LACHE UND LEBE Liliana Walser im portrait

Liliana Walser-Sardo, 55, Tochter italienischer Immigranten, die an multipler Sklerose erkrankt ist, hat im Staub/Kaiser-Haus in Rümikon ihre zweite Heimat gefunden. Hier, im Haus mit dem besonderen italienischen Flair, fühlt sich die feingliedrige Frau mit der hellen Haut, den dunklen Haaren und den vielen Lachfältchen um die wachen Augen, gut aufgehoben.

Liliana Walser ist tagsüber im Staub/Kaiser-Haus, abends und an den Wochenenden lebt sie mit ihrem Mann daheim in Neftenbach. Im Staub/Kaiser-Haus ist sie seit Eröffnung des Hauses im Herbst 2015 anzutreffen - der Multiplen Sklerose (MS) wegen, einer entzündlichen, chronischen Erkrankung, die das zentrale Nervensystem angreift. Die einst sehr sportliche Frau kann nicht mehr gehen. Dank ihrem mobilen Scooter, dem „Mercedes“, wie sie ihren rollenden Gefährten schmunzelnd nennt, ist sie aber mobil. Und die Gesellschaft und die ausgezeichneten Betreuung im Staub/Kaiser-Haus lassen sie vergessen, dass die Krankheit unabdingbar voranschreitet.

Wie ein Sonnenschein strahlt sie die Mitbewohnerinnen und Mitbewohner im Haus mit der besonderen Italianità oft an. Für sie gibt es nichts Schöneres, als ihren Mitmenschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Denn wie raunte ihre verstorbene Zwillingsschwester Eleonora ihr einst zu? „Lache und lebe!“ Und diesen Satz hat sich Liliana Walser-Sardo zu Herzen genommen.

Dass sie im Staub/Kaiser-Haus dann auch noch Maria di Giorgio, einer Schulfreundin, die sie seit über vierzig Jahren nicht mehr gesehen hat, wieder begegnet ist, kann für sie kein Zufall sein in diesem Haus, in welchem die Menschen im Zentrum stehen und von dem der italienische Seelsorger Don Alberto sagt: „Heimat ist dort, wo die Liebe ist!“

Das mit dem Staub/Kaiser-Haus und mir war Liebe auf den ersten Blick! (lacht) Mit den Italienerinnen und Italienern, die hier leben, war ich als halbe Sizilianerin gleich hin und weg! (lacht) Wir sind hier wie eine grosse Familie! Wie schön, dass es dieses Haus gibt! Als Tagesgast bin ich seit der Eröffnung des Hauses mit dabei und komm unter der Woche jeden Tag hierher. Das stellt mich auf, hier fühle ich mich gut aufgehoben. (strahlt)

Ich bin Tochter italienischer Immigranten und in Winterthur-Wülflingen aufgewachsen. In der Schule sprach ich schweizerdeutsch und zuhause italienisch. Mein Vater ist Norditaliener aus dem Piemont, meine Mutter Sizilianerin. Sie sind seit 57 Jahren verheiratet, also schon eine halbe Ewigkeit. (lacht)

Dass meine Grosseltern den Ersten und den Zweiten Weltkrieg miterlebten, hat geprägt. Mein Vater erzählte oft, wie er als Kind Patronen fand von Gewehren, welche die Deutschen zurückgelassen hatten. „Komm, wir spielen damit!“ Als Kind war das für sie natürlich reines Spiel ...

Mit 14 Jahren kam mein Vater in die Schweiz, also blutjung. Hier lernte er später meine Mutter kennen. Und schon bald, im Januar 1962, kamen meine Zwillingsschwester Eleonora und ich zur Welt, sechs Jahre darauf dann noch unsere Schwester Irene.

In unsern Ferien reisten wir immer nach Sizilien zu unserer Familie ans Meer - immer Sizilien, Sizilien, Süden, Süden, Süden! Bei den Verwandten meines Vaters waren wir weniger. Norditalien ist Norditalien. Im Norden sind die Leute reservierter. Und Sizilien ist eine komplett andere Welt, wirklich! In Sizilien ist einfach Familie. Wenn irgendwas ist, sind sie immer für einander da.

Nach meiner kaufmännischen Lehre arbeitete ich dann einige Jahre als Sekretärin, bis ich Harry kennenlernte, einen Schweizer, in den ich mich verliebte. Wir heirateten 1988. Und dann kam mit Ylenia, Svenja und Marvin alle zwei Jahre ein Kind zur Welt: 1990, 1992 und 1994. Von da weg war ich Hausfrau und Mutter. Ylenia ist jetzt schon 26 und ausgezogen. Svenja ist 25, studiert und wohnt noch zuhause. Und Marvin, 22, hat eben die Lehre abgeschlossen. Ja, es läuft nicht schlecht bis jetzt mit unsern Kindern. (lacht)

Doch vor ein paar Jahren traf mich die Multiple-Sklerose-Diagnose wie der Blitz aus hellheiterem Himmel. MS ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die das zentrale Nervensystem mit dem Gehirn und dem Rückenmark angreift. Der Körper wird immer schwächer. Heilen kann man die fortschreitende Erkankung bis heute leider nicht, nur ein Stück weit aufhalten. Aber Gott sei dank kann ich immer noch klar denken! Und bis vor gut zwei Jahren konnte ich auch noch selber gehen mit dem Rollator. Als meine Beine nicht mehr wollten, kaufte ich mir diesen Scooter, damit ich unabhängig bin. Mit einem Rollstuhl hätte ich immer jemanden gebraucht, der mich stösst. Und mit meinem „Mercedes“ bin ich selbständig. Ich kann rum fahren, wo immer ich will. Das ist schön! (strahlt)

Aber die MS-Diagnose war wirklich ein Schock für mich! Warum gerade ich, schoss es mir durch den Kopf. Warum? Warum? Ist es wirklich wahr? Es war schlimm! Doch je mehr ich darüber las, desto klarer wurde, «jesses Gott», es ist wirklich MS! Am liebsten hätte ich sie zwar – schnipp! (schnippt mit den Finger) - einfach gleich weggezaubert! (lacht) Aber diese Macht hab ich leider nicht. Und irgendwann wurde mir klar, dass ich mit der Krankheit leben muss. Leider hab ich sie und fertig!

Aber wütend bin ich geworden! Hatte ich nicht schon genug erlebt? Mit dem Tod meiner heissgeliebten Zwillingsschwester Eleonora? Eleonora und ich waren eineiige Zwillinge und extrem eng verbunden. Wir mussten einander nur anschauen, um zu wissen, was die andere denkt. Doch als sie vor 24 Jahren durch eine Krebserkrankung aus dem Leben gerissen wurde, fiel für mich eine Welt zusammen. Es fühlte sich an, als ob ein Teil von mir entrissen würde. Ich fragte mich auch damals schon, warum, warum, warum?

Und Zufall oder nicht? Eleonora ging immer auf meiner linken Seite, wenn wir zusammen unterwegs waren. Und die linke Seite ist genau meine durch MS geschwächte Seite. Da hab ich natürlich gemutmasst, ob MS vielleicht ausgebrochen sei, weil Eleonora aus meinem Leben gerissen wurde? Gut, bei so einer schweren Krankheit wie MS sucht man immer nach Gründen, wieso, weshalb, warum? Aber man sollte nicht so viele Fragen stellen, weil man sowieso nie eine richtige Antwort bekommt. Doch Eleonora fehlt mir, sehr sogar!

Anfangs hab ich auch immer wieder von ihr geträumt. Und als ihr ehemaliger Partner und mein Mann mich fragten, ob ich nicht was schreiben könne zur ihrer Abdankung in der Kirche, nahm ich den Kugelschreiber zur Hand, legte ich ihn aber gleich wieder zur Seite und sagte: Tut mir leid, ich kann nichts schreiben. Dann schauten sie mich an und sagten: Du hast ja was geschrieben! Und ich: Nein, ich hab nichts... Aber wie ich aufs Blatt schaue, stehen da zwei Wörter: Lache und lebe! Das gibt’s ja nicht!, dachte ich mir! Das ist nicht meine Schrift, das ist die Schrift meiner Zwillingsschwester! Jetzt konnte ich erst recht nichts mehr schreiben, sondern nur noch innerlich zu meiner Schwester sagen: Danke vielmals!

Später stiegen immer wieder Erinnerungen in mir hoch an unsere gemeinsamen Erlebnisse in den Kinderjahren, sehr schöne Erinnerungen! Ich hab immer gesagt, eine Zwillingsschwester zu haben, hat Vor- und Nachteile. Vorteil: Man ist nie alleine. Nachteil: Man ist wirklich nie allein! (lacht) Wenn wir unterwegs waren, hiess es immer, oh, die Zwillinge kommen! Nicht, Liliana und Eleonora kommen, sondern die Zwillinge. Und auf einmal hat sie gefehlt. Da war ich nur noch ich, Liliana.

Später hab ich oft an den Worten rumstudiert, die sie mir mitgegeben hat: Lache und lebe! Vielleicht meinte sie damit auch: Leb in der Liebe! Oder lieb das Leben! Das L, der Anfangsbuchstabe meines Vornamens, tanzte mir ständig durch den Kopf. L, L, L, L; Liliana, Liebe, Lache und Lebe! Ja, er ist mir sympathisch, dieser Buchstabe! (lacht)

Auch darüber, wie die MS-Krankheit anfing, dachte ich immer wieder nach. Erst war da dieses Stolpern, vor zwanzig Jahren vielleicht, vielleicht auch früher. Ich war einst eine topp Sportlerin, spielte lange Basketball, fuhr Ski, lief Schlittschuh, joggte... Ausser Kampfsport und Eishockey hab ich wohl alles gemacht. (lacht)

Und dann plötzlich dieses Stolpern. Erst sagte ich mir, das gehört halt zum Sport. Es ist normal zu stolpern, wenn du viel Sport treibst. Und als ich immer wieder stolperte, sagte ich mir, ja, das gehört immer noch zum Sport. Aber beim dritten Mal stolpern dicht hintereinander fand ich, gut, jetzt muss ich wohl zur Ärztin. Und beim Untersuch dann, peng!, sagte sie mir: Sie haben MS! (seufzt und atmet tief ein)

Das war hart! Früher die top Sportlerin! Und auf einmal, plopp!, ging nichts mehr! Ich konnte nicht mehr gehen, rennen, keinen Sport mehr machen. Ja! Dann hab ich mich eben mit der Krankheit auseinandergesetzt und eine MS-Selbsthilfegruppe besucht. Das tut mir gut, weil dort alle dieselbe Sprache sprechen. Da fragt keiner wieso, warum, weshalb. Sondern wir geniessen einfach das Zusammensein.

Aber der Sport war für mich früher normal. Schon mit meiner Schwester trieb ich viel Sport. Und mein Mann war Spitzensportler, Handball, ja, ja. Der Sport gehörte einfach dazu. Und plötzlich stoppte mich diese MS-Erkrankung. Das war gar nichts Schönes! Ich wäre doch gerne noch meinen Kindern nachgerannt. Als sie klein waren, ging ich mit ihnen ins Schwimmbad, wir fuhren Velo, gingen wandern. Doch als sie älter wurden, ging auf einmal nichts mehr. Das war schlimm, wirklich schlimm! (seufzt) Ja, aber jetzt sind ja alle drei schon erwachsen! Und das Schöne ist: Sie nehmen mich so, wie ich bin. Sie sehen nicht die invalide Frau in mir, zum Glück, sondern sie sehen in mir den Menschen. Ich hab sie also gut erzogen! (lacht)

Dass ich nun auf Hilfe angewiesen bin, ist klar. Bis vor nicht allzu langer Zeit konnte ich zwar noch alles selber machen: Autofahren, Einkaufen, Kochen, Waschen, Bügeln... Aber das geht jetzt alles nicht mehr, leider.

Auch gehen kann ich schon lange nicht mehr. Erst ging ich am Stock. Dann nahm ich den Rollator zur Hilfe. Und als mir in den Beinen auch dazu die Kraft fehlte, kaufte ich mir meinen „Mercedes“. Dass ich nicht mehr gehen kann ist schon ärgerlich und macht mich manchmal auch traurig. Deshalb bin ich so froh, hier im Staub/Kaiser-Haus zu sein. Hier kann man’s lustig haben und auch mal rumblödeln. Aber ja, das Leben! Ein grosses Fragezeichen! Nein, Hunderte von Fragezeichen! (lacht)

Jedenfalls versuch ich jetzt einfach, das Beste daraus zu machen. Dank meinem Mann, der mich unterstützt, geht’s leichter! Obschon er als Bauingenieur beruflich stark engagiert ist, bringt er mich unter der Woche jeden Morgen hier ins Staub/Kaiser-Haus und holt mich abends wieder ab. Er ist so ein Lieber! Und am Wochenende bin ich wieder zuhause. Es tut mir gut, mit ihm zusammen zu sein. Ich hab auch noch ein Leben daheim! (schmunzelt)

Unser Highlight sind dann immer die Ferien. Wir sind eine kleine Reisegruppe, Kollegen meines Manns mit Damen, echt schön! Mein Kollege, der „Mercedes“, war also auch schon in Schweden, Sizilien, Rom, Russland, in der Türkei... Und jetzt würde ich gerne mal noch nach Schottland fahren. Bisher waren wir meist im Süden. Aber ich nehm’s fort zu. Wir machen einfach Ferien, wenn’s passt.

Alleine in der Stadt bin ich hingegen kaum unterwegs. Die Leute sehen oft nur den Rollstuhl und nicht den Menschen. Das nervt! Darum mag ich’s so, unter befreundeten Leuten zu sein. Da heisst’s dann: Hoi, wie geht’s! Und nicht: Jesses Gott! Fehlt dir was? Das tut weh! (seufzt und atmet tief durch) Man muss die Menschen so nehmen, wie sie sind. Das möchte ich auch für mich: so akzeptiert werden, wie ich bin.

Aber manchmal hadere ich schon! Mit Gott und der Welt! Ich sprach auch schon mit Don Alberto, unserem italienischen Seelsorger im Staub/Kaiser-Haus. Obwohl ich zwar katholisch erzogen worden bin, hab ich Mühe mit Gott. Wo war er denn beim Tod meiner Schwester? Und wo ist dieser Gott, wenn Menschen Kriege anzetteln, Bomben werfen und Selbstmordattentäter unschuldige Menschen in die Luft sprengen? Das fragte ich Don Alberto alles. Und er meinte, Gott sei in uns. Ich verstand zwar nicht, was er meinte. (lacht) Nein! Wo ist dieser Gott? Wenn es ihn gäbe, hätte ich nicht diese Krankheit!

Aber Don Alberto ist trotzdem ein herzensguter Mensch! Er versucht nicht, einem von etwas zu überzeugen, ganz im Gegenteil. Jedenfalls entgegnete ich ihm: Ich spüre keinen Gott in mir drin. Und er: Ja, mit so einer komplizierten Frage hätte ich natürlich nicht so schnell die richtige Antwort. Und trotzdem, jedes Mal, wenn wir uns im Staub/Kaiser-Haus sehen, haben wir’s lustig miteinander!

Mit meinen 55 Jahren bin ich hier wohl die jüngste Bewohnerin respektive der jüngste Tagesgast. Aber ich bin so froh, diesen tollen Ort gefunden zu haben! Es gibt so viele liebe Menschen hier! Und schön ist auch, dass wir rund um die Uhr Besuchszeit haben, 24 Stunden lang. Man ist hier wirklich frei und kann tun und lassen, was man will. Im Sommer sitzen wir oft draussen vor dem Haus oder unternehmen etwas, gehen zusammen in den Zirkus, ins Kino, machen Ausflüge in die Stadt. Der Zirkusbesuch neulich in Winterthur war toll. Wir unternehmen wirklich viel, das ist sehr schön!

Dass ich tagsüber hier bin entlastet auch meine Familie, zum Glück, vor allem meinen Sohn. Er rief mich immer wieder an: Mami, brauchst du was? Soll ich kommen? Doch das wollte ich auf keinen Fall! Mein Sohn soll mich nicht pflegen, sondern sein Leben geniessen! Und mein Mann fragte auch immer wieder: Ist alles gut? Geht’s? – Und ich, ja, ja, alles easy! Ich wollte einfach nicht, dass sich meine Familie ständig um mich kümmern muss. Darum wollte ich weg. Und dann hat sich das mit dem Staub/Kaiser-Haus wunderbar ergeben.

Aber ich bin froh, unter der Woche hier zu sein. Den ganzen Tag alleine daheim käme ich wohl ins Grübeln. Aber hier kann ich mit den Leuten plaudern und fühl mich auch verstanden, zumal hier viele Menschen selber auch ein Handicap haben. Eine Kollegin aus der MS-Selbsthilfegruppe lebt ebenfalls hier. Schön ist auch, dass ich rund um die Uhr Hilfe bekomme von allen Seiten. Und die Zeit geht so schnell rum. Auf einmal ist’s schon wieder Abend, der Tag war ausgefüllt und ich hab das Gefühl, etwas gemacht zu haben.

Ich hab ein schönes grosses Zimmer mit Bett, Schrank plus Badezimmer und WC. Und das Angebot hier ist toll. Zwei, drei Mal pro Woche schauen der Physiotherapeut und der Akupunkteur vorbei. Deshalb komm ich nun in den Genuss von Akupunkturbehandlungen. Hippotherapie, also therapeutisches Reiten, mach ich auch. Und zweimal in der Woche habe ich auch Physiotherapie, wo ich Kräftigungsübungen für die Rumpf- und Bauchmuskulatur mach und vielleicht noch ein paar Schritte tue mit Hilfe des Physiotherapeuten. Ja, zum Glück bin ich beschäftigt! Die Bewegung und die Übungen tun mir gut. Und wenn’s wo zwickt oder wehtut, weiss der Physiotherapeut als Profi haargenau, wo’s klemmt. Das ist super! (strahlt)

Lustig ist ja auch – vielleicht hat das so sein müssen – dass Maria di Giorgio, die Mutter meiner Schulfreundin, die auch Maria heisst, ihr Zimmer gleich neben meinem hat. Maria und ich besuchten zusammen die Primarschule in Winterthur-Wülflingen. Seither haben wir uns nie mehr gesehen. Und dann begegnete ich ihr hier plötzlich wieder vor der Tür des Staub/Kaiser-Hauses! Das war so unglaublich! Hoi, wie geht’s?, rief sie, als sie mich erkannte. Später meinte sie, sie hätte mich gleich erkannt an meinem unverkennbaren Lachen. Dass wir uns hier so unverhofft wieder gesehen haben, hätte ich mir nie erträumen lassen. Das war so schön! Auf einmal steht sie vor mir, nachdem ich sie schon 41 Jahre lang nicht mehr gesehen hab. Nein, das ist sensationell! Solche Dinge erlebe ich hier im Staub/Kaiser-Haus! (lacht)

Maria und ich waren in der Schule dicke Freundinnen. An eine Szene von damals erinnere ich mich noch lebhaft. Als Tochter italienischer Migranten konnte Maria noch nicht so gut deutsch. Und wie der Lehrer sie hiess, an der Wandtafel etwas zu schreiben, lachte ein Mitschüler sie dermassen aus. Aber der Lehrer reagierte sensationell, indem er den Jungen nach vorn zitierte. So, jetzt schreibst du mal diesen Satz an die Tafel! Nein, nein, nicht auf Deutsch, auf Italienisch! Da brach die ganze Klasse in Gelächter aus! (lacht) Wunderbar! Ich seh die Szene noch vor mir, als wär’s gestern gewesen! Super war’s!

Aber dass Maria und ich uns seither nie mehr begegnet sind, obschon sie in Neftenbach arbeitet, wo ich seit 25 Jahren wohne, und sie gleich im Nachbardorf, in Wülflingen, lebt! Ich musste erst ihre Mutter im Staub/Kaiser-Haus treffen, damit wir beide uns wieder begegnen konnten. Das ist schon lustig! (lacht)

Lustig hab ich’s überhaupt gerne und mach auch gerne Scherze. Ich glaub, die Leute hier mögen mich. Fragen sie doch die Leute! Den Chef! Es gibt ja immer Menschen, die sich ob Kleinigkeiten aufregen. Blödsinn! Da lach ich ja nur drüber! Aber wenigstens hab ich dann etwas zu lachen. (lacht)

Ja, ich bin froh, diesen tollen Ort hier gefunden zu haben. Es ist einfach lustig und schön mit diesen vielen Menschen! (strahlt) Und plötzlich trifft man wieder alte Schulfreundinnen an! (lacht)

Das Staub/Kaiser-Haus ist wirklich zu meinem zweiten Zuhause geworden. Wir sind eine grosse Familie, jeder weiss, was läuft. Man ist gut aufgehoben, kann miteinander kochen, im Sommer draussen Boggia spielen oder zeichnen und malen. Und wenn man einen Wunsch hat, teilt man ihn einfach mit, dann wird er so gut es geht erfüllt. Man ist auch nicht eingepfercht in Abläufe oder Strukturen... Sondern man ist hier einfach, isst zusammen, kennt sich. Dazu das italienische Flair mit den vielen Menschen aus Italien, die Italienità! Hier geht mir das Herz auf und ich kann lachen und leben!

Aufgezeichnet durch Daniela Schwegler, fotografiert von Dominik Reichen.

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