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Zwei Wochen mit Studiosus durch die beiden früheren Sowjetrepubliken, seit 30 Jahren unabhängig, Armenien und Georgien. Vor allem Georgien hat seit der Rolle als Gastland bei der Frankfurter Buchmesse 2018 einen enormen Auftrieb im Tourismusbereich erhalten.
Nach dem in Warschau unterbrochenen Nachtflug erstmal Ausschlafen im Grandhotel von ERIWAN, der armenischen Hauptstadt.
Einige Zahlen zum Vergleich: Armenien hat knapp über 3 Mio. Einwohner, mehr als ein Drittel davon lebt in Yerewan. Im Ausland leben etwa 12-13 Mio. Armenier, die ihre Heimat nicht vergessen haben, soll heißen: viel Geld überweisen.
Bewacht von der Mutter Armeniens, einem sowjetischen ‚Geschenk‘, hoch über der Stadt,
erkennen wir Baustile und Materialien, vor allem den offenbar gut isolierenden heimischen Tuffstein, oft dunkel.
Das früher berühmte Radio Eriwan darf nicht fehlen, auch wenn wir nur einen Mast sehen.
Frage an Radio Eriwan: "Ist es wahr, das der Kosmonaut Juri Gagarin eine Reise in die USA gewonnen hat?"
Antwort: "Im Prinzip ja, aber es war nicht der Kosmonaut Juri Gagarin, sondern ein Rentner, und er hieß nicht Juri, sondern Oleg, und auch nicht Gagarin, sondern Gaganoff und es war nicht in die USA, sondern in Kiew und er hat keine Reise gewonnen, sondern ein Fahrrad und er hat es auch nicht gewonnen, sondern es wurde ihm gestohlen!
Der Platz der Republik am Abend:
(die nach der Musik tanzenden Fontänen konnte ich leider aus diarrhötischen Gründen nicht aufnehmen...)
Der nächste Tag führte uns in den Südwesten Armeniens, ganz nah an die türkische Grenze. Dort, in der feindlichen Türkei, steht er, der Berg, den die Armenier für den ihren halten - der Ararat. Schon von weitem sichtbar, ist der Anblick aus der Nähe überwältigend! 5165 m der große Ararat, 3925 m immerhin der kleine Ararat.
Vor dem Ararat das Kloster Chor Wirab, das über dem Kerker des heiligen Gregors errichtet wurde. Dieser lebte als verfolgter Christ über 12 Jahre in einer Schlangengrube, bis er den König von einer tückischen Krankheit heilen konnte, indem er ihn taufte. Der König erhob den christlichen Glauben zur Staatsreligion und machte Armenien damit zum ersten christlichen Staat der Geschichte. GREGOR DER ERLEUCHTER wurde 301 n.Chr. zum Begründer der armenischen Kirche.
Auf dem Weg zurück nach Yerewan passierten wir ein wunderschönes kleines Kloster aus dem 7. Jahrhundert, in dem gerade eine Hochzeit zelebriert wurde. Es ist der Heiligen Hripsime gewidmet, die unter der Altarabside begraben ist.
Eine Besonderheit der armenischen Kirche: zu Beginn ihres Studiums können die Priesteranwärter wählen, ob sie zukünftig im Zölibat leben wollen oder nicht. Beides ist möglich.
Allerdings ist ein Aufstieg in der kirchlichen Hierarchie nur für die Zölibatären vorgesehen.
Kann man beide Gruppen äußerlich unterscheiden? Ja! Zwar tragen beide ein Kreuz auf der Brust, aber bei den Priestern ohne Zölibat ist darin ein größerer Edelstein als bei den anderen.
Harten Stoff bot die Rückkehr nach Yerewan: das Genozid-Mahnmal. Hier bekamen wir von Viktoria, unserer wunderbaren armenischen begleitenden Reiseführerin, einen beeindruckenden Vortrag über Hintergründe und Abläufe der türkischen Vertreibung und Auslöschung, auch über die wenig ruhmvolle Rolle Deutschlands, und zwar in bewundernswert objektiver Weise.
Die Türkei leugnet inzwischen nicht mehr Tötungen und Vertreibungen, weigert sich aber, diese als Genocid anzuerkennen. Dies ist der Grund für die andauernden Spannungen zwischen den beiden Nationen. Die Wirtschaft interessiert das weniger: Armenien betreibt 80 % seines Handels mit der Türkei.
Ein sehr lesenswertes Buch (Hier sind Löwen, von Katerina Poladjan) verbindet eine unter die Haut gehende Schilderung von Einzelschicksalen während des Genozids mit der Arbeit einer Restauratorin im heutigen Yerewan, und zwar in unserem nächsten Ziel:
Das Museum Matenadaran, eine einzigartige Sammlung armenischer Handschriften. Das armenische Alphabet mit 36 Zeichen wurde Anfang des 5. Jahrhunderts vom Mönch Maschtoz entwickelt. Das Alphabet und die über Jahrhunderte geretteten Handschriften sind wichtige Bestandteile der nationalen Identität Armeniens.
Anschließend ging es in den Osten von Yerewan zu zwei markanten Sehenswürdigkeiten, dem heidnischen Tempel von Garni und dem Felsenkloster Geghard.
Der auf einem Felsplateau gelegene Sonnentempel von Garni in unwirtlicher Umgebung, ein weiteres UNESCO-Kulturerbe. Das einzige hellenistische Denkmal in Armenien, dem Sonnengott Mitra geweiht, mit 24 ionischen Säulen aus Basalt, später Sommerresidenz armenischer Könige.
Vor der Mittagsrast lernen wir Lavasch backen, das köstliche Fladenbrot... (zum Starten auf das Dreieck klicken; nach dem Ende oben rechts auf das X auf schwarzem Grund)
... und belegen:
Dann die Mittagsrast im Freien.
Auf dem Weg zum Felsenkloster Geghard passieren wir viele kleinere Ortschaften, in denen vor allem die an den Straßen entlang laufenden Rohrleitungen auffallen. „Gas aus Russland“ erläutert unsere Leiterin das System der armenischen Energieversorgung (es gibt sogar eine große Menge gasbetriebener Autos.
Aber nun zum berühmten Felsenkloster Geghard (das übrigens mit dem Kloster Lorsch in Südhessen „verschwistert“ ist, benfalls UNESCO-Weltkulturerbe).
Die Überraschung kam im sog. Oberen Gawit, einem in den Fels geschlagenen Raum, dessen hohe Kuppel auf vier Säulen ruht und den man über eine kleine Treppe im Hang und durch einen engen, dunklen Gang erreicht:
Natürlich auch hier ein Kloster in der Höhe.
Der nächste Höhepunkt: von Dilidschan (einer Künstlerkommune, auch mit der internationalen Schule) aus zum Kloster Goschawank
Es hat seinen Namen von dem Mönch Mechitar Gosch (Mkhitar Gosh), der um 1184 das erste armenische Gesetzbuch verfasste. Es behandelt sowohl weltliche als auch kirchliche Angelegenheiten. Gosh's Kodex bildete die Grundlage für alle späteren armenischen Gesetzbücher und war mancherorts sogar bis in die Neuzeit in Kraft (in Georgien bis 1864). Er schuf schon damals viele Regeln zur Gleichberechtigung der Frauen.
Immer nur Klöster? Gab es nichts anderes zu sehen?
Doch, doch, viel Gegend zum Beispiel:
Übernachtung in einer grünen Oase, am Ufer des Debed.
In der Nähe doch wieder zwei Klöster (merke: es ist eine Studien-, keine Erholungsreise...). SANAHIN und HAGHPAT liegen dicht beieinander, gehören beide zum UNESCO-Weltkulturerbe und konkurrieren, welches das ältere ist. Sanahin hat die Frage in seinem Namen gelöst. Übersetzt bedeutet er: DIESES IST ÄLTER ALS JENES.
Die nahegelegenen Stadt Alawerdi ist ein Beispiel für eine häufige Entwicklung. Kupferabbau seit dem Ende des 18 Jahrhunderts, in den 1930er- und 1940er-Jahren sowjetisches Zentrum der Schwerindustrie. Über 25.000 Menschen lebten und arbeiteten dort, die Produktion erfolgte allerdings ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Menschen oder die Natur, mit sehr schweren Schäden für beide. Das Ende der Sowjetunion führte zum wirtschaftlichen Zusammenbruch Armeniens. Versuche, die Mine wieder zu eröffnen, waren nur in geringem Maße erfolgreich (700 Arbeitsplätze). Armut und Arbeitslosigkeit sind groß.
Am letzten Tag in Armenien eine lange Fahrt bis zur Grenze nach Georgien, 270 km. Wir kommen durch Gyumri, kurz vor der Grenze zur Türkei, das schwer gelitten hat bei dem schweren Erdbeben von 1988. Helfer des Berliner Roten Kreuzes waren am Aufbau beteiligt, besonders an der Gründung einer Poliklinik. Alexander, der engagierte Direktor, Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland, erzählt bei selbstgebrautem Bier und einem Mittagsimbiss von früheren und aktuellen Problemen.
Impressionen von der langen Fahrt zur Grenze
Damit verlassen wir nach einer Woche das gastfreundliche Armenien mit seinen freundlichen, aufgeschlossenen Menschen, seiner eindrucksvollen Geschichte und seinen imponierenden historischen Bauten.
Fortsetzung in Folge 2