökonomische Überlegungen

Die neoklassischen Theorielehre wird von der pluralen Ökonomik abgelöst, um alternative Wirtschaftsweisen zu etablieren. Das Netzwerk Plurale Ökonomik beispielsweise schafft einen Raum für vielfältige ökonomische Theorien, die zur Lösung realer Probleme beitragen können. Auf der Lernplattform Exploring Economics werden wirtschaftswissenschaftliche Themen anhand von Videos, Texten und Online-Seminaren aufgegriffen. Regionale sowie miteinander vernetzte bzw. offene Wirtschaftskreisläufe werden etabliert, in denen Gemeingüter (Commons) zum Alltag gehören. Menschliche Reichtümer (keine Beschränkung auf wirtschaftliche, materielle oder monetären Güter) werden auf künstlerischem, technischem, wissenschaftlichen, literarischen, theoretischem oder sportlichem Gebiet erweitert (vgl. Adloff & Leggewie 2014, S. 69). Entschleunigung und Zeitwohlstand sind geschätzte Ressourcen.

Die Geschichte von dem Sozialpsychologogen Harald Welzer im Rahmen von FUTURZWEI (S. 4) bietet die Möglichkeit sich in eine Postwachstumsgesellschaft im Jahre 2038 einzudenken und weiteren Überlegungen Raum zu geben.

4 Kommen wir zur Beantwortung der Frage: Wie müsste Werbung beschaffen sein, um nachhaltiges Konsumieren und Produzieren zu unterstützen?

Werbung für nachhaltige Produkte (Konsistenz) sowie für nachhaltige Produktion und Konsum (Effizienz) könnten folgendermaßen aussehen:

Thinking before buying (Quelle: eigene nach https://utopia.de/galerien/ultimativen-produkte-fuer-nachhaltigen-konsum/)

Ein Beispiel: Werbung für Suffizienz

(Quelle: eigene nach https://www.fluter.de/der-traum-vom-oekologischen-fliegen)

Werbung für Produkt-Sharing (z.B. Verleihplattformen, Nachbarschaftshilfen, Car-Sharing) sind nicht mehr wegzudenken.

Für weitere Anregungen lassen sich im Lexikon der Nachhaltigkeit weitere Handlungsmöglichkeiten für eine nachhaltige Werbung nachlesen.

5 Wie kann darüber hinaus ein nachhaltiger(er) Umgang mit Werbung aussehen?

Die Monetarisierung des öffentlichen Raums führt auch zu einer Monopolisierung der Werbelandschaft: die Werbeflächen, die besonders viel Aufmerksamkeit erfahren, sei es durch ihre Größe oder den Standort, werden immer teurer, was zu Folge hat, dass es für kulturelle, politische, sportliche und ähnliche Veranstaltungen sowie gemeinnützige Inhalte immer schwieriger wird, zu werben. Die Zwecke, die also zu einer Vernetzung der BürgerInnen beitragen und somit auf sozial nachhaltiger Ebene wirken, werden also in der öffentlichen Werbelandschaft benachteiligt, da diese in der Regel nicht kommerziell wirtschaften. Es wird Zeit, die Werbelandschaft zu demokratisieren (vgl. Iveson 2012, S 164).

Iveson (2012) weist auf einige Möglichkeiten hin, eine Demokratisierung der Werbelandschaft zu erreichen:

  • Die Stadtverwaltungen sollten in der Zusammenarbeit mit privaten Akteuren bestimmte Regeln aufstellen, die dafür sorgen, dass die Allgemeinheit von den Angeboten profitiert. So könnte beispielsweise dafür gesorgt werden, dass die Installation und Instandhaltung von kostenlosen und für jeden zugänglichen Werbeflächen und anderer Straßenausstattungen wie Haltestellen, Parkbänken, usw.
  • es kann eine bestimmte Quote festgelegt werden, wieviele frei zugängliche Werbeflächen entweder temporär oder dauerhaft von den privaten Werbekooperationspartnern zur Verfügung gestellt werden sollen,
  • auch kann eine höhere Besteuerung von kommerzieller Werbung dabei helfen, gemeinnützige Zwecke zu finanzieren (vgl. Iveson 2012, S. 165).

6 Gelebte Utopie - Beispiele für einen neuen Umgang mit Werbung

Besonders in den großen Städten und Metropolen ist die Werbung aus dem Straßenbild kaum wegzudenken: es gibt wenige Orte, an denen man nicht den permanenten Botschaften der Werbeindustrie ausgesetzt ist. Jedoch stellt Werbung für viele Unternehmen und Kommunen eine erhebliche Einnahmequelle dar und öffentlich-private Partnerschaften, also Kooperationen zwischen Unternehmen und öffentlicher Hand, nehmen einen immer größeren Raum in der Gestaltung der Städte ein (vgl. Iveson 2012, S. 156).

Die fortschreitende Digitalisierung von Werbung im öffentlichen Raum, z.B. die Installation von beleuchteten Werbetafeln usw., hat, wie bereits erwähnt, vor allem ökologische Nachteile: die Lichtverschmutzung durch Lichtwerbung und den hohen Energieverbrauch. Dies hat Folgen für das Ökosystem und die menschliche Gesundheit, aber wirkt sich auch auf unser Denken und unsere Art, wie wir uns in der Stadt bewegen, aus (vgl. Cronin 2006).

Viele Städte auf der ganzen Welt haben sich indes dazu entschlossen, Werbung ganz oder teilweise aus dem Stadtbild zu verbannen oder befinden sich auf dem Weg dahin.

Sao Paulo hat 2007 das 'Clean City Law' eingeführt.

Sao Paulo, Brasilien

In einer der ersten großen Städte wurde bereits im Jahr 2007 vom just ernannten Bügermeister Gilberto Kassab kurzerhand ein Werbeverbot in der ganzen Stadt verhängt. Im Zuge des Clean City Law (Lei Cidade Limpa) wurden im ganzen Stadtgebiet über 15.000 Werbetafeln und Plakatwände und über 300.000 auffällige Firmenschilder, welche über der Straße hingen oder in riesigen Lettern an den Wänden prangten, entfernt. Wurden diese nicht freiwillig entfernt, wurde dies mit hohen Busgeldern geahndet. Auch das Werben auf öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bussen, Taxen und Straßenbahnen wurde komplett verboten. Sogar das Verteilen von Broschüren war von dem Verbot betroffen.

Das Gesetz wurde kontrovers aufgenommen. Die großen Unternehmen, die ein großes Interesse daran hatten, die präsenten Werbeflächen kommerziell zu nutzen, haben versucht, sich gegen die Vorschriften zu wehren. Die Argumentationsstruktur der Firmen und Unternehmen war teilweise durch vermeintlich selbstlose und gemeinnützige Argumente gekennzeichnet: weniger beleuchtete Werbeanzeigen würden zu fehlender Beleuchtung in den Straßen führen und diese unsicherer machen. Die größte Werbeagentur des Landes, Clear Channel Outdoor, argmentierte hingegen, das Gesetz sei gegen die Verfassung - jedoch erfolglos. Das Gesetz trat am 1. Januar 2007 in Kraft. Den Firmen wurde 90 Tage Zeit gegeben, die Werbung zu entfernen oder sie erhielten eine Strafe.

In den nächsten Jahren zeigten sich einige interessante Nebeneffekte des Gesetzes. Die Gebäude der Stadt waren erstmals wieder richtig zu sehen und ihre Architektur kam zur Geltung. Allerdings zeigte sich auch, was die Werbung Jahrzehnte lang verdeckt hatte: Schäden an Häusern und auch soziale Missstände in den ärmeren Gebieten der Stadt wurden sichtbar und konnten angegangen werden. Dies befürchteten auch einige KritikerInnen: die Stadt könnte an vielen Orten weniger attraktiv wirken.

Das Gesetz hatte jedoch auch zur Folge, dass vormals von großen Werbetafeln besetzte Flächen nun von KünstlerInnen beansprucht werden konnte (vgl. Kohlstedt 2016).

Mehr Raum für Kunst und Streetart in Sao Paulo (Quelle: https://99percentinvisible.org/article/clean-city-law-secrets-sao-paulo-uncovered-outdoor-advertising-ban/)
Als erste Stadt in Europa entfernt Grenoble Werbetafeln aus der Stadt und tauscht sie gegen Bäume.

Grenoble, Frankreich

Die französiche Stadt Grenoble in der Region Rhône-Alpes hat 2015 als erste europäische Stadt ein Verbot für Außenwerbung eingeführt. Ein BürgerInnenbündnis aus Linken und Grünen konnte während der Bürgerwahl mit dem Versprechen, Grenoble von Außenwerbung zu befreien, 40 Prozent der Stimmen gewinnen. Im Zuge des Verbots wurden im Frühjahr 2015 über 300 Werbetafeln und Plakate in der Stadt entfernt.

Neben Sao Paulo und Grenoble haben auch bereits viele andere Städte auf der Welt die Reduzierung oder das vollständige Verbot von Außenwerbung durchgesetzt, wie z.B. Chennai, Paris, Teheran und teilweise auch in New York.

Die Initiative 'Berlin Werbefrei' hat einen Volksentscheid für weniger Werbung im öffentlichen Raum auf den Weg gebracht.

Berlin, Deutschland

Auch in Berlin formiert sich Widerstand gegen die immer größerwerdende Präsenz von Werbung und Reklame in der Stadt. Für das Jahr 2019 ist die Digitalisierung von über 1.000 Werbeanlagen geplant, was die Lichtverschmutzung und den Stromverbrauch in der Stadt weiter erhöhen wird und somit aus ökologischer Perspektive nicht nachhaltig ist (vgl. Berlin Werbefrei 2019).

Die 2017 ins Leben gerufene Initiative "Berlin Werbefrei" richtet sich gegen die Überlagerung der Stadt durch Werbung und die zunehmende Kommerzialisierung des öffentlichen Raums, wodurch die Stadt laut der Initiative "ihr individuelles Gesicht" verliere. Dem Volksentscheid der Initiative haben über 32.000 BerlinerInnen durch eine Unterschrift ihre Unterstützung zugesichert. Derzeit führt die Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport eine Rechtsprüfung durch, ob die nächste Stufe des Volksbegehrens, die Abstimmung im Abgeordnetenhaus, beschritten werden kann.

Quellen

Adloff, F. & Leggewie, C. (2014): Das konvivialistische Manifest: Für eine neue Kunst des Zusammenlebens. Bielefeld: transcpript.

Bhagwati, Miriam (2019): Werbung, Autorin in Funktion des Directors der Sigma Alpha Global Exchange Limited, Beirut, Auf der Internet-Plattform: DasWirtschaftslexikon, Reiter: Werbung, Onlinequelle: http://www.daswirtschaftslexikon.com/d/werbung/werbung.htm [Stand: 10.09.2019]

bpb — Bundeszentrale für politische Bildung (2019): Wirtschaftspolitische Ziele, Auf der Internet-Plattform: Bundeszentrale für politische Bildung, Reiter: Nachschlagen / Lexika / Das Lexikon der Wirtschaft / W, Onlinequelle: https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/21191/wirtschaftspolitische-ziele [Stand: 10.09.2019]

BS — Bertelsmann Stiftung (2018): Globalisierungsreport 2018 Wer profitiert am stärksten von der Globalisierung?, Autoren: Johann Weiß, Dr. Andreas Sachs, Heidrun Weinelt, Gütersloh, Onlinequelle: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/MT_Globalisierungsreport_2018.pdf [Stand: 10.09.2019]

Cronin, A. M. (2006): Advertising and the metabolism of the city: urban space, commodity rhythms. In: Environment and Planning D: Society and Space 24, S. 615-632.

Iveson, K. (2012): Branded cities: outdoor advertising, urban governance, and the outdoor media landscape. In: Antipode 44.1, S. 151-174.

Kohlstedt, K. (2016): Clean City Law. Secrets of Sao Paulo Uncovered of Outdoor Advertising Ban. URL: https://99percentinvisible.org/article/clean-city-law-secrets-sao-paulo-uncovered-outdoor-advertising-ban/. Aufgerufen am 28.06.2019.

Uni Graz — Karl-Franzens-Universität Graz (2014): Gründungsleitfaden. Von Studierenden für Studierende, 1. Auflage, / 2014, Auf der Internet-Plattform: Universität Graz — Institut für Unternehmensführung und Entrepreneurship, Reiter: Universität / Sozial- & Wirtschaftswissenschaften / Institut für Unternehmensführung und Entrepreneurship / Gründen, Onlinequelle: https://static.uni-graz.at/fileadmin/sowi-institute/Unternehmensfuehrung/Gründungsleitfaden/Dokumente/Gruendungsleitfaden_gesamt.pdf [Stand: 10.09.2019]

Welzer, H. (2018): Deutschland 2038: Zeit für Lebenskunst. In: Futurzwei (Hrsg.), Wie wollen wir gelebt haben? Bildungsmaterialien und Methoden für den sozial-ökologischen Wandel (S. 4-6). Berlin. URL:https://api.futurzwei.org/images/bildungsmaterialien/FUTURZWEI_Arbeitsmaterialien.pdf. Aufgerufen am 03.09.2019.

ZAW — Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V. (2019): Wirtschaft und Werbung 2018, Auf der Internet-Plattform: ZAW —Die Werbewirtschaft, Reiter: Startseite / Branchendaten, Onlinequelle: http://www.zaw.de/zaw/branchendaten/wirtschaft-und-werbung/?navid=116153116153 [Stand: 10.09.2019]

Weiterführende Informationen und Lesetipps

Klein, N. (2001): No Logo! – der Kampf der Global Players um Marktmacht – ein Spiel mit vielen Verlierern und wenigen Gewinnern. München.

Netzwerk Futurzwei

Netzwerk Plurale Ökonomik e.V.

United Nations Research Institute for Social Development

I.L.A. Kollektiv

Credits:

Erstellt mit Bildern von Dmitrii Vaccinium - "untitled image" • theMilsEdition - "yoga day yoga black man" • Pexels - "beach girl leisure" • Shlomaster - "kite mother family" • klimkin - "wheelchair disabled pram" • sergio souza - "untitled image" • ResoneTIC - "grenoble france cable-car" • sapegin - "berlin germany oberbaum bridge"