Rund 100 Gründer und Führungskräfte der Internet-Wirtschaft haben sich in der Initiative „Leaders for Climate Action“ zusammengeschlossen, um einander auf dem Weg des Wandels zu unterstützen und effektive grüne Maßnahmen zu bewirken.
Weniger als acht Jahre bleiben noch, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten: Auf der Website der „Leaders for Climate Action“ zählt ein Ticker diesen Zeitraum erbarmungslos nach unten. Im Sommer 2019 haben mehr als 100 Digitalunternehmerinnen und Digitalunternehmer aus Deutschland diese Klimaschutz-Initiative gegründet. Sie wollen damit
sowohl selbst ein Zeichen setzen als auch unsere Entscheidungsträger auffordern, klare Weichen für effektiven Klimaschutz in Deutschland zu stellen“.
Neben schnellem, konsequentem Handeln der Politik und dem Ausbau erneuerbarer Energien fordern sie unter anderem die sofortige Einführung einer lenkungswirksamen CO₂-Bepreisung in Deutschland. Die Initiative wendet sich bewusst an Führungskräfte, die sich persönlich für das Thema einsetzen und ihren ökologischen Fußabdruck sowie den ihrer Unternehmen optimieren wollen. Sie unterstützen sich gegenseitig auf ihrem Weg durch den Wandel. Gleichzeitig sollen sie sich durch das Engagement bei den „Leaders for Climate Action“ auch ihrer Vorbildfunktion noch einmal bewusster werden. Die Mitglieder sind Gründer sowie Geschäftsführer von Startups, Konzernen und Agenturen.
(Logo: Leaders for Climate Action e.V.)
„Überlebensversicherung“ für Mitarbeiter
Einer von ihnen ist Albrecht von Sonntag, Geschäftsführer der Shopping- und Vergleichsplattform Idealo: „Wir können unsere gemeinsame Kraft als Internet-Unternehmer beispielsweise nutzen, indem wir uns für eine klimafreundlichere Nutzung digitaler Devices einsetzen“, beschreibt er eine Idee, die die Gruppe diskutiert.
Content-Anbieter sollten darüber Transparenz schaffen oder sich gegenseitig dazu verpflichten, dass alles, worüber sie die Kontrolle haben, auf Ökostrom umgestellt wird.“
In seinem Unternehmen ist das Thema seit rund zehn Jahren implementiert: Durch Energiesparmaßnahmen sowie die Nutzung von Ökostrom, seit 2019 auch durch Kompensation, arbeitet Idealo CO₂-neutral. Auch der private CO₂- Fußabdruck aller Mitarbeiter wird zu 50 Prozent kompensiert – Idealo nennt das Konzept „Überlebensversicherung“. Zudem setzt sich das Unternehmen für die Wiedervernässung eines Moors in Mecklenburg-Vorpommern ein.
Klimaschutz braucht „Erlaubnis“
Von Sonntag ist überzeugt, dass Klimaschutz psychologisch betrachtet eine Art „Erlaubnis“ braucht: „Unsere Gesellschaft ist im Kopf sicher schon viel weiter, als wir das medial wahrnehmen. Die Klimakrise ist uns doch allen seit langer Zeit bewusst. Doch der Einzelne denkt, er muss sich noch so verhalten, wie er es bislang gewohnt ist. Als Herdentiere müssen wir uns erst gegenseitig die Erlaubnis geben, fortan anders zu denken, also von der klassisch kapitalistischen Route der vergangenen Jahrzehnte abzuweichen und zu sagen: 2020 machen wir etwas Neues, denn jetzt steht wirklich viel auf dem Spiel.“ Dasselbe gelte für die Politik:
Die Fridays-for-Future-Bewegung hat die Erlaubnis an die Politik gegeben, den Themen Umwelt und Klima deutlich mehr Raum zu geben – schließlich sind ihre Mitstreiter die Wähler der Zukunft.“
Pflicht zur Transparenz gefragt
Als Plattform zum Vergleichen von Preisen fördert Idealo den Kauf von Konsumgütern – und damit eine Klimasünde. Albrecht von Sonntag sieht die Aufgabe des Unternehmens jedoch darin, den Käufer mit den Informationen zu versorgen, die er für die beste Kaufentscheidung braucht: „Dann kauft er vielleicht eher eine Bohrmaschine von guter Qualität, die viele Jahre hält, und verleiht sie noch an Nachbarn.“ Auch über Nachhaltigkeitsaspekte will Idealo aufklären, doch die entsprechenden Daten sind bisher schwer zu bekommen: „Wenn Politik und Wirtschaft den Konsumenten die Verantwortung übergeben, muss es auch eine Pflicht zur Transparenz geben. Die Politik sollte steuernd eingreifen und die Spielregeln vorgeben, zum Beispiel in Form eines Ampelsystems, das beispielsweise die Recycling-Fähigkeit eines Produkts ausweist.“
Starke Stimme neben klassischen Wirtschaftszweigen
Beim Einfluss, den eine Initiative wie „Leaders for Climate Action“ haben kann, ist von Sonntag optimistisch: „Er ist nicht berechenbar, aber deshalb sollte man ihn nicht unterschätzen. Ich habe schon erlebt, wie kleine Impulse eine enorme Wirkung entfaltet haben.“ Er sieht die Organisation auch als starke Stimme neben den klassischen Wirtschaftszweigen: „Wir vertreten Unternehmen mit sehr starken Wachstumsraten – wir sind ein Wirtschaftsmotor, hinter dem viele Arbeitsplätze stehen, viel Geld und ein starkes Netzwerk. Wir sind ein wichtiger Teil der Zukunft der deutschen Wirtschaft.“
Dieser Beitrag ist erschienen im BVL Magazin Zwei 2020.