Altes in Neuem. Das ist wohl das perfekt Motto für einen Second-Hand Shop. Die vielen Facetten eines solchen Ladens fesseln einen und machen neugierig auf das, was sich in den Regalen entdecken lässt. Der Second-Hand Shop von Susanne Schirach ist ein Treffpunkt für Kunden mit individuellem Stil. Sie hauchen den ungeliebten Kleidungsstücken wieder neues Leben ein.
One-Women-Show im Second-Hand Shop
Leidenschaft und besondere Kundschaft. Das ist für Susanne Schirach Alltag in ihrem Second-Hand Shop "Trouvé - Samt und Sonders". Die Diplom-Sozialarbeiterin hat erst spät den Weg ins Second-Hand Geschäft gefunden. Als Sozialarbeiterin hatte sie sich nicht mehr wohlgefühlt. Deswegen musste eine neue Herausforderung her. "Die Bedingungen in der Sozialarbeit haben sich so geändert, dass ich da nicht mehr wirklich einen Platz gefunden habe."
Aus Zufall fand sie eine Anzeige in einer Zeitung, wo geschrieben stand, dass ein gut laufender Second-Hand Laden abzugeben sei. Nun führt sie den Laden schon seit 12 Jahren und denkt nicht dran aufzuhören.
"Das wars! Bei mir haben alle Zellen Pling! gemacht und ich wusste, das will ich ausprobieren."
Ihre Faszination für Mode und Stoffe hat sich bereits im Kindesalter geformt. Auf dem Dachboden spielte sie mit den Klamotten ihrer Eltern und lernte, dass es nicht den einen Look oder das eine Outfit gibt, sondern das man sich in der Mode immer wieder neu erfinden kann. Diesem Motto ist sie bis heute treu geblieben. Auch sie hat verschiedene Stimmungen wenn es um Mode geht.
„Jeder hat unterschiedliche Seiten an sich und manchmal ist mir mehr nach Spitzenblüschen, manchmal aber auch nach Jeans und Sweatshirt. Das ist ganz unterschiedlich."
In Ihrem Shop ist Susanne Schirach eine One-Women-Show. Sie arbeitet meistens alleine und koordiniert ihre Ware, die Kunden und alles was dazu gehört, selbst. Wenn sie mal nicht im Laden sein kann, hat sie eine Freundin, die sie unterstützt.
Für die Zukunft ihres Ladens wünscht sich Susanne Schirach eigentlich nur mehr Platz. Neue Filialen in anderen Städten möchte die Shopbesitzerin nicht.
Ihre Ware bezieht Susanne Schirach von Kunden und auch von Leuten, die nach dem Frühjahrsputz Kleidung in ihrem Schrank entdeckt haben, die für jemand anderen vielleicht noch neue Lieblingsteile werden könnten.
Diese Leute bringen ihre Kleidung zu Trouvé und Susanne Schirach sichtet die Ware mit den Kunden.
Manchmal wird Ware abgelehnt, weil sie entweder nicht zum Stil des Ladens passt oder die Kleidung schon zu alt ist. Einige Teile finden dann den Weg in die Regale. Dann wird zusammen mit den Kunden der Verkaufspreis vereinbart. Sollten aber doch keine neuen Liebhaber für einzelne Stücke gefunden werden, hat der Kunde die Wahl diese wieder abzuholen. Wenn er sich dagegen entscheidet, dann spendet Susanne Schirach diese Teile ans lokale Frauenhaus und andere Organisationen.
von Christina Binder
Durch ein kleines Gässchen, das sich hinter dem Marktplatz in Richtung Tübinger Schloss hochschlängelt, trifft man auf den Laden "Trouvé – Samt und Sonders". Wer sich in Tübingen nicht auskennt, kann sich leicht in den Gassen leicht verwirren. Bei dem Laden Trouvé handelt sich um einen Second-Hand Laden. Der Laden ist etwas, das wie sein Name schon sagt, gefunden werden will.
Man fühlt sich als Kunde in dem gemütlichen Laden mit der freundlichen Besitzerin sofort wohl. Auch wenn der Standtort von Trouvé etwas versteckt ist, werden die meisten Kunden nachdem sie ihn gefunden haben zu Stammkunden. Viele Kunden betreten den Laden, schauen sich nur kurz um und betrachten die Neuheiten. Wenn sie nichts finden, lassen sie das Susanne Schirach wissen, wünschen ihr noch einen schönen Tag und bis zum nächsten Mal. Auch wenn man sich nicht lange in dem Laden aufhält, kommen einige dieser Stammkunden in kurzer Zeit vorbei.
Susanne Schirach erzählt, dass ihre Kundschaft sehr divers ist. Bei ihr kommen nicht nur ältere Leute zum Einkaufen, sonder auch immer mehr jüngere Kunden.
Eine Frau kauft einen Pullover und erzählt, sie sortiert ihren Kleiderschrank regelmäßig aus. Die aussortierte Kleidung bringt sie dann in den kleinen Laden zum Verkauf. Und wenn sie dort gerade keine Kleidung abgibt, dann kauft sie sich ein neues Kleidungsstück, welches sie bewusst aussucht, um eine Lücke in ihrer Kleiderauswahl zu schließen.
Susanne Schirach zählt Minimalismus als nur einen der Gründe auf, wieso Kunden sich für ihre Second-Hand Ware entscheiden. Andere lieben es durch ihr immer wechselndes Sortiment an Kleidern, Schuhen, Handtaschen und Schmuck zu stöbern. Man kann diese Art von Einkaufen mit einer Schatzsuche vergleichen, bei der man unerwartet auf schöne Dinge stößt.
Das Einkaufen von Second-Hand Mode empfinden viele Kunden als Ausdruck der eigenen Individualität. Bei der Mode aus zweiter Hand gibt es oft auch ältere Stücke zu finden. Man kann sich die Hose, das Hemd oder die Schuhe suchen, die einem gerade gefallen und muss sich nicht den schnelllebigen und aktuellen Trends unterwerfen.
Susanne Schirach hat die Erfahrung gemacht, dass Kunden immer genau das herausfischen, das für sie das Richtige ist. Sie liebt diese Individualität, die Ihr Laden unterstützt. Als Ladenbesitzerin möchte sie ihre Kunden darin unterstützen, auszuprobieren in was sie sich wohlfühlen und so neue Kombinationen zu entdecken.
Bei manchen Stücken, die in ihren Laden zum Verkauf gebracht werden, macht auch sie sich Gedanken, ob sie einen Käufer dafür finden kann. So ist sie jedoch umso begeisterter, wenn jemand in den Laden kommt und sich für genau dieses Teil entscheidet.
Ein weiterer Aspekt der Second-Hand Mode ist natürlich der Preis. Vielen Kunden kommt es entgegen, dass bei der Mode aus zweiter Hand der Preis nicht ganz so hoch liegt. So können sie mehrere Stilrichtungen ausprobieren, ohne dass es zu sehr auf die Geldbörse schlägt.
Man merkt Susanne Schirach an, dass sie Spaß an Ihrer Arbeit hat und dass sie gerne mit Kunden spricht und sie berät. Sie findet sich blind in Ihrem Laden zu recht und weiß genau in welchem Kleiderstapel ein Teil liegt, das einer bestimmten Kundin stehen könnte.
Für eine andere Kundin sind die Preise ebenfalls wichtig. Ein weiterer Aspekt ist, dass sie die Märkte in dritten Weltländern nicht zerstören möchte. Sie kauft Second-Hand, damit die gebrauchte Kleidung hier wiedergetragen wird. Es stört sie nicht Kleidung zu kaufen, die schon von anderen getragen wurde. Sie sagt, das sei besser als, dass die Spende gebrauchter Kleidung in dritten Weltländern die lokalen Kleidungsmärkte zerstöre.
Eine weitere Kundin erzählt, sie sei Kundin von der ersten Stunde an. Sie ist auf Second-Hand Kleidung umgestiegen, da sie aufgrund von Neurodermitis stark auf die Giftstoffe in neuen Kleidungsstücken reagiert. Da die meisten Kleidungsstücke einen weiten Weg von der Produktionsstätte ins Land in dem sie verkauft werden zurücklegen, werden sie für diese Reise chemisch behandelt. So gelangen Giftstoffe in die Kleidung. Deshalb hat diese ältere Dame sich für das Kaufen von Second-Hand Ware entschieden, in der die Giftstoffe nicht vorhanden sind. Sie meint zwar, dass sie sich am Anfang zum Tragen von Second-Hand Mode überwinden musste. Als sie den Gedanken ablegt hat, dass schon andere Leute die Kleidung getragen haben, konnte sie sich danach nicht mehr vorstellen, in anderen Läden einzukaufen.
Die Stimmung in dem Laden von Susanne Schirach ist sehr offen und herzlich. Viele Kunden erzählen gerne über Ihre Einstellung zur Second-Hand Mode. Der Laden ist fast immer voll mit interessierten Besuchern, die sich aus allen Altersgruppen zusammensetzen. Man trifft dort genauso viele Studenten, wie auch ältere Menschen. Diese Begegnungen machen einen großen Teil des Kauferlebnisses in dem Laden aus. Auch wenn an einem Tag nichts für den eigenen Geschmack im Laden zu finden ist, so kann man doch jeder Zeit wieder vorbeischauen. Vielleicht findet man dann zwischen den vielen Kleiderbügeln seinen persönlichen Schatz.
von Franziska Folberth
Second-Hand – alte Mode aber nicht altmodisch!
Während es einem als Kind schon fast peinlich war, die alten Klamotten der Geschwister zu tragen, kommt es heute schon öfter mal vor, dass man vor der Party am Freitag Abend mal in Mamas Kleiderschrank stöbert. Aus alt mach neu! Viele Modeliebhaber haben sich von den Shopping Malls und Einkaufspromenaden gelöst und sind auf der Suche nach etwas altem Neuen. Second-Hand Geschäfte boomen immer mehr, da sich mittlerweile eines in das Gedächtnis der heutigen Fashionistas eingeprägt hat: altmodisch gibt’s nicht mehr. Individualität ist das neue IN. Und genau das bietet Trouvé: dein Lieblingsteil, liebevoll behandelt von seiner Vorbesitzerin und in guten Händen auf dich wartend abgegeben.
Während normale Geschäfte ihre Läden mit Massenware füllen und ein Konzept haben, wie die Kleidung kombiniert wird, wird dir das in einem Second-Hand Laden selbst überlassen. Keine Beeinflussung, kein Aufzwingen, nur du und dein eigener Stil. Ganz egal ob lässig, elegant, verspielt, einfach oder auffällig – hier findest du alles. Verborgen zwischen bunten Mustern, weichen Stoffen, Glitzer oder Spitze siehst du es: dein Lieblingsteil! Das ein oder andere hättest du in einer Boutique vielleicht nicht ein mal angeschaut, weil dir das zusammengestellte Outfit an der Schaufensterpuppe nicht gefällt.
Und wer denkt, dass dies nicht stimmen kann, da die meiste Kleidung in Second-Hand Geschäften sowieso nur altmodischer Kram sei, der sollte jetzt ganz genau aufpassen. Wir sind durch Trouvé gestöbert und haben DIE Klassiker gefunden, die einfach in jedem Kleiderschrank hängen müssen.
Angefangen mit dem absoluten Hingucker: ein auffallend rotes Spitzenkleid mit Carmen Ausschnitt, durch den verführerisch die Schulter betont und der Hals gestreckt wird, aber elegant bis zum Boden fällt und die Figur betont. Nur einen Kleiderbügel weiter wartet das kleine Schwarze: ein kurzes schwarzes Kleid passend für jeden Anlass, zu jedem paar Schuhen, zu allen Accessoires. Weiter geht’s mit der Lederjacke. Lässig, cool, leicht kombinierbar und immer ein Hingucker. Und nur ein Schritt weiter findet man den absoluten Allrounder unter den Outfits. Ein schicker schwarzer Rock und eine zarte weiße Bluse. Zudem gibt es eine Vielzahl an Jeansblusen und natürlich DAS Kleidungsstück der Neuzeit, welches für immer IN sein wird: Jeans.
Auf die Frage, welches Kleidungsstück für immer in Mode sein wird, ist Susanne Schirach sich sofort sicher. Die klassische Jeans. Die Denim Hosen wurden Ende des 19. Jahrhunderts von Levi Strauss erfunden und waren ab den 50er Jahren nicht mehr aus dem Kleiderschrank wegzudenken. Sie durchlebte eine bemerkenswerte Evolution. Von der Arbeiterhose, zum Protestzeichen, bis hin zum Modestatement. Im geraden Schnitt, als Schlaghose, Skinny-Jeans oder High-Waisted. Die Jeans ist universell. Doch Susanne Schirach weiß auch: die richtige Jeans zu finden ist gar nicht so einfach.
"Frauen sind so herrlich unterschiedlich. Ich find das toll"
Susanne Schirach zeigt uns ihr Lieblingsposter. Darauf sieht man verschiedene Frauen in verschiedenen Jeanshosen nebeneinander liegen. Das Levis Werbeposter unterstreicht ihre Aussage über die Schönheit der unterschiedlichen Formen der Frau.
Wem das zu langweilig ist, der findet alles von grünen Satin Heels, zu grünen Ledermänteln, glitzernde Palliettenkleider, witzigen Weihnachtspullis, bis hin zu Retro-Kleidern im 80er Jahre Stil.
Ein Kleidungsstück, das man niemals tragen sollte, so etwas gibt es für Trouvé-Besitzerin Susanne Schirach nicht. „Es gibt für jedes Kleidungsstück die Frau, der es steht“. Auf die Frage, ob es etwas gibt, dass man auf gar keinen Fall anziehen sollte, folgt ein klares Nein. Mode soll keine Grenzen kennen. Tabus sind hier falsch. In der Mode gibt es kein zu alt, zu jung, zu kurz, zu bunt, zu lässig oder zu schick. Man soll sich wohlfühlen in dem was man trägt. Die Zeiten mit „Das würde ich so gern tragen aber…“ sind vorbei. Susanne Schirach spricht aber auch von einem Risiko, wenn ausgefallene Vintage Kleidung ihren Weg in den Laden findet. Susanne Schirach spricht aus Erfahrung wenn sie sagt, dass sich schlichte Kleidungsstücke leichter verkaufen lassen. Die Freude, wenn sich jemand für das ausgefallene Teil entscheidet, ist dann für beide Seiten umso größer.
Genau das macht den Stil aus, der unsere Zeit erreicht hat. Wir vermissen das Alte und werden nostalgisch. Vintage oder Retro nennt sich das Ganze. Schnitte und Muster aus vergangenen Jahrzenten finden sich immer wieder in den heutigen Kleiderschränken. Das gefällt Jung und Alt. Man hat die Chance Einzelstücke zu finden, die sonst niemand besitzt. Jedes Stück erzählt eine Geschichte und genau davon lebt die Mode. Sie erzählt eine Geschichte über die Person, die sie trägt. Dabei kann jeder entscheiden, ob er seinem gewohnten Kleidungsstil treu bleiben will oder sich lieber neu erfindet und zu etwas anderem greift. Mitte der Neunziger Jahre wachte die Modewelt auf. Mode hat nichts mehr mit Stilvorgaben zu tun, sondern sollte zum Ausdruck der Persönlichkeit werden. Individualität ist das neue Leitbild. „So bin ich“, das soll die Kleidung von nun an aussagen.
Genau diese Ansichtsweise fördert Susanne Schirach mit ihrem Second-Hand Shop. Sie ist sich sicher, dass Tübingen genügend Individualisten beherbergt, die ihrem Stil immer wieder einen neuen Touch verleihen möchten. "Trouvé - Samt und Sonders" freut sich über jeden Kunden, der egal ob ausgefallen oder schlicht, zufrieden und mit neuen Schätzen den Laden verlässt. So verabschiedet Frau Schirach ihre Kunden genauso herzlich wie sie sie begrüßt und freut sich auf ein Wiedersehen in ihrem kleinem Second-Hand Geschäft.
von Jennifer Bajrami