Elbspitze 2017 Von der FrauenKirche bis zur Seiser Alm - Nonstop auf dem Rennrad

780 Km / 11800 Hm / 36 Stunden

Wie alles anfing.

Vor etwa einem Jahr begleitete ich meinen Verwandten zum Ötztaler Radmarathon nach Sölden. Dort traf ich weitere leidenschaftliche Radfahrer aus dem Raum Dresden. Unter anderem Robert Petzold, der Höhenmeter-Weltrekordler (http://www.radsport-rennrad.de/race/jedermann/robert-petzold-21100-hoehenmeter-24-stunden) und 3-fache RATA-Gewinner (http://m.tt.com/sport/13108323-91/petzold-wird-rata-sieger-in-rekordzeit.csp)

Robert Petzold im Begleitfahrzeug bei der Elbspitze 2017

sowie Thomas Hoffmeister, dem Mit-Organisator der Elbspitze (www.elbspitze.de)

Thomas Hoffmeister bei der ersten Bergwertung

Ich bin ja hauptsächlich in der Landschaftsfotografie unterwegs und so kam es für mich überraschend, als mich dann Thomas über Facebook Anfang März angesprochen hatte, ob ich Lust hätte die diesjährige Elbspitze zur Seiser Alm (Dolomiten) zu fotografieren.

[...]Whoa...dachte ich vorhin als ich deine Anfrage las. Ich hab total Bock da drauf [...].

Meine erste Frage die mir direkt nach meiner Zusage kam: "Kann ich das schaffen?"

Für mich bedeutete diese Zusage, mich auf völlig neues Terrain zu begeben, fast 2 Tage am Stück wach zu sein und mit meinen Fotos die Erwartungen der Organisatoren und der Teilnehmer zu erfüllen. Denn die Bilder sollen nicht "nur" die Homepage schmücken, sondern auch Erinnerungen festhalten die bei so einer extremen Tour natürlich auch zu den Highlights im Jahr gehören. Hinzukam, dass ich vorher keine Gelegenheit haben würde sowas nur ansatzweise zu üben und ich die Strecke nur über die GPS-Daten sehen konnte.

Erstmal sacken lassen und die Hardware vorbereiten.
Sony a6500 + Meike Pro Battery Grip + SEL 50/1.8 OSS + SEL 24/1.8 ZA + FE 90/2.8 Macro G OSS + FE 70-200/4 G OSS + SEL 10-18/4 OSS

"Gott sei Dank habe ich seit Dezember die Sony a6500" - ging mir so durch den Kopf und im gleichen Moment dachte ich, was nützt dir die Kamera wenn du kein passendes Tele hast. Ich fahre schließlich nicht auf dem Gepäckträger mit. Also habe ich mir gedacht, schreibe ich einfach mal Sony an. Das Vorhaben erschien mir als ausgefallen und extrem genug um bei der Aktion #alphaddicted mitzumachen, bei der man einen Koffer voll Equipment bekommt wenn man ausgewählt wird. Doch es kam und kam keine Antwort. Warum in die Weite schweifen wenn die Hilfe doch so nahe liegt. Ich habe einfach meinen Freund Phillip Reeve (https://phillipreeve.net/blog/) gefragt ob er mir sein 70-200er ausleihen könnte. Ich hatte Glück :). Da Phillip am Liebsten mit manuellen Objektiven fotografiert konnte er das Sony FE 70-200 f4.0 OSS gut entbehren und so war schon mal eine Frage geklärt.

Als nächstes hatte ich mir noch den Batteriegriff von Meike gekauft, da die Sony a6500 nicht gerade dafür bekannt ist eine lange Akkulaufzeit zu haben. Erfreulicherweise konnte ich auf die Unterstützung von dem Dresdner Fotofachgeschäft "Foto Wolf" (https://www.foto-wolf-dresden.de/) bauen, die mir einen originalen Akku und eine 64 GB Speicherkarte gesponsert hatten. Diese Kombination hatte sich echt bewährt. Doppelte Akkuleistung durch den Batteriegriff, eine schnelle SD-Karte und das Tele-Objektiv.

Den Blitz hatte ich dann Unterwegs überhaupt nicht benötigt. Was ist ich aber sehr wohl brauchte war die Powerbank. Denn auch mein iPhone musste zwischendurch neben den Kamera-Akkus geladen werden. Dank der Wifi-Fähigkeit hatte ich zwischendurch immer wieder Bilder aufs Handy übertragen und kurze Berichte bei Facebook geschrieben. Das machte schon einen Qualitätsunterschied aus, ob man Handy-Bilder teilt oder welche aus der Kamera.

Soweit so gut.

Frauenkirche Dresden

Wecker auf 02:50 Uhr gestellt. Aufgewacht um 02:00 Uhr.

Mit ein paar Stunden Schlaf im Gepäck hatte mich Philipp von 2Divine-Dresden (http://www.2divine-dresden.de/) um 03:15 Uhr abgeholt und bevor wir auf den Dresdner Neumarkt fuhren ist noch Martin (https://www.facebook.com/Martin-Photography-261458237608510/) hinzugestiegen. Somit war das Medien-Team komplett und wir hatten nun genügend Zeit vor uns, um uns kennenzulernen. Die Spannung war groß und in meinen Gedanken ging ich nochmal alle Ideen durch die ich für verschiedene Motive hatte. Die Kamera kannte ich von den Einstellungen her genauestens, sodass ich eher der begrenzende Faktor bei der Umsetzung meiner Vorstellungen sein würde.

Das obligagatorische Gruppenfoto - natürlich vor der Frauenkirche

Gott sei Dank geht so ein Ultra-Marathon im Vergleich zum Ötztaler Radmarathon gemächlich los. Die Fahrer trudeln nach und nach ein, geben ihre Packsäcke am Versorgungs-LKW ab, machen noch ein paar Fotos mit ihren Frauen, Freunden und Bekannten, checken die letzten Details an ihren Rädern und dann, nach dem Gruppenfoto, sagte Ecki, der Rennleiter, es geht los. Traditionell wurde zum Start eine Runde um die Frauenkirche gefahren, doch eine klassische Startlinie gab es nicht. Das fand ich persönlich ganz sympathisch. Wieso sollte man sich bei einer Distanz von knapp 800km um banale 20m streiten.

Vorfreude verdrängt die Müdigkeit beim Start um 05:00 Uhr morgens

Von Dresden über den Erzgebirgskamm ins Böhmische Becken

Jeder der sich in das Abenteuer "Elbspitze" wagt ist kein Schönwetter- oder gar Wochenendradfahrer. Ganz im Gegenteil. Hier kommen Männer und Frauen zusammen die irgendwann ihren Drahtesel so lieben gelernt haben, dass sie im Jahr mehr Kilometer damit fahren als mancher Autofahrer mit seinem Leasingauto.

Auf den ersten Kilometern war noch nicht so viel los. Die Gruppe blieb bis zur ersten Bergwertung dicht zusammen. Obwohl es so früh am Morgen war und wenig Verkehr zugegen, hatten wir nur 2x die Möglichkeit die Fahrer von außerhalb des Autos zu fotografieren. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir das Auto auch noch so beladen, dass man bei offener Heckklappe fotografieren konnte. Dies hielt jedoch nicht lange an.
Wind ist nicht gleich Wind.

Was nach der ersten kleinen Verschnaufpause bei der ersten Bergwertung jedoch deutlich wurde, dass es keine gemütliche Fahrt durch Tschechien sein würde. Es waren gar nicht die kurzen, knackigen Anstiege die den Fahrern so zugesetzt hatten, sondern der stetige Gegenwind, der stetig auf Kante bließ. Ein weiterer persönlicher Rückschlag war, als dem einzigen "französischen" Fahrer im Feld nach ca. 50km die Kurbel festgefahren war. Das bedeutete für Björn Thomsen nichts anderes als aufgeben zu müssen.

Zwischendurch wurden immer die Trinkflaschen aufgefüllt und Energieriegel verteilt. Die Abfahrten durch die zu diesem Zeitpunkt noch dunklen Wäldern hatten etwas faszinierendes. Mitunter hatte ich dafür dann auch das 90er Makro verwendet, da es doch nochmal eine Blende lichtstärker ist als das Tele-Zoom.

Die Begleitfahrzeuge waren unterwegs von größter Bedeutung. Denn es wurden nicht nur Riegel gereicht und Wasser aufgefüllt, sondern auch Reifenpannen behoben oder kurze Absprachen getroffen. Für das Fahrerfeld waren die Autos aber auch hilfreiche Abschirmungen vor dem Verkehr. Egal ob auf den großen oder kleinen Straßen, Drängler gab es überall. Daher mussten wir auch im Medien-Auto immer höllisch aufpassen.

Wenn LKW's versuchen Radfahrer abzudrängen wird einem gleich ganz anders zu Mute. Aus Sicherheitsgründen hatten wir daher oft das Feld direkt vor uns. In den kurzen Pausen konnte ich dann aber auch mal ein paar andere Perspektiven einfangen.
Dynamische Fotos wie dieses gelangen mir leider nur selten.

Üblicherweise fahren ganz vorne die stärksten Fahrer, um der Gruppe Windschatten zu geben, damit diese Kräfte sparen können um am Feld dranzubleiben. Sowas geht nicht ohne Teamwork. Doch der Wind kam fast konsequent von schräg vorne, sodass alle Fahrer immer auf der Windkante fahren mussten. Zwischendurch ein paar Böen und viele Pausen durch Reifenpannen (auf Grund der Straßen) forderten die Radfahrer ganz schön heraus und brachten sie immer wieder aus dem Rhythmus.

Teamwork im "Kleinen"

Bei der ersten großen Pause konnten dann alle kräftig zuschlagen und ihre Energiereserven auffüllen. Das Versorgungsteam sorgte für die nötige Frische und gute Laune. Der erste Fahrer musste dem starken Wind Tribut zollen und aufhören.

Das böhmische Hügelland und der Böhmerwald fordern weitere Fahrer zum Aufgeben.

So einen Materialverschleiß auf den ersten 200km gab es bisher noch nie bei einer Elbspitze. Die vielen "Wellen" und dann der ewige Anstieg den Böhmerwald hinauf waren dann für manche Fahrer einfach zu viel des Guten. Wenn man zu diesem Zeitpunkt schon seine Grenzen merkt, macht es auch keinen Sinn weiter zu machen. Denn eine der Vorgaben der Rennleitung ist, dass die Gruppe immer zusammenbleiben muss.

Wir hatten zwar im Medien-Auto jede Gelegenheit genutzt um spannende Momente festzuhalten, doch wenn es darauf ankam, waren wir auch einfach ein Begleitfahrzeug und haben die Fahrer unterstützt, ihrem Ziel näher zu kommen, und sei es der nächste Pausen-Treffpunkt. Glücklicherweise hatten wir ein ausreichend großes Auto um auch Laufräder oder Fahrräder samt Radfahrer noch mitzunehmen.

Wieder in Deutschland

Bergwertung kurz Vor Bodenmais

Bei der nächsten großen Pause am späten Nachmittag wurde wieder alles durchgecheckt. Diejenigen die aufgehört hatten, konnten sich nochmal von allen verabschieden. In meinen Augen haben Sie schon bis hierher tolles geleistet. Sich dann auch noch einzugestehen, dass die Tagesform nicht passt oder man vielleicht erkennt, dass die Vorbereitung nicht optimal war, braucht auch nochmal Mut sich selbst gegenüber. Denn wenn man so ein Ziel vor sich hat und ja nicht aus Jux und Laune sich angemeldet hat, ist das nicht so einfach. Für die allermeisten ist es das Jahres-Highlight, da hört man nicht so einfach auf.

Ab in den Sonnenuntergang

Der Abend stand bevor und das Wetter spielte mit. Östlich von Regensburg ging es dem Sonnenuntergang entgegen durch "Bayrisch Holland".

Die Landstraßen waren nun am Abend weit einsehbar und es gab wenig Verkehr. So konnte ich auch viele seitliche Aufnahmen machen.
Das Sonnenuntergangslicht war perfekt!
In diesem Licht wirken die bisherigen Anstrengungen nur noch halb so schwer.
Wer bekommt da nicht auch Lust auf Fahrrad fahren ;).
Eine Gefühl von Freiheit bevor es in die anstrengende Nacht geht.
Hello Darkness my old friend.

Vor der Nacht graute mir am meisten. Wir 3 im Medien-Auto aßen haufenweise Süßigkeiten um uns irgendwie wach zu halten. In Abständen wechselten wir uns ab, sodass jeder mal auf der Rückbank ein Stück die Augen zumachen konnte. Als ich Beifahrer war tat ich mein Bestes um den Fahrer zu unterhalten. Doch irgendwann konnte ich nur noch Kauderwelsch und irgendwelches Zusammenhangsloses Zeug erzählen. Für die Autofahrer bedeutete es auch mit zähen 20-30 km/h den Rückleuchten der Radfahrer hinterherzufahren, über stockfinstere Landstraßen oder kleine Ortschaften. 2 große Pausen gab es. Eine zur einbrechenden Nacht und Eine mitten in der Nacht um 1:00 Uhr herum. Die warmen Speisen (zum Beispiel Nudeln mit Wurst und Tomatensoße) wurden mit Freuden verdrückt. Wir alle versuchten irgendwie zu Kräften zu kommen oder einfach mal bequem aufs Klo zu gehen.

Alex vom Versorungsteam

Die Fotos die ich Nachts gemacht hatte, waren eher Stimmungsbilder und da an ein Vorausfahren oder Nebenherfahren nicht zu denken war, blieb der Blitz in der Tasche. Ich wollte ehrlich gesagt auch die Fahrer nicht belästigen, und so kam mir der lautlose Verschluss der a6500 ganz gelegen.

Nach jeder noch so langen Nacht folgt zwangsläufig irgendwann ein Morgen. Doch dieser versprach uns keinen Sonnenschein, sondern kurz nach Rosenheim kräftigen Regen. Dies war für alle eine Herausforderung für die Moral. Die Fahrt nach Österreich war also sehr Regenreich und die Temperatur fiel stark ab, was zu einer ungewollten Pause führte. Die allermeisten Radfahrer hatten nämlich ihre Regensachen im Versorgungs-LKW in ihren Packsäcken. Wäre die Pause nicht gewesen, hätte wahrscheinlich die Hälfte des Fahrerfeldes aufgehört.

Der AF-C ging trotz Schummerlicht erstaunlich gut und die Dateien waren auch bei ISO 6400 gut genug.
Meine Ausrüstung wurde in der Nacht paar Mal nass. Ausfälle hatte ich deswegen nie!
So Sieht Leidenschaft aus!!!
Ab jetzt kann es nur noch bergauf gehen!

Mit diesem kleinen Scherz konnte ich manche Gemüter aufheitern. Denn alle wussten, dass die Strecke zwar immer kürzer wurde, doch die eigentlichen Berge noch vor einem lagen. Doch glücklicherweise meinte es Petrus gut mit uns und zur Frühstückspause kam die Sonne wieder raus und die Temperatur stieg wieder an.

Manche Radfahrer gönnten sich ein kleines Nickerchen und auch die Begleiter freuten sich über die willkommene Pause.

Brennerüberfahrt

Nach der Frühstückspause ging es bald wieder in eine Bergwertung (nach Patsch), wobei schonmal die meisten Höhenmeter Richtung Brenner überwunden wurden.

Denn danach folgte die schmale, kurvige Straße dem Hang entlang hinab zur italienischen Grenze auf die alte Brennerstraße. Was dort für Manöver von manchen Autofahrern versucht wurden war echt gefährlich. Wir blieben daher auf diesem Abschnitt meist hinter dem Feld.

Auf der italienischen Seite ging es dann jedoch richtig ab. Die Radfahrer sind dort eine lange Strecke mit 60-70 km/h hinabgedüst, eine glatte Straße, dass auch mir als Fotograf das Herz aufging.

Blick auf den Tacho bei einer kurzen Pause.

Die rechte Schiebtür stand offen, ich hing im Sicherheitsgurt so weit wie möglich aus dem Auto gelehnt, die Kamera, am Gurt befestigt (kleine Anmerkung: Ich hatte mir einige Wochen vorher den Kameragurt von Peak Design gekauft. Er hatte sich auf der Tour echt bezahlt gemacht. Denn ich konnte die Länge des Gurtes so schnell und unkompliziert variieren und gleichzeitig 3 verschiedene Haltemöglichkeiten wählen, dass ich mir um die Sturzabsicherung meiner Kamera samt Objektiv kaum Sorgen machen brauchte.), nur wenige Zentimeter über dem Asphalt - das war Adrenalin pur. So ein Geschwindigkeitsgefühl hatte ich selten und gleichzeitig konnte ich mir gut vorstellen, wieso sich diese Extremsportler sowas antun. Man ist schon seit über 24 Stunden Nonstop im Sattel und fliegt dann förmlich so eine Straße hinab - das macht den Kopf frei wie kaum etwas anderes.

Kompliment an den Autofahrer, bei dieser Geschwindigkeit so dicht an dem Radfahrer (Bruno Schädlich) dranzubleiben und gleichzeitig auf den Autoverkehr zu achten!!!
Highspeed-Schrei!!! (Rainmar Hönecke)

Das große Finale

In Sterzing war die letzte offizielle Pause und für die Fahrer die letzte Möglichkeit nochmal Kräfte zu sammeln. Es war sehr warm und die Gruppe lag eine Stunde zurück im Zeitplan. Wind, Materialpannen, Regen, eine größere Umleitung und viele ungewollte kleine Pausen haben diese Verzögerung verursacht. Dies ist auch der Grund warum am Ende die 780km statt der 756km auf dem Tacho stand und statt 11.300Hm, 11.800Hm zu bewältigen waren.

Was jetzt jedoch noch bevorstand, waren 4.000Hm auf 90km, also 1/3 der Gesamthöhenmeter auf einem 1/9 der Gesamtstrecke. Was das für die Fahrer bedeutete konnte ich mir noch nicht vorstellen.

Tobias Heß, dicht gefolgt von Sten Währisch.

Damit auch die Kräfte bis zur Ziellinie reichen, reduzierten viele nochmal ihr Gepäck auf das allernötigste. Regenzeug und Windjacken blieben im Versorgungs-LKW. Unser Auto wurde noch mit mehreren Flaschen Wasser und Cola beladen und zig Energieriegel kamen auf die Rückbank, sodass wir unterwegs auch die Fahrer versorgen konnten.

Überfahrt des Penser Jochs'

Oben auf dem Penser Joch war es richtig kalt, windig und kurz bevor wir weiterfuhren fing es auch noch mit Regnen an. Solange man sich bergauf kämpft, mag das immer noch gehen, doch bergab wird das ganz schnell heikel ohne Schutz. Felgenbremsen und Nässe vertragen sich bei Rennrädern selten gut, gerade bei so einer ewig langen Abfahrt wie sie es dort gab und dann kühlt man so schnell aus, dass man aufpassen muss überhaupt noch seine Gliedmaßen bewegen zu können. Später beschrieben die aus der Mitte und dem Schluss des Feldes diese Stelle als ganz schönen Härtetest. Um nicht vollständig auszukühlen besorgten sich einige Fahrer Müllsäcke in der Kneipe.

Wir fuhren schon allein mit Auto eine Dreiviertelstunde bergab. Die Abfahrt bekam mir selber nicht so gut. Zu diesem Zeitpunkt war ich in einem richtigen Energieloch drin. Über 30 Stunden waren wir nun schon auf Achse. Die zweite Überquerung nach Oberinn stand bevor.

Ein Haus wie aus dem Katalog

Diese Etappe fuhren wir, ohne Fotos von den Radfahrern zu machen. Kurz vor der Kuppe trafen wir nämlich auf das Versorgungsfahrzeug mit Robert Petzold. Dort erfuhren wir, dass die 2 ersten vor einer Minute vorbeigekommen sind. Etwas später sind wir dann auch weiter gefahren und wir hatten Tobias und Sten erst wieder beim Aufstieg zur Seiser Alm angetroffen.

Bis wir dort waren, folgten wir einer kleinen, verschlängelten Straße hinab ins Tal. Zwischen Weinhängen, kleinen Ortschaften und romantischen Häusern war der Weg rein optisch eine Augenweide. Doch auf Grund der schmalen und engen Kurven für den Fahrer purer Stress. Zwischendurch wollten wir 2 Fotografen am liebsten immer mal anhalten, weil es so viele reizvolle Motive gab. Leider ließ das jedoch weder die Zeit noch die Straße zu. 2 kurze Halte waren jedoch drin, oder ich musste aus dem Fenster Bilder machen.

Der Schlern verhüllt von dunklen Wolken
Tobias war nicht mehr auf unsere Hilfe angewiesen.
Sten füllten wir noch die Trinkflasche auf.

Unbeirrt fuhren Tobias und Sten die 1600Hm auf dem 18km Anstieg. Schon die ganze Fahrt über fehlten uns die Worte um diese Leistung zu beschreiben. Nach diesem letzten Stück wurde es nicht einfacher. Wie wir dort oben auch noch von dem Wetter empfangen wurden in Verbindung mit der Aussicht - das war nach so einer Tour an Dramatik kaum zu überbieten.

Hier donnerte es schon unheilvoll.

Mit der Ankunft am Ziel zog ein Gewitter an uns vorbei, wie ich es noch nie erlebt hatte. Blitze zuckten nah und fern am Himmel, der Donner grollte in einer Lautstärke das ich Gänsehaut bekam und ca. 50m neben der Ziellinie schlug ein Blitz ein, während sich Martin und ich auf die Anhöhe wagten um diese Szenerie in Bildern festzuhalten. Es war der symbolische Schlusspunkt einer extremen Tour.

Wie Drachenzähne...
Gewitter, Sonne, Regen, eine atemberaubende Kulisse und dann noch ein Regenbogen. Planen hätte man sowas nicht können.
Hurra!

Plötzlich vernahm ich ein Rufen. Wie aus einem Traum gerissen rannte ich zur Ziellinie und da kam auch schon Tobias an. Um 16:42 Uhr rollte er Freudestrahlend, erleichtert und erschöpft als erster über die Ziellinie. Mit einer Stunde Verzug zur finalen Pause kam er 20 Minuten vor der ursprünglich errechneten Ankunftszeit ins Ziel. Mal wieder fehlten mir die Worte dafür.

Glücksgefühle!

Nur wenige Minuten später folgte Sten und etwa 17:00 Uhr Silko Kamusella. Die letzte Rampe mit 20% Steigung war der absolute Hammer, doch alle Finisher kämpften sich dort hoch. Ich kann nicht sagen wie sich die einzelnen Fahrer gefühlt hatten, als sie endlich ins Ziel kamen, doch ich empfand einfach allerhöchsten Respekt. Diese Jungs von Mitte 20 bis Mitte 50 und Jessica als einzige Frau, hatten außergewöhnliches geleistet.

Kleine Anekdote: Sirko Kamusella, hier auf dem unteren Blld kurz vor der Zieleinfahrt zu sehen, hatte vor vielen Jahren die Schnapsidee zur Edelweißspitze mit dem Fahrrad zu fahren. Da niemand Lust hatte mitzukommen, fuhr er halt alleine los. In Tschechien hatte er dann aber einen Unfall, weshalb er ins Krankenhaus musste. Seine Freunde besuchten ihn dort und als er zu ihnen sagte, nächstes Jahr holt er diese Tour nach, schworen ihm seine Radkumpels mitzufahren. Mit der Zeit kamen immer mehr "Verrückte" hinzu und nun fand schon die 9. Elbspitze statt.

Eine Jahrelange Leidenschaft für den Radsport im ehrlichsten Sinne, eine intensive Vorbereitung und eine unglaubliche Teamleistung hatte alle über sich hinaus wachsen lassen. Ich verneige mich und danke dafür, dass ich bei der Elbspitze 2017 mit dabei sein durfte. Die besten kamen an diesem Abend noch zu ihren Ehren bevor jeder schließlich dankbar in die Federn fiel.

Sirko Kamusella

Andreas Hecker

Thomas Hoffmeister

Tobias Heß

Mario Pöche

Thomas Hoffmeister

Gerald Hildebrandt

Das Beste kommt zum Schluss :-).

Gemeinsam mit Martin und Philipp von 2Divine-Dresden haben wir eine kleine Dokumentation aufgenommen. Denn eine bloße Aneinanderreihung des Filmmaterials wäre langweilig. Viel Freude beim Anschauen!!!

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