"Nicht trinken ist keine Option." Die Trierer Antonia Ruut stiftung revolutioniert den brunnenbau in Äthiopien. zuverlässiges Wasser wirkt sich nicht nur auf Gesundheit und Ernährung aus, sondern auch auf Bildung, wirtschaftlichen Aufschwung im Land und sogar auf Flüchtlingsbewegungen. DAS LAND entwickelt sich VON INNEN HERAUS.

Die Volontärin des Trierischen Volksfreunds, Stefanie Braun, hat Peter Hoffenbach, einen der Geschäftsführer der Antonia Ruut Stiftung in Trier, und zwei Vertreter der Lions International Deutschland, Werner Abriß und Inge Daniels, zu der Eröffnung eines Brunnens aus Trier begleitet. In dieser Multimedia-Reportage gibt sie ihre Eindrücke während der Eröffnung wieder (kursive Schrift), schildert die Umstände in Äthiopien (normale Schrift) und erklärt, welche Bedeutung die Brunnen aus Trier in Äthiopien haben (fettgedruckte Schrift). In den Youtube-Videos und Tagebucheinträgen (Inhalte auf Soundcloud) können Sie sich zudem selbst ein Bild von Äthiopien machen. Dieses Reportage soll zeigen, wie fremde Hilfe einem Land zu neuem Aufschwung verhelfen kann, wie aus einer einzigen Veränderung, gleich mehrere Verbesserungen entstehen können, und wie wichtig es ist, die Menschen vor Ort zu Partnern und nicht zu Hilfsempfängern zu machen.

Äthiopien

Eine der täglichen Arbeiten eines Kindes: Viehhüten.

Äthiopien ist eines der ärmsten Länder der Welt. Es ist etwa dreimal so groß wie Deutschland. In der Hauptstadt Addis Abeba leben schätzungsweise 3-7 Millionen Menschen. Der Rest, circa 90 bis 92 Millionen, lebt auf dem Land. Aufgabe der Männer ist die Arbeit in der Landwirtschaft, Aufgabe der Frauen und Kinder das Hüten von Vieh und das Besorgen von Wasser für die Familie. Das allein kann eine tagfüllende Aufgabe sein.

Ein Mann auf dem Weg zu seinem Feld, er trägt die Pflüge auf seiner Schulter. Sein Ochse ist schon vorausgelaufen.

Wasser ist ein kostbares Gut in Äthiopien, in der Trockenzeit sind die Menschen auf Brunnen angewiesen, weil über Monate oft überhaupt kein Regen fällt. Menschen, die keinen funktionierenden Brunnen in ihrer Nähe haben, müssen oft stundenlang zum nächsten laufen, um ihre Kanister mit Wasser für den Tag zu füllen. 20 Liter passen in einen dieser Kanister, der Inhalt von einem oder zweien muss für eine mehrköpfige Familie einen ganzen Tag reichen.

Peter Hoffenbach, Geschäftsführer der Antonia Ruut Stiftung Trier: "Wir können uns nicht vorstellen, was es für diese Menschen bedeutet, eine zuverlässige Wasserquelle in der Nähe zu haben."

Brunneneröffnung, April 2016: Man hat ein Zelt für uns aufgebaut. Es ist heiß und stickig unter der Plane, es riecht nach Staub und vielen Menschen. Schulkinder sitzen auf dem Boden, die Älteren stehen, die ganz Alten rutschen auf den wenigen Bänken zusammen. Heute ist ein großer Tag. Ab heute gibt es offiziell Wasser.

Die Kinder drängen sich auf dem Boden, sie alle gehen in die nahe gelegene Schule, wenn sie Zeit haben. Durch den Brunnen aus Trier haben sie nun mehr Zeit am Tag.

Wie ist es, mit 20 Litern Wasser am Tag auszukommen? Wenn der Inhalt eines Wasserkanisters fürs Kochen, Waschen und Trinken ausreichen muss? Was bedeutet es, mehrere Kilometer laufen zu müssen, um überhaupt Wasser zu haben? Die Menschen in Äthiopien müssen dies täglich. Ihre Wasserquellen sind teils weit entfernte Brunnen, kleine Flüsse und oft sogar Pfützen. Eine Trierer Stiftung erleichtert und verbessert die Wassergewinnung in Äthiopien. Sie baut Brunnen. Das Besondere: Die Brunnen aus Trier laufen wartungsfrei und kostenlos. Mit Sonnenenergie.

Es ist eng in dem Zelt, in dem die Brunneneröffnung gefeiert wird. Aber die Kinder sind still, zu groß ist die Neugier. Sie wollen auf keinen Fall etwas verpassen.

Brunnen, die nicht nur Hunderte Menschen einer Region versorgen, sondern auch die Umwelt schonen, die Wirtschaft vor Ort beleben und dafür sorgen, dass viele Äthiopier eine neue Chance sehen, in ihrem Land leben zu können, ohne an eine Flucht in andere Länder denken zu müssen. Die Trierer Brunnen tragen dazu bei, dass sich das Land von innen heraus entwickelt.

Schon wenige Minuten nach der Brunneneröffnung hat sich eine Schlange vor dem Brunnen gebildet. Viele haben direkt mehrere Kanister mitgebracht.

Aufschwung: Es ist eine Entwicklung, die über kurz oder lang, dem Land zum Aufschwung verhelfen könnte. Ein Aufschwung, der nicht in der Oberschicht oder den großen Städten beginnt, sondern dort wo die Brunnen stehen, im Herzen des Landes. Dort, wo die Ärmsten der Armen leben und es oft am Nötigsten fehlt: Wasser.

Brunneneröffnung, April 2016: Es werden viele Reden gehalten. Jeder möchte seine Dankbarkeit ausdrücken. Die Kinder sitzen still da und hören aufmerksam zu. Immer wieder sehen sie zu dem Besuch aus dem fernen Land Deutschland, die mit Kappen und Tropenhosen gekommen sind, um sich vor der Sonne zu schützen. Dabei ist es doch noch gar nicht heiß, und noch lange kein Sommer, in dem schnell über 40 Grad erreicht werden können. Eine Zeit, in der sie nun keine Angst mehr haben müssen, zu verdursten oder Hunger zu leiden.

Wasser

Inge Daniels, Lions International Deutschland: "Die laufen hier jeden Tag Stunden für ein bisschen Wasser, und wir sind schon schlecht gelaunt, wenn wir morgens keine zehn Minuten duschen können."

Wie steht es eigentlich um die Wassersituation in Deutschland? Wieviel Wasser verbrauchen wir täglich und gibt es überhaupt genug Wasser, um alle versorgen zu können? Im Video gibt es mehr darüber zu erfahren:

Wasser ist überall auf der Welt ein kostbares Gut. Doch gerade die Situation in Äthiopien ist schwierig für die Menschen, die dort leben. Doch was macht die Situation eigentlich so schwierig? Während der Brunneneröffnung im Frühjahr hat sich gezeigt, wieso die Menschen auf Hilfe von außen angewiesen sind, und was es bewirken kann, wenn sie Hilfe bekommen, die auf die Verhältnisse vor Ort zugeschnitten ist und ihnen einen gesunden Lebensstandard ermöglicht.

Brunneneröffnung, April 2016: Drei Wasserflaschen stehen auf dem Tisch im Zelt. Alle sind mit Wasser aus den Brunnen Ähtiopiens gefüllt. Eine Flasche mit bräunlichem Wasser aus dem Handpumpenbrunnen. Eine mit leicht trübem Wasser aus einem Brunnen mit Dieselmotor. Und eine Flasche mit klarem Wasser aus dem Brunnen der Trierer Stiftung. Wasser aus den Tiefen der Erde.

Wasser aus allen Brunnenarten Ähtiopiens: Nur eines kann man ohne Bedenken trinken. Das, was aus dem Trierer Brunnen kommt.

Peter Mischo, Antonia Ruut Stiftung: „Die normale Wasserquelle ist Oberflächenwasser. Eine einzige Brühe. Man kann das Wasser durch ein T-Shirt filtern, das hält den gröbsten Dreck raus, aber da kommt noch einiges durch.“

Die Kinder machen eine Pause am Straßenrand. Hinter ihnen fließt ein Fluß, der durch die Regenzeit entstanden ist. Das Wasser trägt viel aufgewühlte Erde mit sich. Da ein Brunnen mit sauberem Wasser in der Nähe ist, müssen die Bewohner kein Wasser aus dem Fluß beziehen.

In der Regenzeit sammeln die Menschen ihr Wasser oft aus Pfützen in der Nähe ihrer Häuser und Felder. In diesem Oberflächenwasser sammelt sich nicht nur Dreck, sondern auch Unrat, Ungeziefer und letztendlich Bakterien, die Krankheiten auslösen können und ganze Familien bedrohen. Besonders kleine Kinder, deren Körper noch keine oder nur wenige Abwehrkräfte gegen wasserbezogene Krankheiten gebildet haben, sind von diesen bedroht. Liegt der Vater mit einer Krankheit nieder, kann er nicht auf dem Feld arbeiten. Die Folgen sind also nicht nur Durst, sondern auch Krankheit und Hunger.

Dürreperioden bekommen auch die Tiere zu spüren. Diese Kühe sind ausgemergelt von Durst und Hunger.

Gesundheit: Die Brunnen wirken sich auf die Gesundheit der Menschen vor Ort aus. Sauberes Wasser bedeutet eben auch, dass bestimmte Krankheiten seltener oder gar nicht mehr auftauchen. Umso schlimmer ist es, wenn ein Brunnen, der erstmal eine Weile in Betrieb war, wieder ausfällt: Kleine Kinder, die sauberes Wasser gewöhnt sind, haben keine Abwehrkräfte gegen verunreinigtes Wasser.

Mit Würmern im Mund leben

Ein Schuljunge vor einer Pfütze. Sogenanntes Oberflächenwasser wie dieses ist eine wichtige Wasserquelle in der Regenzeit. Das Wasser ist schmutzig und von der Sonne aufgewärmt. Ein Brutplatz für Insekten und Bakterien.

Leben in Äthiopien: Die Äthiopier leben seit Generationen im ständigen Wechsel von Regen- und Trockenzeiten. Aber an verunreinigtes Wasser oder langanhaltende Dürreperioden kann man sich kaum anpassen. Wie es ist unter diesen Bedingungen zu leben, weiß der Geistliche Degewa Sedoro Dramo. Er selbst musste als Kind Wasser aus Pfützen trinken und kann sich an das Gefühl erinnern, die Würmer und Insektenlarven aus dem abgestandenen Wasser in seinem Mund und Rachen zu spüren. Als Geistlicher arbeitet er bei der Emmaus Bibelschule, die unter anderem Gottesdienste und Bibelunterricht in äthiopischen Gefängnissen anbietet. Über seine Arbeit kam er in Kontakt mit Peter Hoffenbach von der Antonia Ruut Stiftung. Vor Jahren bat Dramo bei der Antonia Ruut Stiftung um den ersten Brunnen, damit sein alternder Vater wenigstens in seinen letzten Jahren sauberes Wasser trinken konnte. Hören Sie hier etwas über sein Land und dessen Leute, über seine Nicht, die vom Wasserholen nicht wiederkam und seine Kindheit, mit Würmern im Wasserglas.

Das Wasser der Pfütze wäre ohne den Brunnen noch eine brauchbare Trinkwasserquelle.

Brunneneröffnung, April 2016: "Das Problem ist nicht, dass kein Wasser da wäre", erzählt Peter Hoffenbach bevor wir die nahegelegene Schule besichtigen, "sondern, dass die Menschen das Wasser nicht zuverlässig nutzen können." Sie schöpfen oder sammeln Wasser für einen Tag und machen sich am nächsten Morgen wieder zu einer Quelle auf. Die Eröffnung des Trierer Brunnens ist ein großer Tag für die Menschen der Umgebung. Die Schulkinder der Schule sind da und müssen von den Lehrern zur Ordnung gerufen werden, die Ältesten tragen Kleidung in traditionellen Farben, Frauen haben ihre Sonntagskleider an. Wasser jeden Tag in erreichbarer Nähe und guter Qualität: Das ist es wert, das Kleid für die Kirche anzuziehen.

Ein schönes Kleid für die Kirche. Heute bei der Brunneneröffnung ist es auch angebracht.

Das Problem: Klimaveränderung

Peter Hoffenbach, Antonia Ruut Stiftung: „Nicht trinken ist keine Option.“

Erosion zeichnet das Land. Vielerorts schlägt der starke Regen im Sommer und Frühjahr Furchen und Gräben in die Erde. Wertvoller Boden wird weggewaschen.

Brunneneröffnung, April 2016: Während den Tagen vor der Brunneneröffnung im April regnet es noch fast jeden Abend. Die Felder sind überflutet, vor den Häusern sammelt sich das Wasser in riesigen braunen Pfützen, aus denen die Frauen und Kinder Wasser für den Tag schöpfen. Doch über Tag verdunstet das Wasser wieder oder versickert im Boden.

Zweimal im Jahr ist in Äthiopien Regenzeit, einmal im Frühjahr, einmal im Sommer. Über den Rest des Jahres fällt kein Tropfen Regen. Die Menschen vor Ort haben sich an den natürlichen Verlauf des Jahres gewöhnt, ihre Aussaat- und Erntezeiten darauf angepasst. Doch nun verschieben sich diese Zeiten. Klimawandel und Wetterphänome, wie El Niño, verändern den Ablauf der Regenzeiten. Sie verschieben sich nach hinten, in die Aussaatzeit, oder fallen ganz weg. Der Sommer 2015, der auch in unserem Land als einer der heißesten in die Geschichte der Wetterforschung einging, hat Äthiopien einen Sommer ohne Regen beschert.

Eine Regenfront zieht auf. Man kann sehen, wie sie am Horizont aufbricht und sich der Regen auf die Erde ergießt. Am Berg im Vordergrund sind die Erosionen zu sehen, die durch ähnliche Regenbrüche entstanden sind.

In den letzten drei Jahrzehnten habe es unzählige lokale Dürren und sieben große Dürren gegeben, teilweise mit der Folge von Hungersnöten. Bezüglich der zukünftigen Veränderungen infolge der globalen Erwärmung werde mit einer Verschlechterung der Situation gerechnet, die Bodenerosion, Wüstenbildung, den Verlust an Biodiversität und wiederkehrende Überschwemmungen verstärken könnte. Laut dem Nationalen Aktionsprogramm zur Anpassung (NAPA) würden Landwirtschaft, Wasserressourcen und die menschliche Gesundheit am stärksten negativ vom Klimawandel betroffen sein, so heißt es vom Auswärtigen Amt in Berlin.

Kinder vor einer typischen Hütte. Dort leben sie mit ihren Eltern und Geschwistern. Im Hintergrund schwebt eine Regenwand über den Bergen.

Im Jahr 2015 habe es in großen Teilen des Landes ausbleibende Regenfälle gegeben, welche auf das Wetterphänomen El Niño zurückgehen. Am schlimmsten von ausgebliebenen bzw. unregelmäßigen Regenfällen betroffen sei der Osten und Süden des Landes, das heißt vorwiegend das Tiefland (vor allem die Provinzen, Afar, *Oromia, aber auch die östlichen Regionen von Amhara und Tigray), heißt es weiter.

Ein Mädchen passt auf ihre Geschwister auf. Eine von vielen Aufgaben für junge Mädchen in einer Familie. Eine weitere ist das Besorgen von Wasser. Hierfür laufen viele Mädchen und Frauen oftmals mehrere Stunden alleine von ihrem Zuhause zum nächsten Brunnen und zurück. Die Wanderungen sind gefährlich.

Stabilität: Im *Oromia-Gebiet steht der Brunnen der Stiftung. Die unregelmäßigen Regenfälle und die damit verbundenen Ernteausfälle haben die Ernährungssituation in Äthiopien verschlechtert. Der Trierer Brunnen schafft eine Stabilität. Die Leute brauchen sich keine Gedanken mehr darüber zu machen, wo und vor allem ob, sie etwas zu trinken bekommen werden in Dürrezeiten.

All diese Gräben sind durch Regen entstanden. Der Regen kommt stark, die Erde ist trocken. Er schlägt sie auf, schwemmt sie weg und mit ihr gesetzte Zöglinge. Wegen der Klimaerwärmung verschiebt sich die Regenzeit immer weiter in die Aussaat-Zeit der Bauern.

Brunneneröffnung, April 2016: Die Kinder sollen die Seiten des Zeltes hochhalten, damit etwas Luft ins Zelt kann. Dem Besuch ist es vielleicht zu stickig. Soviel Nähe sind die Fremden nicht gewöhnt. Alle sitzt eng nebeneinander, jeder legt die Hand auf die Schulter des anderen. Erwachsene nehmen kleiner Kinder hoch und reichen sie anderen Erwachsenen, damit die sie woanders hinsetzen. Eine friedliche Atmosphäre. Die frische Luft im Zelt tut gut.

Werner Abriß und Inge Daniels von den Lions International Deutschland hören genauso gebannt zu wie die Kinder. Wer kann spricht Englisch, ansonsten wird übersetzt.

Die Brunnen

Peter Hoffenbach, ARS: „Ein Dieselgenerator besteht aus ungefähr 1437 Einzelteilen, die alle funktionieren müssen. Wenn der Generator nicht läuft, kann kein Wasser gefördert werden und vor Ort gibt es niemanden, der ihn reparieren kann.“

Ein Brunnenloch wird gebohrt. Ob der Staat oder eine wohltätige Organisation dahintersteckt, ist nicht zu erkennen. Ein Brunnenloch zu bohren, ist mühsam. Das schwere Gerät an die betreffenden Stellen zu bringen kann bereits Tage dauern, weil es in Äthiopien außerhalb der Hauptstadt kaum bis gar keine Infrastruktur gibt.

Bis vor kurzem gab es zwei Arten von Brunnen in Äthiopien: Handbrunnen, die mit einfachen Pumpen Wasser an die Oberfläche befördern, und mit einem Dieselmotor betriebene Brunnen, die zwar effektiver als Handpumpen sind, dafür aber auch störanfälliger. Brunnen, die mit einer Handpumpe betrieben werden, reichen nicht so tief in den Boden. Das Wasser ist noch schmutzig. Mit einem Dieselgenerator kann ohne Kraftaufwand sauberes Wasser aus tieferen Erdschichten gepumpt werden. Vorausgesetzt man hat genügend Diesel und der Generator funktioniert. Pro Tag braucht ein Generator circa sieben Liter Diesel, im Schnitt muss zweimal in der Woche Geld eingesammelt und ein vertrauenswürdiges Mitglied der Gemeinschaft losgeschickt werden. Die nächsten Tankstellen können 40 bis 50 Kilometer entfernt sein. Eine Strecke, die die Anwohner meist zu Fuß zurücklegen müssen.

Oft bleibe es bei diesen Löchern, weiß Peter Hoffenbach. In der Recherche für ihre eigenen Brunnen fanden sie viele ungenutzte Brunnenlöcher in Äthiopien, die mal gebohrt wurden, ohne das ein Brunnen darauf errichtet wurde. Ihrer Arbeit nutzt dies viel. Einen Solarbrunnen auf einem bereits vorhandenen Loch zu errichten, ist um einiges einfacher, als selbst erst schweres Gerät an den Ort bringen zu müssen.

Brunneneröffnung, April 2016: Es sind Hunderte Menschen, die zu der feierlichen Brunneneröffnung gekommen sind. Für die Schulkinder ist es ein aufregender Tag, ein ganz ungewöhnliches Erlebnis. Für Peter Hoffenbach ist es nicht der erste Brunnen, den er eingeweiht hat. Er hört sich alle Reden an, wird den Ältesten später die Solarzellen erklären, und selbst eine Rede halten, wie wichtig es ist, den Brunnen gut zu warten und in Stand zu halten. Die Leute vor Ort sollen selbst für den Brunnen verantwortlich sein.

Die Schulkinder erwarten vor der Brunneneröffnung neugierig die Gäste aus dem fernen Land Deutschland. Der neue Brunnen steht direkt neben ihrer Schule.

Die Brunnen aus Trier

Peter Mischo, ARS: „Unter dieser Oberfläche liegt in 120 bis 150 Metern Tiefe eine zuverlässige Wasserquelle. Das muss man nur wissen.“

Der große Moment: die offizielle Eröffnung. Obwohl der Brunnen schon seit einiger Zeit erfolgreich läuft, bestehen viele der Ortsansässigen auf einer gebührenden Eröffnung. Peter Hoffenbach (links) und Werner Abriß von den Lions (zweiter von links) durchschneiden zusammen mit Harsh Kothari (Lions International Äthiopien) und einem Vertreter vor Ort das Band.

Das eigentliche Bohren, Versiegeln, Ummanteln und Auskleiden des Brunnen kostet 300 Euro pro Meter. 120 Meter muss es in die Tiefe gehen, um an saubere, zuverlässige Wasserquellen zu gelangen. Danach ist der Brunnen an sich kostenlos. Solarenergie steht dauerhaft zur Verfügung, so nah am Äquator ist die Sonneneinstrahlung dreimal so hoch wie in Deutschland. Sobald die Sonne aufgeht, wird Wasser in einen Tank gepumpt, aus dem den ganzen Tag Wasser gezogen werden kann.

Das Tor ist offen, das Band durchschnitten. Der Brunnen eröffnet.

Peter Hoffenbach, ARS: „Die Technik der Solarpaneele ist von der Wartung her in etwa so spannend wie Fensterglas, da kann von sich aus nicht viel passieren. Sollten doch mal zwei oder drei der Solarpaneele ausfallen, macht das nichts, der Brunnen pumpt eben einfach langsamer.“

Peter Hoffenbach erklärt den Vertretern der Gegend und den Ältesten der Dörfer, wie der Brunnen funktioniert.

Zuverlässigkeit: Die Trierer Stiftung hat die Brunnen so entwickelt, dass die Menschen vor Ort sie ohne viel Aufwand nutzen können. Sie sind nicht kompliziert zu reparieren, brauchen kaum Pflege und funktionieren ohne großes Zutun. Sie sind zuverlässig und umweltfreundlich. Aber vor allem: sie sorgen zuverlässig jeden Tag für frisches Wasser, ohne Keime und Dreck. So viel Wasser, wie die Familien vor Ort brauchen.

Das Wasser des Brunnens kommt aus diesen Wasserhähnen, meist halten die Frauen ihre Kanister darunter. Jetzt probieren die Gäste.

Geld für Äthiopien: Gustav Ruut hat die Antonia Ruut Stiftung gegründet. Benannt ist sie nach seiner Frau Antonia. Lesen Sie hier: Die Geschichte, warum er sie nach ihr benannt hat, ist eine Geschichte über Liebe, Tod und Geld.

Auch einige Trierer Unternehmen unterstützen die Antonia-Ruut-Stiftung durch Spendengelder.

Brunneneröffnung, April 2016: Der Brunnen ist eröffnet. Peter Hoffenbach, Werner Abriß und zwei äthiopische Vertreter der Gegend haben das Band unter Beifall durchschnitten. Ein kurzer Moment, der monatelange Arbeit abschließt. Noch bevor Hoffenbach zusammen mit den Ältesten die Solarpanelen gehen konnte, um sie zu erklären, hat sich bereits eine Schlange gebildet: Frauen, Kinder und Männer sitzen auf ihren leeren Kanistern vor den Wasserhähnen und warten, bis sie dran sind. Vor dem Zaun stehen ihre Esel und erholen sich von dem Weg. Wasserhändler fahren mit hölzernen Anhängern, die von Eseln gezogen werden aufs Gelände. Sie bringen das Wasser in entlegenere Gebiete und verkaufen es dort. Eine neue Berufsgruppe, die sich um die Brunnen entwickelt hat. Wasser bedeutet Arbeit, Wasser bedeutet Gesundheit, Wasser bedeutet Leben.

Hilfe, die wirkt

Flucht aus Äthiopien: Die Menschen in Äthiopien sind arm, gute Schulbildung und somit eine Aussicht auf bessere Arbeit bleibt vielen verwehrt. Die schlechten Lebensbedingungen sind oft ein Grund dafür, dass Menschen aus dem Land flüchten, um Geld in anderen Ländern zu verdienen und an ihre Familien zu schicken. Doch diese Fluchten sind in den wenigsten Fällen eine Lösung für die Menschen. Im Interview erklärt Asmalesh Dagne, der Food Manager der lokalen NGO "SMART", wieso gerade viele junge Leute aus Äthiopien fliehen, warum viele nur tot zurückkehren und was die Brunnen gegen die Flüchtlingsbewegungen tun können.

Das Konzept der Trierer Antonia Ruut Stiftung hat Einflüße nicht nur auf die Wasserversorgung der Bevölkerung, sondern auch auf ihr tägliches Leben: Krankheiten werden seltener, Geld muss nicht für Medikamente ausgegeben werden, Frauen und jungen Mädchen bleibt mehr Zeit am Tag für andere Arbeiten und für die Schule.

Wasser, jeden Tag, immer zuverlässig und sauber. Frauen befüllen ihre Kanister ohne Mühe und ohne Angst, heute nur wenig oder schlechtes Wasser zu bekommen.

Der Solarbrunnen, der im April 2016 offiziell eröffnet wurde, lief natürlich bereits vorher. Sobald die Möglichkeit besteht, Wasser kontrolliert auszugeben, wird der Brunnen genutzt. In Shemsa Jamaya wurde bereits einen Monat lang Wasser gefördert. In dieser "Testphase" von circa 25 Tagen vor der eigentlichen Eröffnung, wurden alleine 500.000 Liter Wasser ausgegeben. Das entspricht 25.000 Kanistern voll mit Wasser. Seit Ende 2011 hat die Antonia Ruut Stiftung bereits sechs Solarbrunnen in Äthiopien gebaut und ein Trainingscenter eröffnet, in dem die Bauern der Umgebung etwas über nachhaltige Landwirtschaft lernen. Die Stiftung arbeitet bereits an einem weiteren Brunnen.

Die Karte von der Webseite der Antonia Ruut Stiftung zeigt die verschiedenen Standorte der Brunnen. Im Gebiet Shemsa Jamaya wurde der Brunnen im April eröffnet.

Die Brunnen aus Trier bringen nicht nur Wasser in eine Region, die seit Hunderten von Jahren unter Dürre- und somit Hungerperioden leidet, sondern zudem ... :

  • ... stabilisieren sie das Leben der Menschen vor Ort, das gerade durch die Klimaveränderung noch mehr ins Ungleichgewicht gerät.
  • ... bewahren sie vor Hunger: Rund um die Brunnen haben die Menschen genug Wasser für sich, ihre Familien, aber auch ihr Vieh und ihre Felder. Ernten und Nahrung können gesichert werden.
  • ... vermindern sie Krankheiten, die durch Unterernährung, aber auch durch schlechtes Wasser entstehen.
  • ... entstehen Arbeitsplätze rund um die Brunnen: Brunnenwärter werden gebraucht, aber auch Wasserhändler nutzen die Brunnen als Erwerbsmöglichkeit. Die Menschen verdienen mehr und fliehen seltener aus dem Land.

Die Menschen haben eine Möglichkeit in ihrem Land zu bleiben, ihr Leben zu verbessern und so gleichzeitig einen Aufschwung aus dem Land heraus zu starten. Eine Entwicklung von innen heraus beginnt, weil eine Lebensgrundlage sicher geschaffen wurde. Mit Brunnen aus Trier.

Brunneneröffnung, April 2016: Der Brunnen ist eröffnet, das Fest ist vorbei, der Alltag geht in Äthiopien weiter. Wir verlassen das Gelände, fahren zurück in das Center, wo wir wohnen. Morgen schon geht es zurück nach Deutschland. Am Abend braut sich schon die nächste Regenfront zusammen: Bei unserem Abflug wird es regnen.

Peter Hoffenbach, ARS: "Alles beginnt mit Wasser."

Credits: tv_volksfreund,Stefanie Braun / Fotos: Stefanie Braun Impressum

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