Erlebnisse von Franz Salcher aus Küpfern

Im Herbst 1944 weilte Franz Salcher auf Heimaturlaub in Küpfern in Weyer. Im November 1944 sollte er wieder an die Front zurückkehren. Die Fahrt wäre von Kastenreith über Steyr gegangen. Wie so vielen Menschen war auch ihm zu diesem Zeitpunkt die Aussichtslosigkeit dieses Krieges klar geworden und so schmiedete er einen Plan:

Er stieg in Kastenreith in den Zug ein. Dies konnten auch einige Leute bezeugen. Es gelang ihm jedoch auf der anderen Zugseite unbemerkt wieder auszusteigen und in den Tunnel zu kommen. Im Tunnel wartete Franz Salcher, bis der Zug abgefahren war und ging dann durch den Tunnel nach Küpfern zu seiner Frau in den Hammergraben.

Er wusste natürlich, dass er nicht zu Hause bleiben konnte. Hastig packte er seinen Rucksack mit Essen und Getränken voll und machte sich auf den Weg zu den Ennsbergmauern. Er ging im Wasser ein Stück bergauf, verließ den Bach aber nach ca. 200 m und marschierte dann durch den Forstgraben bis zu jenem Stollen, den Kriegsgefangene für die Weyrer Holzbringung gegraben hatten. Von dort ging es nach links aufwärts zu einer ca. 6 m langen Höhle, oder besser gesagt, Felsnische. Er zimmerte eine Holzpritsche in der Höhle und konnte sich auch einen kleinen eisernen Ofen beschaffen. Vor dem Eingang brachte er einen Querbalken an und befestigte an diesem kleine Bäumchen und Stauden zur Tarnung seines Unterschlupfs. Neben seiner Wohnhöhle war noch eine kleine Nische, die er als Toilette benutzte. Um nicht durch aufsteigenden Rauch bemerkt zu werden, konnte Salcher den Ofen fast nur in der Nacht heizen.

Im März 1945 holte der Bauer Josef Fösleitner vulgo Inselsbacher mit seinen Arbeitern Heu von seinem Stadel, von dem aus man den Ennsberg gut einsehen kann. Plötzlich meldeten die Arbeiter „Rauch am Ennsberg“. Der Bauer beschwichtigte die Leute und meinte: „Da hat sicher jemand eine Zigarette weggeworfen.“

Franz Salcher wurde von ihm auch sofort gewarnt.

Dieser Bauer stellte auch der Familie Salcher viele Lebensmittel zur Verfügung, da Frau Salcher ja nur eine Lebensmittelkarte hatte. In der Nacht stieg dann Salcher manchesmal ins Tal und holte sich die Essensvorräte und auch Holz für seinen Ofen. Ein Restbestand ist jetzt nach 60 Jahren noch in der Höhle. Die Wachposten bei der Küpferner Eisenbahnbrücke sahen bei Frau Salcher um 2 Uhr morgens des Öfteren einen Lichtschein. Auch Gendarmerieinspektor Thurnhofer erfuhr davon. Er stattete Frau Salcher einen Besuch ab, gab aber keine Informationen weiter und verriet nichts. Dies rettete natürlich Franz Salcher vor dem Erschießen.

Salcher wurde aber immer gesucht, da er ja nicht an der Front angekommen war. Am Ende seines Heimaturlaubs hatte ihm eine Frau ein Paket für ihren Mann an der Front mitgegeben, das natürlich auch nie angekommen war. Auch dieser hatte nach Hause geschrieben, dass weder Paket noch Salcher angekommen seien.

Franz Salcher war in seiner Höhle nicht untätig. Er meißelte sich einen Fluchtweg in den Felsen und errichtete sich oberhalb der Höhle ein Bankerl, welches man heute noch sehen kann. Von hier konnte er die Gegend gut überblicken. Außerdem errichtete er eine Barriere für eine Steinlawine, damit er bei einer eventuellen Entdeckung einen Zeitvorsprung für die Flucht hätte. So verbrachte er diese harte Zeit bis zum 5. Mai 1945. Nun stieg er von seiner Höhle hinunter ins Tal zu seiner Familie. Er hatte es geschafft.

Bei Maria Gruber (Pulverbauer) war eine Frau einquartiert, die Franz Salcher fragte, wieso er so schnell nach Hause gekommen wäre. Er antwortete, dass er von Ungarn zu Fuß nach Hause gegangen wäre. Die Frau sagte ihm daraufhin, irgendetwas stimme da nicht, von Ungarn käme man nicht in einem Tag nach Weyer.

Zwei Wochen vor Kriegsende wurde bei der Winklmayr‑Mühle (derzeit Haus Url) ein Zeltlager für das Militär errichtet. Eines Tages gab es bei Maria Gruber (Pulverbauer) eine Besprechung der Offiziere. Gruber ging einmal vor die Haustüre und da standen auf einmal sechs Deserteure, die um Essen bettelten. Sie sagte ihnen, dass im Haus deutsche Offiziere wären und so konnten diese noch unbemerkt flüchten. Nach Kriegsende traf sie einen dieser sechs Männer in Steyr wieder und sie sprachen vom damaligen Glück bei der Flucht.

© MKÖ / Fritz Kranzmayr aus: Adolf Brunnthaler: Weyer, Verlag Weishaupt, Gnas 2009

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