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Von Rittern und Duellen OZ-Serie: Nachgezählt - Das GUT Horn

Alles begann mit einem Grafen, einem Ritter und einem Tausch: Im Jahre 1247 übernahm der Graf von Oldenburg die Ländereien des in Delmenhorst ansässigen Ritters Rembert Mule, um dort die Burg Delmenhorst zu errichten.

Dafür bekam der Ritter Land in der Bauernschaft Gristede. Hier baute er in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts die mittelalterliche Burg Horn. Ihren Namen hat sie von einem Flurstück dort, das „Horn“ hieß.

Bei Grabungen in den Jahren 1953/54 wurden viele Spuren aus dieser Zeit entdeckt. Zwei Zentner Keramik war dabei der Löwenanteil der Funde.

Eine 1292 erwähnte Kapelle ist möglicherweise schon in der Reformationszeit wieder abgerissen worden.

Im Jahr 1456 übertrug Ritter Mule seinen Besitz zu Horn an die Grafen von Oldenburg und bekam ihn als Lehen zurück.

Kurze Zeit darauf, ebenfalls noch im 15. Jahrhundert, war Mule aus dem Spiel. Die Ritter von Westerholt wurden mit der Burg belehnt.

Später besaßen sie die Burg, mussten aber Rossdienst leisten. Das heißt, sie waren verpflichtet, beritten zum Kriegsdienst zu erscheinen oder im Kriegsfall als Ersatz einen bewaffneten Reiter in voller Rüstung zu stellen.

Die Burg wurde in den Jahren 1636 bis 1641 abgerissen und durch ein neues Anwesen ersetzt. Die Erbfolge der Westerholts endete 1707 jäh. Der letzte männliche Erbe der Familie fiel in einem Duell.

Nach einigen Besitzerwechseln kaufte der Gristeder Landmann Johann Dietrich Ovie das Gut. Damit begann die nächste lange Epoche des Familienbesitzes.

Johann Dietrich zog aber nicht dorthin. Erst sein Enkel, Gerd Ovie, ließ dort 1858 ein Herrenhaus im klassizistischen Stil der späteren Biedermeierzeit errichten – einstöckig.

Eine beeindruckende Kastanienallee führt zum Gut Horn.

Die Allee, die zum Gutshaus führte – vermutlich noch aus der Zeit der von Westerholts – wurde so 1858 nach Osten verschoben. Die rund 150 Meter lange Kastanienallee ist noch heute vorhanden.

Das alte Gutshaus diente fortan als Stall. Allerdings nur für ein Jahr, weil es dann abbrannte. Man hatte im Backofen im hinteren Teil des Gebäudes Geburtstagskuchen backen wollen. 1859 wurde an der Stelle des alten Gutshauses ein Gulfhaus aus Ziegeln gebaut. 1884 wurde ein Teil des Burggrabens zugeschüttet und ein Misthaus darauf gebaut.

Der Hof wuchs weiter: ein Melkerhaus wurde direkt daneben errichtet. 1914 wurde das Herrenhaus aufgestockt und bekam die Architektur, die man heute noch sieht. 2005 übernahm die Familie Franz-Frers das Gut von Familie Ovie, die es als Café nutzte. Noch heute ist die ganze Hofanlage zum großen Teil von dem alten Muleschen Burggraben umgeben.

Heute wird das Herrenhaus als Wohnhaus genutzt. Monatelang dauerte es, bei der Renovierung alte Wandmalereien von 1858 freizulegen. Die zwei Scheunen, die Remise und das Sommerhaus wurden saniert und werden heute für Veranstaltungen genutzt.

In den zwei Scheunen – Misthaus und Stall – wurde der Blick auf die wuchtigen Balken freigelegt. Dafür mussten Heu- und Kornböden weichen.

Auch das ehemalige Melkerhaus wurde renoviert. Dort befinden sich heute eine Wohnung und eine Ferienwohnung im Obergeschoss. 2019 wurde an der Wagenremise quasi ein Spiegel angelegt. Sie wurde verdoppelt und in der Mitte mit einem Turmhaus versehen.

Den Unterschied zwischen der alten und der neuen Hälfte, sieht man aber nur, wenn man es weiß. Bei dem Anbau hat Bauherr Hans-Georg Frers auf authentisches Material wert gelegt: Er sammelte lange alte Dachpfannen und Steine.

Das Besondere

Ein wahres Schmuckstück versteckte sich im Gut Horn – begraben unter Raufasertapete. Restauratoren arbeiteten monatelang daran, im Eingangsbereich des Herrenhauses die Wandgemälde freizulegen. Die Experten mussten nicht nur Schichten aus der Neuzeit abtragen. In mehreren Epochen waren neue Wandmalereien über die ursprünglichen gepinselt worden, zum Beispiel im Jugendstil.

Schließlich arbeiteten sich die Fachleute zur Malerei von 1858 vor. Das Herrenhaus wurde zu dieser Zeit im klassizistischen Stil erbaut, den man heute noch sehen kann. Trotz des Alters und den unterschiedlichen Schichten, die sie verdeckten: Ein Element der Malereien war fast vollständig und konnte als Schablone für die anderen genutzt werden.

Nicht nur im Eingangsbereich konnten Schmuckstücke freigelegt werden. Während der Arbeiten wurden zufällig im Damensalon ebenfalls Malereien gefunden. Allerdings an der Decke.

Auch diese wurden in mühevoller Kleinarbeit wieder freigelegt. Passend zu den Verzierungen konnte sogar ein ursprünglicher Einrichtungsgegenstand wiedergefunden werden.

Manchmal braucht man Glück: Bei einem Antiquitätenhändler stieß das Besitzerehepaar Franz-Frers auf einen Spiegel.

Er käme von Gut Horn, hieß es. Wie sich herausstellte, war dem so: Die Schnörkel am Rand des wuchtigen goldenen Spiegels waren die gleichen wie in den Deckenmalereien im Damensalon.

Drei Fragen an...

Renate Franz und Hans-Georg Frers leben auf dem Gut Horn. Es gibt viele schöne Orte dort, einer ist etwas Besonderes.

Frage: Frau Franz, wie kamen Sie und ihr Mann zum Gut Horn?

Renate Franz: Es war Zufall. Seit 32 Jahren erzählte mein Mann, dass es sein Traum ist, mal einen solchen Hof zu besitzen. Er ist jemand, der gerne anpackt und baut. Wir suchten etwas in Bad Zwischenahn und der Gutshof war zufällig zu verkaufen. Wir haben noch immer Kontakt zur Familie Ovie, in deren Besitz er lange Zeit war. Durch sie wissen wir sehr viel über das Gebäude. Das Haus hat so viel Geschichte, es ist ein Denkmal. Wir sehen das als Verantwortung und sind eben auch eine Zeit lang hier Gast.

Frage: Wie ist das Leben als Gast auf dem Gut?

Franz: Es war Wahnsinn, dabei zu sein, als die Malereien über Monate immer weiter herausgearbeitet wurden. Und das Ergebnis ist wunderschön, es hätten schließlich auch röhrende Hirsche sein können. (lacht) Es ist schon beeindruckend, was Restauratoren können. Wir versuchen, die alte Schönheit wiederherzustellen. Allein die Sichtachsen, die damals gesetzt worden sind. Auch wenn man sie nicht bewusst sieht, sie machen etwas mit einem. Geben Ruhe. Wir haben auch gerne Musik hier auf dem Gut. Es gibt Veranstaltungen, Konzerte, Hochzeiten.

Frage: Gibt es denn etwas, das sie am Gut besonders schätzen?

Franz: Oh, das ist schwer. Aber ich muss sagen: meine Schaukel. Wenn ich dort bin, finde ich nach der Arbeit Entspannung. Der Blick in den Garten. Umgeben von den alten Bäumen. Das ist mein liebster Platz.

Text

Vera Vogt

Fotos

Klaus Ortgies

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