Zürich 01.10.2009 - 04.10.2009

Chefsache ist eine unternehmerische Studienreise.

Wir kommen, um von den Besten zu lernen.

Wir lieben gute Ideen und interessante Geschichten.

Wir wollen wissen, was man nicht googlen kann.

Wir wollen wissen, welcher Mensch uns gegenübersitzt.

Wir wollen wissen, woran er glaubt.

Wir hören nie auf, neugierig zu sein.

Wir gehen verantwortungsvoll mit Information um.

Mit jedem Vortrag, mit jeder Diskussion wachsen wir.

Nach der Chefsache ist vor der Chefsache.

Marco Hirsbrunner

South Pole

Unsere erste Station führt uns in den Zürcher Technopark. Hier eröffnet uns Marco Hinsbrunner von der Firma South Pole eine neue Welt – die der Carbon Markets. South Pole wurde 2006 von fünf Gründern aufgebaut – sie kamen von McKinsey & Company, von der Schweizer Stiftung myclimate und der Deutschen Firma 500 PPM. Heute hat South Pole 75 Mitarbeiter, die 140 Projekte in 20 Ländern betreuen. „Wir haben uns die Welt in Regionen aufgeteilt“, erklärt Carbon Asset Manager Marco Hirsbrunner. Er selbst hat einst das Büro in China aufgebaut, von dem aus lokale Projekte betreut werden. Neun solcher Büros, die über die ganze Welt verstreut sind, hat South Pole – in Zürich befindet sich der Hauptsitz.

Für South Pole teilt sich die Welt der Carbon Markets auf in die sogenannten „Voluntary“ und „Compliance“ Märkte. Auf den „Voluntary“ Märkten können Kunden freiwillig Emissionszertifikate erwerben, ohne dass Sie dazu verpflichtet wären. Einige Unternehmen tun dies bspw. um ihre Reisetätigkeiten oder die gesamte Unternehmung CO2-neutral zu gestalten, um klimaneutrale Produkte anzubieten und es für Marketingzwecke zu nutzen. Es dominieren daher auch Projekte mit einer guten Story. Gängig sind Baumpflanzaktionen, Schulprojekte und andere Maßnahmen, die den Carbonausstoß neutralisieren können. South Pole ist weltweit einer der größten, wenn nicht der größte Entwickler von freiwilligen Emissionssenkungsprojekten mit hoher Qualität. Die Projekte folgen in der Regel dem Gold Standard, hinter dem der WWF und diverse andere Nichtregierungsorganisationen stehen oder dem Voluntary Carbon Standard, der vom World Economic Forum und namhaften Firmen wie Google, Nike, Coca Cola, Swiss Re, Nestle, HSBC usw. unterstützt wird. Das zweite Standbein von South Pole sind die „Compliance“ Märkte. Die „Compliance“ Märkte befassen sich ähnlich den „Voluntary“ Märkten mit Projekten, die den Ausstoss von Treibhausgasen reduzieren. Allerdings handelt es sich hierbei um von der UN zertifizierte Projekte im Rahmen des Kyoto-Protokolls. Stichwort ist der „Clean Development Mechanism“ (CDM), wie man es in Fachkreisen nennt. Dieser Mechanismus nutzt einen interessanten Tatbestand: Die Reduktion von Treibhausgasemissionen ist in Entwicklungsländern in aller Regel zu weit geringeren Kosten möglich als in Industrieländern, da bspw. die Energieerzeugung in Entwicklungsländern weniger effizient ist und da es viel günstiger ist Neuanlagen in Entwicklungsländern von Anfang an besser zu gestalten als alte Anlagen bei uns nachzurüsten. Um die Gefahren eines Klimawandels möglichst gering zu halten, ist es jedoch irrelevant, wo der Ausstoss von Treibhausgasen verringert wird. Darüber hinaus haben die Entwicklungsländer kumuliert betrachtet seit der Industrialisierung praktisch nicht zu dem Problem beigetragen und emittieren auch heute pro Kopf nur sehr geringe Mengen an Treibhausgasen. Es muss also einen Mechanismus geben, der die Entwicklungsländer für ihre Bemühungen kompensiert. Der CDM-Mechanismus gestattet es den Industrieländern, einen Teil ihrer im Kyoto-Protokoll vertraglich festgelegten Reduktionsziele zu erreichen, indem sie in Reduktions-Projekte in Entwicklungsländern investieren. Zugleich sollen Entwicklungsländer Zugang zu neuen Technologien erhalten, mittels derer ein effizienteres Wirtschaften möglich ist.

Diese Art von Reduktions-Projekten führt South Pole durch und kümmert sich in einem zwei- bis dreijährigen Prozess darum, dass das Projekt bei der UN registriert wird, in Folge jedes Jahr Emissionsrechte generiert und um die Vermarktung der Emissionsrechte an Grosskunden in Industrieländern. South Pole bezahlt während dieser Phase die hohen Kosten für externe Validierer, wie z.B. SGS, für die Registrierung etc. sowie seine eigenen Kosten. Wenn das Projekt erfolgreich ist, bekommt South Pole einen kleinen Teil des Vermarktungserlöses aus den Emissionsrechten. Somit trägt South Pole das Marktrisiko – eine gute Sache mit einem sehr ernsten Hintergrund.

Marco Hirsbrunner weiß genau, womit er seine Brötchen verdient. Als er gefragt wird, ob er denn daran glaube, dass die Welt ihre CO2-Emissionen eines Tages in den Griff bekommt, muss er nicht lange nachdenken: „Auf jeden Fall – wir sind heute schon auf einem guten Weg.“

Abends beschimpfen einige von uns den Handel mit Emissionszertifikaten als „Ablasshandel“ – andere sind begeistert von dem Mechanismus. Wir werden zu keiner abschließenden Meinung kommen. Doch eine nachhaltige Wirkung hatte dieser Besuch für uns allemal – nach unserer Reise nach Zürich haben wir in ein CO2-reduzierendes Projekt investiert, um die durch unseren Trip verursachten CO2-Ausstöße zu neutralisieren.

Prof. Jürgen Späth

Projekttriangle Design Studio

Unverschämt pünktlich erscheinen wir in der vierten Etage der Zürcher Hochschule der Künste, wo uns Prof. Jürgen Späth erwartet. Alter und Aussehen erscheinen bei ihm weniger professoral, doch seinem Vortrag merkt man die Routine eines Multitaskers an, der neben seinem eigenen Designstudio auch noch eine Professur wahrnimmt – seine Sätze strahlen angenehme Ruhe aus und sind sämtlich druckreif. Seit 1998 ist er selbständig und 2002 nach Zürich gekommen.

Die Vielfalt seines Schaffens, von Corporate Identity Projekten über die Gestaltung von Modeläden über die Herstellung von Imagebüchern bis hin zur Gestaltung von graphischen Benutzeroberflächen, zeigt er in einer Präsentation auf, die in einer handvoll Folien jedes Projekt aufzeigt. Beeindruckend ist, wie selbstverständlich sich hier einer auf scheinbar völlig verschiedenen Feldern, zudem mit sehr unterschiedlichen Stilen, bewegt. So füllen sich die drei recht abstrakt klingenden Arbeitsgebiete des von ihm und zwei Partnern geleiteten Designbüros Projekttriangle in Stuttgart schnell mit Leben: Interaction Design, Contemporary Graphic Design sowie Information Design bietet das Projekt an. Die Kundschaft lässt sich sehen. Für Wolfram Siebeck wurde ein Kochbuch der verpönten Küche sehr naturalistisch mit jenen Innereien bebildert, die den Schwerpunkt der Rezepte ausmachen. Für Hugo Boss konzipierte man verschiedene Flagship Stores, darunter jenen in Shanghai. Für Holzmedia schuf man ein exquisites Look Book, das nicht nur bei den Vertrieblern des Möbelherstellers, sondern auch bei der Fachjury und Hochschulen viele Fans fand.

Dass Projekttriangle bei der Umsetzung ihrer Projekte selten den einfachsten Weg geht, bekommen neben den Auftraggebern, denen man regelmäßig eine entspanntere Haltung zu Budgetvorgaben abverlangt, auch die Zulieferer zu spüren. Für sie bedeuten Aufträge der Projekttriangle meist Herausforderungen – doch an denen wächst man ja. Dass die Umsetzung der anspruchsvollen Konzepte sich auf die Ergebnisrechnung des Büros mitunter suboptimal auswirkt, gesteht Späth mit der Bemerkung ein, man sollte sich über zehn Jahre nach Gründung vielleicht über die Wirtschaftlichkeit mehr Gedanken machen. Andererseits, solange er die Kunden, mit denen er den intensiven Dialog sucht, sich auf die Projekte einlassen, ist es jedenfalls ein Gewinn für anspruchsvolle Genießer guten Designs.

Dr. med. dent. Haleh Abivardi & Dr. med. dent. Golnar Abivardi Signer

Swiss Smile

An einer der besten Adressen in der Zürcher Innenstadt ganz vorn in der Zürcher Bahnhofstraße werden wir empfangen mit einem umwerfenden Strahlen. Dieses Strahlen ist das Markenzeichen der beiden Gründerinnen von Swiss Smile – dem bekannten Kompetenzzentrum für Zahnmedizin. Dort erzählen uns Dr. med. dent. Haleh Abivardi und Dr. med. dent. Golnar Abivardi Signer ihre unglaubliche Erfolgsgeschichte – und freuen sich selbst dabei mindestens ebenso sehr wie wir. Sie sind Schwestern. Beide sind Mütter und Ehefrauen – und zwei preisgekrönte, extrem erfolgreiche Unternehmerinnen.

Los geht’s jedoch nicht mit einem Vortrag, sondern mit einem kurzen Besuch in den ehemaligen Räumen der UBS im Zürcher Hauptbahnhof, wo die Abivardis ihre Praxis in der Anmutung eines Aquariums umgebaut und vor sechs Jahren eröffnet haben. Ihre Erfolgskriterien: Eine tolle Umgebung, verschiedene Spezialisten an einem Ort und eine perfekte Organisation für uneingeschränkten Service. Die Praxis ist 365 Tage im Jahr geöffnet – sogar am Sonntag. Wochentags öffnet die Praxis um sieben Uhr morgens und schließt erst um neun Uhr abends.

15 Prozent Marktanteil haben sich die Schwestern in Zürich erarbeitet – damit sind sie unangefochtener Marktführer. Zwischen 300 und 400 Patienten bedient Swiss Smile täglich im Zürcher Hauptbahnhof. Dazu kommen die Praxen in der Zürcher Bahnhofstraße, in St. Moritz, Davos und London – weitere Standorte sollen bald folgen. Die Patienten heißen Gäste bei Swiss Smile. Stammgäste zählt das Unternehmen rund 60.000. Darüber hinaus rühmen sich die Abivardis „fairer Preise“. Hochangesehene Spezialisten der Zahnmedizin arbeiten heute bei den Abivardis, einige von ihnen haben die beiden Schwestern früher ausgebildet. „Die Ärzte kommen zu uns, weil sie sich bei uns nicht um die Administration kümmern müssen. Sie können sich mit anderen Spezialisten austauschen und sich an unserer Akademie fortbilden.“

Bereits nach ihrem Studium der Zahnmedizin wollten die beiden gemeinsam eine Praxis in Zürich eröffnen, doch sie bekamen keinen Kredit. Einer der Gründe dafür: Zürich hat die größte Zahnarztdichte weltweit. Sieben Jahre sind die beiden täglich drei Stunden gependelt, um außerhalb von Zürich als Zahnärztinnen zu arbeiten. „Irgendwann hatten wir genug davon, also haben wir uns auf die Suche gemacht nach einem passenden Ort für eine Praxis.“

Um zu ihrem Ziel zu kommen, mussten sich die beiden temperamentvollen Damen etwas ganz Neues einfallen lassen. Mit den ehemaligen UBS-Räumen im Zürcher Hauptbahnhof haben sie den aus ihrer Sicht perfekten Ort für ihr neuartiges Kompetenzzentrum gefunden, an dem sie mit hoher Serviceorientierung verschiedene Spezialisten zusammen führen wollten. Die Stadt fand ihre Idee gut. Die Banken waren zurückhaltender: „Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten.“ Doch genau das liegt den beiden Unternehmerinnen. Self-Marketing ist das, was sie groß gemacht hat. So haben sie beispielsweise auch den „Tag des Zahnarztes“ in Zürich eingeführt – wieder ein Erfolg für die Praxis.

Im Jahr 2003 starteten die Beiden mit 20 Angestellten, doch wie sie die Löhne der Angestellten bezahlen sollten, das wussten die Abivardis damals nicht. Für Konzept, Umbau, Personalsuche und Marketing war ihr ganzes Geld drauf gegangen: „Wir sind mit null Franken gestartet.“ Glücklicherweise hatten sie im Vorfeld viel getrommelt für ihr neuartiges Praxiskonzept: Lange Schlangen bildeten sich am ersten Tag vor der Aquariums-Praxis. Dazu kam ihre Idee, die Patienten direkt nach der Behandlung bezahlen zu lassen. „Cash for care“ nennen die Beiden ihr Konzept, das ihren Cash Flow sichert. Auf diese Weise war die Praxis innerhalb kürzester Zeit Break Even.

Im Oktober 2006 wurde es für Swiss Smile mit einem Umsatz von zehn Millionen Euro und einem Gewinn von 1,3 Millionen Euro zu eng im Hauptbahnhof. Als sich den beiden Schwestern die Gelegenheit bot, die oberen Stockwerke eines Wohnhauses gleich gegenüber dem Hauptbahnhof zu kaufen, schlugen sie zu. Damit gingen sie tief ins Risiko, jedoch: „So eine Gelegenheit konnten wir uns einfach nicht entgehen lassen.“ Auch diese Investition haben die beiden Unternehmerinnen nach eigenen Angaben längst wieder erwirtschaftet.

„Unser Marketingbudget ist sehr klein“, beteuern die beiden Schwestern. Woher dann diese Bekanntheit? „Wir hatten Glück, dass die Presse auf uns aufmerksam geworden ist, das hilft uns enorm“, so die Abivardis. Tatsächlich sind die beiden attraktiven Zahnmedizinerinnen stadtbekannt und oft in den Gazetten.

Dennoch hat es dann in der 2007 in London eröffneten Praxis etwas länger bis zum Break Even gedauert – nämlich 22 Monate. Dort habe man heute 150 Kunden am Tag. „Wir haben noch Kapazitäten frei“, so die Schwestern. Dafür heimsten die beiden Zahnärztinnen in London gleich fünf Preise bei den „Leading Dentists“ ein – eine Sensation in der Branche. Kein Wunder: Swiss Smile hat überall die gleiche Musik, in den Praxen wird der gleiche Duft versprüht, sogar eine eigene Software wurde entwickelt und Patienten können ihre eigenen Operationen am Monitor mit verfolgen. Mit Anti-Aging-Produkten und Conditioner für die Zähne lockt Swiss Smile obendrein. „Wenn man eine Vision hat, kann man sich leider nicht bremsen“, fassen die beiden Schwestern ihre beeindruckende unternehmerische Leistung treffend zusammen. Dabei sind die Beiden noch lange nicht am Ende: Die nächste Neueröffnung steht schon an – dieses Mal in Bangalore in Indien. Nächstes Jahr sollen Praxen in Bangkok und Genf folgen.

Dr. Thomas Gartenmann

Manres

Während die Parallelgruppe bei Zumtobel viel zum Thema Beleuchtung erfahren hat, ging es bei unserem Treffen mit Herrn Dr. Gartenmann eher um Erleuchtung, nämlich zum Thema Leadership und Entscheidungsumsetzung. Nach fast 20 Jahren Beratung bei BCG hat sich dieser vor einigen Jahren entschieden, sich einer Art Beratungstätigkeit und Coaching zu widmen, was die Menschen und deren Wahrnehmung, Denken, Fühlen und Handeln in den Mittelpunkt stellt. Statt sich wie ein ‚normaler‘ Berater mit dem WIE der Zielerreichung zu befassen, geht es ihm jetzt mehr um das WARUM (oder eben WARUM NICHT). Dafür sollte man sich, argumentiert Gartenmann, zunächst seiner Ziele bewusst werden. Aber wie suche ich das richtige Ziel aus? Je stärker die emotionale Verbindung mit der eigenen Vision und Mission, desto stärker die Motivation, lautet seine These. Wenn ich ein für mich (und meine Unternehmung) überzeugendes WARUM gefunden habe, klappt der Rest wie von selbst. Unser engagierter Präsentator schärfte uns ein, nicht in die Opferrolle zu verfallen (also ‚automatisch‘ Situationen re-aktiv zu erleben d.h. ohne Einfluss nehmen zu können), sondern bewusst selbst zu bestimmen, also ‚Autor‘ zu sein. Das beinhaltet, den Raum zwischen Stimuli (als äusseren Event) und der eigenen Reaktion aktiv zu gestalten, um typische „reaktive“ Reaktionsmuster zu durchbrechen. Als eine Strategie den eigenen Fokus und die Wahrnehmung zu ändern, schlägt er vor, einige Wochen die ‚Dankbarkeitsübung‘ auszuprobieren: Jeden Morgen oder Abend 20 Dinge aufzuschreiben, für die man dankbar ist. Unser Referent prophezeite, dass sich nach einigen Wochen ein ganz anderes Gefühl von Glück einstellen wird, weil man den Wahrnehmungsfokus geändert hat. Es gibt nur Wahrnehmung keine Falschnehmung. Als nicht einfach erwies sich die Übung, typische Probleme in Opfer- und dann in Autorensprache zu formulieren. Dr. Gartenmann gibt uns mit auf den Weg, dass bewusst gelebte Autorenschaft uns zu grösserer innerer Freiheit und Verantwortung verhilft. Als ersten Schritt in diese Richtung beginnen wir jetzt mit unserer Dankbarkeitsübung und danken Dr. Gartenmann für neue Gedanken über Leadership und eigene Entscheidungen!

Daniel Cathomen

Zumtobel

Von außen macht das Zumtobel Lichtforum zunächst wenig her, was vor allem an dem Gerüst liegt, dass das Gebäude umgibt. Der Eindruck ändert sich radikal als wir den Showroom betreten. In einem weitläufigen Raum voller Lichtinstallationen empfängt uns ein glänzend gelaunter Daniel Cathomen und bewirtet uns erstmal vorzüglich mit Schnittchen und Getränken. Nach einem Plausch steigen wir in das Thema ein. Natürlich geht es um Licht in all seinen Facetten. Zumtobel will mit Licht Erlebniswelten schaffen, Arbeit erleichtern, Sicherheit erhöhen, und das bedeutet jeweils völlig unterschiedliche Anforderungen an die Lichtlösung. Zumtobel berät, meistens umsonst, mit dem Ziel, eine ganzheitliche Lichtlösung basierend auf den marktführenden Zumtobel Produkten umzusetzen. Wir erfahren, dass LEDs für helle Bereiche noch nicht geeignet sind. Erfahren, was eine hybride Leuchte ist, wie man weiße Wände beleuchten sollte, um eine gewünschte Atmosphäre zu erzeugen, wie man Licht mit Licht kombiniert, was man mit LEDs alles machen kann, warum Installateure Zumtobel Lampen mögen, dass im LED Bereich noch viele Normen fehlen. Vor allem sehen wir faszinierende Produkte. Daniel Cathomen präsentiert sein Thema mit viel Verve und perfekter Präsentationstechnik. Seit 18 Jahren arbeitet er für Zumtobel und kann sich immer noch für das Thema Licht und für Zumtobel begeistern. Licht ist immer da, sagt er, und ihm mache es Spaß, einen Trend zu setzen statt hinterherzulaufen. Währenddessen reift in mir der Entschluss, die Beleuchtung meiner Wohnung mal gründlich auf den Prüfstand zu stellen (und an meiner Präsentationstechnik zu arbeiten). Im wahrsten Sinne des Wortes eine erhellendes Erlebnis.

Adrien Weber

Turbinenbräu – Bier für Zürich

Die letzte Station unseres ersten Tages ist die Zürcher Brauerei Turbinenbräu. Gerade für die männlichen Teilnehmer von Chefsache wahrscheinlich das Highlight des Tages. Nach fünf vorangegangenen Vorträgen sind wir schon leicht angeschlagen und drücken uns müde zwischen Bierkisten und Merchandising-Artikeln in der grossen Brauereihalle herum.

Dann kommt der Chef, Adrien Weber. Sofort fühlen wir uns in unseren Anzügen und Kleidern deplatziert bei dem jung gebliebenen Mittvierziger mit seiner verwaschenen Jeans und seinen aufgeschlagenen Hemdsärmeln.

Eigentlich mache er solche Führungen nicht mehr, beginnt Adrien Weber dann auch seinen Vortrag. Nur unserem Teilnehmer Peter Hogenkamp zuliebe – selbst treuer Kunde – erzähle er das jetzt alles nochmal. Wir lächeln dankbar und folgen ihm in den hinteren Teil der Brauerei. Die erste Station auf unserem Rundgang ist die so genannte Vakuumverdampfungsanlage. Aber er wolle uns jetzt nicht mit den Details der Bierbraukunst langweilen, hebt der studierte Lebensmittelchemiker an. Was stattdessen folgt, ist seine unglaubliche Erfolgsgeschichte.

Es war im Jahr 1996, als in Zürich mit der Brauerei Hürlimann die letzte grosse Brauerei ihre Produktion einstellte. Adrien Weber wollte diesen Niedergang der Zürcher Braukultur nicht akzeptieren. Gemeinsam mit zwei Partnern schmiedet er den Plan, jetzt selbst Bier zu brauen. Nach zahlreichen Absagen der Banken landeten die Gründer zunächst bei ihren Freunden, die ihnen tatsächlich zum grössten Teil finanziell unter die Arme griffen, und dann bei der Alternativen Bank Schweiz. „Vielleicht hätten wir dorthin zuerst gehen sollen“, so Adrien Weber, denn die Bank zeigte sich kooperativ. Mit einem Startkapital von einer Million Schweizer Franken wurde die Turbinenbräu AG gegründet.

Dann wurde in wenigen Monaten das entwickelt, worin bis heute der Erfolg der Zürcher Brauerei begründet ist: Hochwertige Rohstoffe, eine lange Reifezeit, keine Pasteurisation oder Konservierungsstoffe – das Turbinenbräu-Bier ist ein natürliches Frischprodukt, das nur drei Monate haltbar ist. Jede Woche wird es frisch in Zürich abgefüllt und nur in der Schweiz vertrieben – zum grössten Teil sogar lokal.

Webers Bier mit dem besonderen Retro-Etikett war auf dem Zürcher Markt heiss ersehnt. Schnell erarbeitet er sich einen treuen Kundenstamm, der sich in rasender Geschwindigkeit erweiterte. Bereits nach einem Jahr mussten die Produktionskapazitäten verdoppelt werden, nach fünf Jahren wurde es zu eng in der Brauerei. Für einen neuen Standort brauchte Adrien Weber jedoch viel frisches Kapital. Also setzte er eine Webseite ins Netz „www.sowerdeichreich.ch“, auf der man Scheine zeichnen konnte. Heute gehört Turbinenbräu 400 Aktionären, Weber hält einen Anteil von 60 Prozent.

Sieben Millionen Euro steckte Adrien Weber in die neue Brauerei in der Badenerstrasse in Zürich. Glücklicherweise ging das Wachstum seitdem jedoch kontinuierlich weiter. Jahr für Jahr wächst die Brauerei um rund 20 Prozent. Turbinenbräu beliefert rund 100 Gastronomiebetriebe in und um Zürich – das macht 90 Prozent der Umsätze aus. Dafür geht Adrien Weber viel aus, trinkt sein eigenes Bier an Orten, an denen es ausgeschenkt wird, und plaudert mit Wirten und Endkunden. „Ich möchte keinen Kunden verlieren. Das ist viel schlimmer als 100’000 Euro weniger Umsatz zu machen. Darunter leide ich langfristig. In der Bierbranche lebt man von seinen Beziehungen“, seine Erklärung dafür.

Sein Beziehungsmanagement trägt Früchte: Im vergangenen Jahr wurde die Produktionshalle erweitert, um neben den anderen Tanks, die uns bereits riesig erscheinen, noch drei grössere 300-Hektoliter-Tanks zu platzieren. Diese enormen Kapazitäten braucht er für so bierselige Ereignisse wie Fussball-Weltmeister- oder Europameisterschaften oder auch lange Hitzeperioden. „Man muss auf Grossereignisse reagieren können“, so Weber.

Trotz der tollen Erfolgsgeschichte: Die ersten fünf Jahre seien schlimm gewesen. Zwischenzeitlich hätte das Geld gefehlt, um die Mitarbeiter zu bezahlen. Sieben Mitarbeiter hat Turbinenbräu heute, damals waren es weniger. „Ich würde es nicht noch einmal so machen“, überrascht Weber uns. Wir glauben es kaum, bei so viel Erfolg, bei seiner erkennbaren Zufriedenheit, und bei so guten Ergebnissen: Im Jahr 2008 hatte Turbinenbräu einen Umsatz von 2,9 Millionen und einen Cashflow von 0,8 Millionen Franken.

Dabei weist Adrien Weber immer wieder darauf hin, dass er im Gegensatz zu den grossen Brauereien keine hohen Werbekosten habe. „Wir machen im Prinzip genau das Gegenteil von dem, was die Grossen der Branche tun”, so seine Erfolgsformel. Auch seine persönliche Erfolgsformel hören wir immer wieder an diesem Abend: „Ich mach‘ es so, wie es mir wohl ist.“ Und niemand unter uns zweifelt daran, dass sich der authentische Unternehmer tatsächlich genau so verhält.

Mit einer ausgiebigen Bier-Verkostung endet unser Vortrag bei Turbinenbräu und damit auch der offizielle Teil unseres ersten Tages in Zürich. In der Produktionshalle hat sich mittlerweile eine Traube begeisterter Anhänger um Adrien Weber gebildet. Mit Hochachtung freuen wir uns über die aussergewöhnlichen Statements von Adrien Weber, der gern die grossen deutschen Biermarken auf die Schippe nimmt.

Aber irgendwann an diesem Abend hat er auch einen Satz gesagt, der hatte eine tief ernste Note. „Wenn ich nicht mehr an die Orte gehöre, an denen mein Bier ausgeschenkt wird, wenn ich zu alt bin, um bis vier Uhr morgens in Clubs zu gehen, dann muss ich aufhören. Dann nimmt mich keiner mehr ernst.“ Der Mann hat wirklich eine klare Vorstellung von seinem Lebenswerk. Wir nehmen einen letzten Schluck „Rekord“-Bier und trollen uns tief beeindruckt zum Käsefondue.

Mark Jacob

The Dolder Grand

Was für ein herrlicher Morgen, was für ein sagenhafter Blick. Als wir die Dolder Bahn verlassen, ist die Luft kühl, aber die strahlende Morgensonne taucht das Dolder Grand in warmes Licht und lässt den Zürisee unter uns glitzern.

Resident Manager Mark Jacob und seine Assistentin Isabel Müller empfangen uns sehr herzlich und zuvorkommend. Sie eröffnen uns den Zugang zu einer Welt, die uns sonst meistens verschlossen bleibt. Wir folgen und staunen. Im Inneren des 5-Sterne-Hotels ist alles vom Allerfeinsten. Der Prunk der alten Tage trifft auf stilsicheres zeitloses Design. Unter der Regie des britischen Star-Architekten Norman Foster wurde das traditionsreiche alte Hauptgebäude aus dem Jahr 1899 liebevoll restauriert, die Symmetrie des Komplexes wiederhergestellt und durch einen organisch geschwungenen Anbau mit zwei neuen Flügeln ergänzt. Nicht ohne Stolz lenkt Mark Jacob unseren Blick als erstes auf „the Kiss“, wie die Schwelle zwischen ursprünglichem Gebäude und Neubau bezeichnet wird. Der Übergang ist so dezent geraten, dass er uns nicht aufgefallen wäre.

Insgesamt wurden vier Jahre Umbauzeit und die schwer vorstellbare Summe von vierhundertvierzig Millionen Franken in den Relaunch investiert. Aber mit Urs E. Schwarzenbach hat man einen Mehrheitsaktionär im Boot, der sich von Visionen leiten lässt. Und das Resultat gibt allen Beteiligten recht: Das im Frühjahr 2008 neu eröffnete Dolder Grand ist das führende Hotel in Zürich und spielt in einer Liga, in der man die weltweiten Konkurrenten an einer Hand abzählen kann. Natürlich zählt das Dolder Grand zu „the Leading Hotels of the World“. Auf 40.000 m² Fläche stimmt einfach jedes noch so kleine Detail, bis hin zu der Büchersammlung der Bibliothek, die in liebevoller Kleinarbeit ausgewählt wurde. Feinste Materialien überall, alte Kassettendecken und moderne Designelemente im Zusammenspiel, ein Sternerestaurant und ein gigantischer beeindruckender Spa Bereich. Fast jedes Zimmer verfügt über einen herrlichen Ausblick auf den See.

Als oberstes Ziel ihres Handelns nennt Mark Jacob den wunschlos glücklichen Gast – und das spürt man allerorts. Natürlich hat dieser Luxus auch seinen Preis: Ein Doppelzimmer im Dolder Grand kostet ca. 870 Franken, die 230m² große Carezza Suite, die wir auch besichtigen dürfen, kann man für 8.500 Franken mieten. Die größte Suite im Hotel hat sogar 400m².

Mark Jacob hat den gesamten Umbau begleitet und die Wiedereröffnung vor einem Jahr mit vorbereitet. Nach dem Rundgang zeigt er uns im Präsentationsraum des Hotels einige Folien und nimmt uns mit auf eine kleine Zeitreise, von 1899 bis heute. Der Neustart war natürlich nicht ganz einfach, weil die Finanzkrise auch am Dolder Grand nicht spurlos vorbei ging. Aber die Buchungszahlen steigen, während sie anderswo sinken, und die Gäste sind zufrieden. Das liegt nicht nur an dem außergewöhnlichen Gebäude, sondern vor allem an gutem Personal und klaren Werten: Echt, bewährt, selbstverständlich, spannend, exklusiv und präsent will man sein. Und die erfolgreiche Umsetzung lässt sich überall sehen, fühlen, spüren. Gerne wären wir länger geblieben, doch WWF wartet. Eines der reservierten Taxis ist derart verspätet, dass uns Mark Jacob kurzerhand noch einen Limousine für die Rückfahrt in die Stadt zur Verfügung stellt. Und spätestens jetzt macht er auch uns zu wunschlos glücklichen Gästen. Wir kommen wieder, ganz bestimmt!

Thomas Vellacott

WWF

Zwischen Tankstelle und Broilerbüdchen nicht leicht, aber dank des Pandabären auf der Hauswand doch noch zu erkennen, befindet sich die Schweizer Zentrale des WWF, wo wir den Leiter Programm, Thomas Vellacott, treffen. Das erste, was uns am WWF beeindruckt, ist der extrem gute Kaffee, den wir hier bekommen. Anschließend erwartet uns ein Vortrag, der wohl den nachhaltigsten Eindruck und das unmittelbarste Bedürfnis zur Aktion bei den meisten hinterlassen hat. Das hat natürlich zum einen mit der selbstgestellten Aufgabe des WWF, der globalen Naturzerstörung Einhalt zu gebieten, zu tun. Wie notwendig das ist, zeigt ein eindrucksvoller Film des WWF, der es trotz Darstellung der dramatischen ökologischen Verhältnisse weltweit nicht versäumt, auch Lösungsvorschläge zu präsentieren. Zum anderen liegt die Qualität des Vortrags aber auch in Thomas Vellacott begründet. Der Ex-Banker und Ex-Unternehmensberater, seit seiner frühesten Jugend bereits WWF-Mitglied, merkte in seinen alten Berufen irgendwann, dass mit der Verdreifachung des Gehalts keine Verdreifachung der Zufriedenheit einherging. Dass es ihm wenig Kummer bereitet, jetzt für die Hälfte seines vormaligen Gehalts zu arbeiten, ist unschwer zu erkennen, so leidenschaftlich ist er bei seiner jetzigen Aufgabe. Die besteht darin, das Geld des WWF auszugeben und damit die größtmögliche Wirkung zu erzielen. In globalen Projekten, in lokalen Projekten, für Jugendarbeit, für Informationsmaterial, für Kooperationen. Hierbei hilft ihm seine bisherige Berufserfahrung. Denn so professionell der WWF auch geführt wird, so schwierig ist die Auswahl der richtigen Projekte. Schließlich gilt es, die knappe Ressource Geld so effizient und effektiv wie möglich einzusetzen. Die einzelnen Projektverantwortlichen müssen nun also genau darlegen, welche Wirkung ein für ihr Vorhaben genutzter Euro hat. Doch nicht alles lässt sich in Geld messen. So sagt Vellacott, eine der wichtigsten Ressourcen vor allem in der Schweiz seien die freiwilligen Mitarbeiter, die etwa durch ihre Überzeugungsarbeit in Fußgängerzonen Volksentscheide wesentlich beeinflussen könnten. 3 von 4 dieser Abstimmungen wurden in den vergangenen Jahren im Sinne des WWF entschieden. Ein weiteres sehr erfolgreiches Instrument des WWF erfordert ebenfalls wenig Geld: die Zusammenarbeit mit Großkonzernen. Ihnen zeigt der WWF, welche Produkte, Standorte oder Produktionsverfahren umweltverträglicher sind. Sei es, dass eine Handelskette gefährdete Fischarten aus dem Angebot nimmt oder eine andere ihr Kühlschrankangebot nach deren Stromverbrauch wählt – sie profitieren von der Marke des WWF und oftmals durch steigende Umsätze dank der gemeinsamen Vermarktung. Wichtig ist dem WWF aber immer, eine absolute Unabhängigkeit zu Firmen und Regierungen zu wahren. Einige der überraschenden Erkenntnisse, die wir von diesem Gespräch noch mitnehmen, sind zum einen die Abgeklärtheit Vellacotts beim Thema Atomenergie. Sie könne global betrachtet aufgrund der nur endlichen Uranressourcen nie mehr als eine untergeordnete Rolle bei der Lösung des zukünftigen Energiebedarfs spielen. Vor diesem Hintergrund sei es bedauerlich, dass derzeit so viel über dieses letztlich untergeordnete Problem diskutiert werden müsse. Und beim Thema Optimierung des persönlichen ökologischen Fußabdrucks sagt er, dass bei vielen Menschen nichts auch nur annähernd so eine Wirkung hätte wie die Reduktion der Anzahl von Flugreisen. Er hätte sein Verhalten diesbezüglich schon zu ändern begonnen und er sei nicht der einzige. Überhaupt gäbe es viele Beispiele für falsche Verhaltensweisen, die die Menschheit in ihrer Geschichte erfolgreich abgelegt hat. Das sei für ihn auch der Grund weiter für die Biodiversität der Erde zu kämpfen, denn letztlich habe der Mensch die Fähigkeit zu lernen und die richtigen Entscheide zu treffen, um seine Zukunft zu sichern. Nur droht manchmal die Zeit davonzulaufen.

Dr. Peter Hogenkamp

Blogwerk

„Wie kommt das Neue in die Welt” ist eine der Fragen, auf die der Gründer von Blogwerk, Peter Hogenkamp, eine genauso simple wie überzeugende Antwort weiß: Durch schlechte Usability des Alten sowie durch irrationale Unternehmertypen (wie ihn), die diese verbessern wollen. Seine derzeitige Unternehmung Blogwerk ist rund um Social Media aufgebaut – als Online-Verlag, Contentlieferant, aber auch Unternehmensberatung für Social-Media-Konzepte. Während Peter Hogenkamp über seinen Werdegang erzählt, wird deutlich, dass Blogwerk sicher nicht seine letzte verwirklichte Geschäftsidee bleiben wird – und zwar nicht aufgrund seiner angeblich mangelnden Anstellbarkeit in ,normalen’ Unternehmen, sondern weil sogar während seiner Unternehmenspräsentation jede Menge weitere Geschäftsideen aus ihm hervorsprudeln. So sorgt sich niemand von den Chefsache-Teilnehmenden wirklich um Peters Zukunft – zur Not könnte er immer seine Redekunst versilbern. Wäre die doch bloss skalierbar.

Daniel Freitag

Freitag Taschen

Weiter geht’s zu Freitag Taschen. Die Coolen unter uns Chefs kennen die Firma und ihre Produkte – die seit Anfang der 90er vor allem bei Radlern beliebten Umhängetaschen aus LKW-Planen – natürlich. Die weniger Trendigen lernen sie jetzt schnell kennen. Und zwar von keinem weniger als vom Mit-Gründer, Mit-Geschäftsführer und Mit-Namensgeber selbst, Daniel Freitag. Bruder jenes Mannes, auf den die drei vorgenannten Attribute ebenfalls zutreffen: Markus Freitag. Daniel führt uns zunächst durch die Fabrikhalle hoch in eine Art Konferenzzimmer, das einen angenehmen Start-up-Charakter bewahrt hat und an dessen Wand ein im sozialistischen Realismus gehaltenes Ölbild der Brüder ins Auge sticht.

Dass wir jedoch nicht die ersten sind, die sich diese Erfolgsgeschichte näher betrachten, merken wir schnell an Daniels routiniertem Vortrag. Insbesondere ein rhetorischer Trick, der diese Routine wiederum geschickt bricht, ein zusätzliches Spannungselement einführt und es Daniel erlaubt, die eigene Erfolgsgeschichte unprätentiöser rüber zu bringen, wird von einigen Chefs sofort in ihren schlauen Notizbüchlein vermerkt: Daniel zählt uns anhand von Folien zunächst einmal auf, was er uns alles nicht über Freitag Taschen erzählen will. Also wie er und sein Bruder unter dem Fehlen einer belastbaren, regendichten, praktischen Transporttasche für Fahrradfahrer litten. Wie der Blick aus ihrer Wohnung auf eine Verkehrsschlagader Zürichs und die auf ihr fahrenden LKWs samt ihrer bunten Planen fiel. Wie sie somit auf die Idee kamen, aus welchem Material man die Taschen fertigen könnte. Er will auch nicht von der ersten Tasche erzählen, die mehr oder weniger ihre damalige Form bis heute behalten hat. Davon, wie man anfangs vielleicht eine Tasche pro Tag nähte und aus dem Verkaufserlös das Material für die nächsten zwei finanzierte. Davon, dass sich Qualität und Design bald nicht mehr nur unter den Zürcher Fahrradcouriers herumsprachen, sondern auch unter weiteren Kreisen des modisch bewußten, mobilen, jungen Trendvolks. Auch dass man von Anfang an klare konzeptionelle und strategische Vorstellungen zur Positionierung, Preisgestaltung und zum Vertrieb hatte – so blieb etwa der Preis der Tasche beinah ähnlich zeitlos konstant, wie ihr Design. Auch daß jede Tasche aufgrund der unterschiedlichen Planen ein Unikat ist, erfahren wir ebenso nebenbei wie die Tatsache, daß Freitag fast die gesamte Wertschöpfungskette bewußt unter Kontrolle hat: Das Waschen der Planen, das Fotografieren und Zuschneiden der Planen, das Lagern der Taschen sowie das Fotografieren der fertigen Taschen von allen Seiten, damit sie im Onlineshop, wo sich jeder Kunde sein Design selbst aussuchen kann, ebenfalls von allen Seiten betrachtet werden können.

All das möchte uns Daniel offiziell nicht erzählen, sondern lieber all das, was er „ungoogable“ nennt: Was die Voraussetzungen und das Umfeld waren, die seine Geschichte ermöglichten. Das liberale, umweltbewußte Elternhaus. Die enge Beziehung zu seinem Bruder. Die Liebe zu Handwerk, Design, Stoffen, Materialien. Die Affinität zum Fahrradfahren. Der Einfluß des Heimatlandes nicht nur beim Thema Nachhaltigkeit, sondern auch Qualität. Der durch das Umweltbewußtsein abgeleitete Gedanke des Wiederverwertens, also Recycelns – neben LKW-Planen finden sich auch gebrauchte Autogurte und Fahrradschläuche in Freitags Produkten. Diese, da wird der Bogen dann zur Zukunft gespannt, werden behutsam ausgeweitet. Hatte Freitag bisher bei weitgehend gleichem Design und Material die Produktpalette in Richtung anderer Taschenformen, iPod-, Handy-, und Notebook-Schutztaschen und Brieftaschen erweitert, könnte es laut Daniel jetzt auch in andere Richtungen gehen. Schließlich sei man mit mittlerweile 80 Angestellten, 17 Jahren Firmengeschichte und einem Vertrieb im In- und Ausland nicht mehr das ganz kleine kultige Label. Und die ursprüngliche Kundschaft ist ebenso wie die Brüder auch, älter geworden. Vielleicht wird es also demnächst gedecktere Farben und andere Materialien geben. Vielleicht auch ganz neue Produktlinien – und mobile Verkaufsräume. Hauptsache, sie entsprechen den Grundpfeilern der Firmenphilosophie: Qualität, Funktionalität, Design, Nachhaltigkeit. Und im Mittelpunkt soll natürlich auch weiterhin die Wiederverwendung von Materialien in neuen Funktionen stehen. Die Re-Kontextualisierung von Material, wie die Freitag-Brothers das gefällig zu bezeichnen wissen.

Das alles hört sich nach einer großen Aufgabe an. Wer sich das zutraut, kann gerne bei Freitag anklopfen. Man sucht nämlich, so kann man es der Internetseite entnehmen, einen CEO. Chefs, das wär doch nur logisch und konsequent.

Antoinette Hunziker-Ebneter

Forma Futura Invest

Als Antoinette Hunziker-Ebneter die Finanzwelt betritt, prallen unterschiedliche Kulturen aufeinander. Eine Frau in der Männerdomäne Optionshandel, dazu noch mit einem klaren Wertekonzept von Offenheit, Integrität, und Fairness in einem Markt und zu einer Zeit, als viele heute verbotene Praktiken noch gang und gäbe waren. Aber sie versteht etwas von Optionen, was wenige tun, sie hat die Leute bei Citigroup von sich überzeugt, und sie ist erfolgreich. Der Aufstieg wirkt kometenhaft, ist es aber nicht. Mit 30 Jahren leitet sie den gesamten Handel des Bankhauses Leu und führt mit einer bis dahin ungewohnten Kultur. Sie leitet die Schweizer Börse, ihr „zweites Baby“ und führt später 150 Händler bei Julius Bär. Sie besteht auf eine offene Diskussionskultur, faire Entlohnung und fordert ein, dass auch an ihr offen und vor allen anderen Kritik geübt wird. Immer wieder gibt es auch aber auch Rückschläge, mal geht es seitwärts, oft weil sie ihre Überzeugungen und ihr Ziel von einer Demokratisierung des Marktes nicht durchsetzen kann und mit ihrer Skepsis gegenüber grenzenlosem Renditestreben aneckt. Das ist letztlich auch der Grund, warum sie die Forma Futura Invest AG aus der Taufe hebt, eine Vermögensverwaltung, die auf nachhaltige Investments fokussiert. Hier kann sie ihre Vorstellungen sowohl von wertorientierter Führung als auch von verantwortungsvollem Investorenhandeln umsetzen (offene Stellen gibt es dort aber derzeit nicht, Anm. d. Red.). Sie spricht über ein Urvertrauen, dass sie ihren Mitarbeitern geben will, über offenes Feedback über Teamworkshops, bei dem Werte in Tonskulpturen dargestellt werden, über die richtige Mischung aus Lebensqualität und Ertrag und über glückliche Bauern in der Toskana. Wir diskutieren über Werte, Optionen, Teilzeit, Josef Ackermann und Jürgen Dormann, Renditestreben und Armut, und wir hätten sicher noch sehr viele andere Themen ansprechen können. Mich beeindruckt die Kraft ihrer Botschaft, um so mehr da sie so unprätentiös daherkommt. Wir haben in den vergangenen Tagen viele coole Leute gesehen, und doch Frau Hunziker wirkt auf den ersten Blick eher konservativ, fast langweilig. Aber dennoch hat sie hat wahrscheinlich mehr verändertals die meisten anderen, weil sie für Ihre Werte eingetreten ist, in einem Umfeld, das oft nur den einen Wert kennt. Wenn das mal nicht cool ist.

Was das persönliche Glück betrifft, so ist ihr Ziel, nur noch das zu tun, was sie tun will. Zumindest ist sie so weit, dass sie nicht mehr tun muss, was sie nicht tun will, vielleicht noch bereits ein bisschen weiter.

Dr. Christoph Niederberger

LiberoVision

Mit der Frage „Abseits oder nicht?“ beschäftigen wir uns am Ende unseres zweiten Seminartages – ein echtes Highlight der vier Zürich-Tage. Zur Seite steht uns dabei Dr. Christoph Niederberger, der uns am Abend vor seinem Urlaub auf einen klärenden „Ausflug in die virtuelle Sportwelt“ mitnimmt. Denn das Produkt seines einzigartigen Startups LiberoVision dient genau dazu, die Sache mit dem Abseits umfassend unter die Lupe zu nehmen – die Erfüllung eines Traums für die ganze Fußballwelt.

Bereits in seiner Dissertation mit dem Titel „Künstliche Intelligenz in Computerspielen“ an der ETH Zürich legte Dr. Christoph Niederberger sowas wie den Grundstein für seine Selbständigkeit, die im Jahr 2005 ihren Anfang nahm. Damals hatte er – begeisterter Fußballfan – gemeinsam mit seinem Freund und Kommilitonen Dr. Stephan Würmlin eine geniale Idee: Bestehende Kameraströme von Übertragungen eines Fußballspiels aufzunehmen und im Nachhinein zusätzliche Kameraströme aus zusätzlichen Perspektiven zu errechnen. „In der Regel verfolgen mindestens fünf Kameras ein Fußallspiel“, so Dr. Christoph Niederberger, „und dazwischenliegende Perspektiven können wir mit unserer Software errechnen.“

„Magische Kamera“ nennen Dr. Christoph Niederberger und Dr. Stephan Würmlin ihre geniale Idee. Doch jeder Gründer weiß: Eine gute Idee ist zwar notwendige Grundlage der erfolgreichen Selbstständigkeit, doch zum Erfolg gehört mehr. Dafür haben sich Niederberger und Würmlin erst einmal Unterstützung geholt – und zwar beim Venture-Challenge-Kurs von Venturelab an der ETH und beim CTI Startup, einer Förderinitiative der Eidgenossenschaft. „Hier haben wir uns zum ersten Mal mit so wichtigen Fragen beschäftigt wie ‚Wer kauft das Produkt‘, ‚Wie groß ist der Markt‘ oder ‚Wie sieht der Businessplan‘ aus?“ so Niederberger. „Extrem hilfreich“, meint der erfolgreiche Unternehmer rückblickend.

Auch Bestätigung ist aus Sicht Niederbergers wichtig, bevor das eigene Unternehmen an den Markt gebracht wird. LiberoVision suchte diese bei verschiedenen Startup-Wettbewerben – und bekam sie auch unter anderem mit einer Venture- Auszeichnung 2006 als einer der zehn besten Businessplan-Ersteller und später mit dem Swiss Technology Award 2007.

LiberoVision wurde als Spin-Off der ETH Zürich gegründet. Dabei war viel Selbstbewusstsein gefragt, denn zunächst einmal stellten sich die Gründer harten Verhandlungen mit der ETH, um möglichst eigenständig an den Start gehen zu können – mit Erfolg. Danach ging es so richtig los: „Unsere erste Investition war eine Kaffeemaschine“, schmunzelt der Firmengründer. Doch nicht jede der nun folgenden Entscheidungen war so einfach: Zur Finanzierung des Unternehmens mussten die Gründer eine schwierige Bittsteller-Runde bei verschiedenen potentiellen Investoren hinter sich bringen. Ein Jahr nach der Gründung hatte das Unternehmen dann Glück: Die Zürcher Kantonalbank und die Swisscom waren begeistert von der innovativen Idee der Doktoranden und übernahmen einen Teil der Finanzierung des Startups.

Eine echte Herausforderung war jedoch das, was die Gründer in ihren Workshops als „bring your product from research to market“ kennen gelernt hatten. Dazu fuhren sie zunächst einmal monatelang mit einem Mietwagen und ihren Computern und Servern zu Fernsehproduktionen. Denn ihr Programm DiscoverEye musste im TV-Betrieb getestet werden. „Dabei haben wir beispielsweise erst verstanden, wie vielen Beteiligten wir gegenüber standen – Produktionsfirmen, Sendern, Technikern, Redakteuren und zuletzt Moderatoren“, erzählt Dr. Christoph Niederberger.

Zur ersten, erfolgreichen Premiere kam es noch im Jahr 2007 bei einem Schweizer Fußballspiel. Das erfolgreiche Beispiel machte Schule. So war Libero- Vision für das ZDF und den US-Sender ESPN bei der Euro2008 dabei. Hier diente den ambitionierten Wissenschaftlern und Gründern insbesondere der gekonnte Einsatz von DiscoverEye durch Jürgen Klopp im Gespräch mit Johannes B. Kerner im ZDF als Sprungbrett in den internationalen Markt. Der Experte im Studio bediente das Programm interaktiv über einen Touchscreen. 3D-Elemente wie Pfeile oder Spielermarkierungen wurden n die Szene integriert und bewegten sich perspektivisch korrekt mit wechselnden Kamerapositionen.

So wird die „magische Kamera“ heute von Fernsehsendern im deutschsprachigen Raum aber auch in Spanien, Russland, Frankreich, England, Mexiko und den USA jeweils in Lizenz angeboten. Auch Übertragungen von Sportarten wie American Football, Basketball, Baselball, Rugby und Eishockey können heute mit LiberoVision komplettiert werden.

Bei den Aussichten verwundert nicht, dass das Startup mit seinen neun Mitarbeitern seit diesem Jahr breakeven ist. Doch das ist nur der Anfang für die ambitionierten Fußballfans: Bei LiberoVsion stehen alle Zeichen auf Wachstum.

Sebastian Fischenich

Humiecki & Graef

Was uns bei diesem Termin erwartet, wissen wir alle nicht genau. Vielleicht auch ein Grund dafür, warum es eine der spannendsten und überraschendsten Begegnungen wird. Was zum einen daran liegt, daß Parfüm für die meisten Männer ein wenig vertrautes Naß ist. Doch auch die Frauen dürften erst hier erfahren haben, dass sie ihre Parfüms bisher pyramidenförmig wahrgenommen haben, die Produkte hier aber sternförmig verduften. Zum anderen liegt es daran, daß Gerüche, und das ist Teil ihrer Faszination, noch unmittelbarer als jeder andere Sinneseindruck direkt ins Unterbewusste durchdringen. Es liegt aber auch an dem ungewöhnlichen Produktionsverfahren, der blinden Zusammenarbeit mit dem Zulieferer sowie an der erstaunlichen Verteilung der Wertschöpfung dieses Produkts, daß uns dieser Vortrag noch llänger beschäftigt. Er fängt, wie so viele auf unserer Tour, auf einem Apple Laptop an. Sebastian Fischenich erzählt von sich, wie er eine Zeitlang zwischen einer Dozententätigkeit in Berlin, seinem Partner in Köln und einer Arbeit in Paris hin und her pendelte und sich, als Designer mit Hang zu Mode und Luxus wohl ungewöhnlich genug, gegen Paris entschied. Und dafür, in die Agentur bel epok seines Partners, ein Büro für Design und Kommunikation, einzutreten. Für die leitet er das Zürcher Büro und entwirft neben seiner Tagesarbeit eine eigene Parfümkollektion. Denn Düfte als Auftragsarbeit langweilten ihn schnell, da ein typischer Kunde beim Briefing forderte: “Machen Sie uns einen Duft für eine Frau, die sich morgens beim Aufstehen sexy fühlt und abends auch noch, wenn sie ins Bett geht.” Da fühlt man sich als Kreativer schnell unterfordert. Daher die eigene Linie – sehr konzeptionell, sehr speziell, nicht an der globalen olfaktorischen Einheitssuppe orientiertend und erklärtermaßen gegen viele Konventionen der Branche. Eigentlich als Werbeträger für sämtliche Kompetenzen der Agentur gedacht, war schnell klar, dass man diese Düfte auch einer distinguierten Kundschaft nicht vorenthalten wollte. Die Düfte sollen intensive Erinnerungsmomente wiedergeben und damit ein spezielles Thema versinnbildlichen. Das Motiv des ersten Dufts Skarb ist das eines weinenden Mannes. Um es dem in New York ansässigen, französischen Parfümeur zu ermöglichen, sich davon ein präziseres Bild zu machen, schickt ihm Fischenich eine Handvoll Bilder. So funktioniert das auch bei den nächsten Düften. Geste – eine reifere Frau liebt einen jüngeren Mann. Multiple Rouge –der Moment absoluter Ekstase, kurz bevor er in Melancholie umschlägt. Das für uns Unbegreifliche, Wunderbare: Fischenich kriegt aus New York genau den Duft zusammengemixt, den er mit Hilfe einige Bilder beschreibt. Und wir, die wir die Düfte ebenfalls “serviert” bekommen, finden die Bezeichnungen auf einmal nicht mehr albern, sondern können sie nachvollziehen. Das einzig Erschreckende an dem sonst so spannenden Geschäft: von den rund 150 Euro Ladenverkaufspreis bleiben bei den Machern keine zehn Prozent als Gewinn übrig. Vertrieb und Handel verschlingen fast alles, das Rohmaterial fast nichts.

Dennoch verlassen wir angemessen euphorisiert von der olfaktorischen Wucht das schicke Designerbüro und werden abends sogar noch am eigenen Leibe erfahren, dass die 150 Euro gut angelegtes Geld sein können – sollte man etwa mit der richtigen Duftwahl mit einer Frau im Aufzug stecken bleiben.

Dave Langenegger lic.oec.publ.

Skive Aviation

Einen wunderbaren Ausflug beschert uns unser Termin bei einem Mann, der sich den Traum vom Fliegen erfüllt hat. Um ihn zu treffen, fliegen auch wir gewissermaßen über die Autobahn ins schöne Rorbas-Freienstein. Dort präsentiert uns Dave Langenegger inmitten einer riesigen Lagerhalle zwischen zwei Mini-Zeppelinen, wie er seine Firma Skive Aviation AG aufgebaut hat.

„Unbemannte Outdoor-Luftschiffe“ – das ist die korrekte Bezeichnung für die ferngesteuerten, zehn bis zwölf Meter langen Zeppeline, die wir rechts und links von uns bestaunen, während Dave Langenegger erzählt. Der Wirtschaftsinformatiker und ehemalige Mitarbeiter von Swissair im Cargo-Bereich hat sich im Jahr 2001 selbständig gemacht. Luftschiffe waren schon immer seine große Leidenschaft – also kauft er sich ein eigenes Luftschiff. 25.000 Schweizer Franken kostete dieses erste Modell, hinzu kommen ein 12 Meter langer Anhänger für das Luftschiff sowie ein Geländewagen als Zugfahrzeug. Bei der Finanzierung des Startkapitals der neu gegründeten AG unterstützten Freunde und Bekannte (wie wir mittlerweile wissen, ein in der Schweiz häufiges und vollkommen anerkanntes Vorgehen).

Die ersten Testflüge sehen wir – auf Bierzeltbänken sitzend – über den in der Lagerhalle provisorisch aufgestellten Beamer. Seinen ersten Auftrag bekommt der Wirtschaftsinformatiker im Jahr 2003 von der Einkaufsmesse Luwira. Bald darauf baut sich der Tüftler gemeinsam mit seinem Freund Melchior Kunz bereits das zweite Luftschiff.

Vier Stunden lang bleiben die Modellluftschiffe mit ihren zwei Motoren in der Luft, bevor sie wieder gelandet und aufgetankt werden. Vier Luftschiffe besitzt Dave Langenegger heute. Nummer zwei, drei und vier hat er selbst gebaut. Im Jahr 2008 machte Dave Langenegger 40 bis 50 Flüge pro Luftschiff im Jahr. Bei manchen Projekten ist er schon mal drei bis sechs Tage zum Fliegen draußen. Noch hat er nicht viel Konkurrenz, obwohl er sich darüber freuen würde: „Konkurrenz ist doch gut fürs Geschäft.“

In vier verschiedenen Einsatzfeldern sind seine Luftschiffe unterwegs – Luftschiffwerbung, TV-Produktionen, Luftfotografie und Überwachung. Für letzteres Einsatzgebiet ist das so genannte „ADS-12 Luftschiff-System“ optimiert – Dave Langeneggers neuste Kreation, an der er bereits seit Jahren tüftelt und die er auch als Auftragsproduktion anbietet. „Es ist eher eine Art Drohne“, erklärt Dave Langenegger und meint damit ein Luftschiffsystem, das sowohl zivil wie militärisch zur Luftüberwachung eingesetzt werden kann.

Die Zukunft für seine Skive Aviation AG sieht er in erster Linie in Aufträgen für TV-Produktionen und in der Produktion und dem Verkauf von eigenen Luftschiffen, erklärt Dave Langenegger zum Schluss, bevor er sich mit seiner Kollegin aufmacht zum nachmittäglichen Testflug. Denn bis Dezember sollen die Luftaufnahmen perfektioniert werden, mit denen Dave Langeneger das Schweizer Fernsehen bei Übertragungen vom Ski Nordisch unterstützen will.

Dr. Christian Raubauch

Bankhaus Wegelin

Persönlich haftender Gesellschafter des ältesten Bankhauses der Schweiz…. da erwarten wir einen in Ehren ergrauten Senior Banker mit Einstecktuch, der uns in würdevollem Habitus die Vorzüge des Schweizer Bankensystems erläutert. Von wegen. Dr. Christian Raubauch ist kaum älter als wir (hoffentlich wenigstens ein bisschen), kommt gerade vom Mountainbiken, strotzt vor Energie und scheut sich auch nicht, mal einen Kraftausdruck einzustreuen, wenn es dem Verdeutlichen seiner Sache dient. Äußerst anschaulich vermittelt er uns, worum es bei dem Streit zwischen Deutschland und der Schweiz geht und warum die Schweizer so empfindlich reagieren (müssen). Letztlich geht es um ca. 2 Billionen Schweizer Franken an privaten Vermögen die in der Schweiz verwaltet werden. Und insgesamt hängen an der Finanzbranche 5% der Jobs, 15% des Bruttoinlandsprodukts und ein ähnlich hoher Prozentsatz der Steuereinnahmen. Darauf kann die Schweiz nicht so einfach verzichten, ob das Ansinnen von Herrn Steinbrück nun gerechtfertigt ist oder nicht. Aber ein Stück weit ist das Problem auch hausgemacht, weil die Schweizer Banken es versäumt haben, sich beizeiten zu diversifizieren. Statt Investment Banking hätte man lieber auf globales Retailbanking, ETFs und Asset Servicing gesetzt. Diese Geschäfte sind weniger risikoreich und passen besser zum Schweizer Habitus. Er erläutert, wie geschickt die USA taktieren und warum seine Bank eine Empfehlung ausspricht, bis auf weiteres direkte Investitionen in die USA zu vermeiden. Seiner Meinung nach legt die USA gerade die steuerrechtlichen Grundlagen in der Gestaltung der Erbschaftsteuer, um Besitzer von US Wertpapieren irgendwann einmal besteuern zu können. Das Thema ist interessant, und wichtig ist es allemal. Aber vor allem macht sein Vortrag Spaß, weil er glänzend präsentiert, pointenreich und schlagfertig, und uns oft zum lachen bringt mit Sätzen wie „Wenn man mal 100 Millionen hat, dann ist das wie die Beulenpest. Das kriegt man nicht mehr weg!“. Er nimmt sich selbst und das ganze Finanzwesen nicht zu ernst. Und damit nimmt er nicht nur die Banker unter uns mit.

Ein Stück weit Kontrastprogramm ist der Vortrag schon. Nachdem wir innden vergangenen Tagen viel über Moral, Ethik, Werte und Verantwortung gehört haben, klammert Dr. Raubach diese Dimension teilweise aus oder geht eher flapsig darauf ein. Wir haben im Anschluss darüber diskutiert, aber ich finde, dass es der Sache dient. Viele der moralischen Argumente, die in der Debatte um das Bankgeheimnis und Steuerhinterziehung bemüht werden, verstellen eher den Blick auf das, um was es eigentlich beiden Seiten geht: nämlich um Geld, Macht und Einfluss. „Das muss man wissen“, wie Dr. Raubach gerne sagt. Und erst wenn man das weiß, kann man entscheiden, wie man damit umgeht. Verantwortungsvoll oder eben nicht.

Jacqueline Badran

Samstag, 16.30 Uhr und 15 Vorträge später: Die Sonne ist noch immer da, der Himmel ist noch immer blau und somit sind alle froh, ein wenig durch Zürich schlendern zu können und bei Zeix, unserer letzten Station, im Garten mit herrlich leckerenSandwiches empfangen zu werden. Zeix, Agentur für Usuability und User Education,steht in unserem Programm, nicht wirklich ein Titel, bei dem alle noch mal ihre Kräfte zusammenraufen möchten. Aber wie dem auch sei, man möchte höflich sein und hat deswegen auch nur einen Verlust zu beklagen, eigentlich eine gute Quote. Ja, und dann kam Jacqueline Badran. Eigentlich hatten wir bereits viel gesehen in den letzten Tagen, zwei strahlende Zahnarztschwestern, einen coolen und sehr authentischen Adrien Weber, einen McKinsey-Berater beim WWF und viele andere beeindruckende Persönlichkeiten, aber eine Frau mit Ledermantel, die eine Softwarefirma aufgebaut hat, mit der Kippe im Mund daher kommt und von der wir wissen, dass sie sowohl Biologin ist als auch an der Business School in St. Gallen studiert hat, mal von einer Lawine erwischt wurde und überlebt hat und mal mit dem Flugzeug abgestürzt ist und wiederum überlebt hat, solche eine Frau hatten wir bisher noch nicht im Programm. Daher waren die Erwartungen hoch, vielleicht zu hoch und die Ausführungen zu Usuability und dem Beratungsansatz von Zeix fast zu konventionell, jedenfalls wenn man sie in Relation zu den eigentlich hohen Erwartungen setzt. So lernten wir anhand des Projektes für die neuen Ticketautomaten der Schweizer Bundesbahnen, dass die Konzeption vom Kunden aus gedacht und die Usuability mit in die Gesamtkonzeption einfliessen muss und nicht erst am Ende eingeführt werden könne. Klingt plausibel, fast selbstverständlich und daher eigentlich nicht derartig innovativ, wie man es von der Wirtschaftsbiologin erwartet hätte, die einen Lawinen und Flugzeugabsturz hinter sich hat.

Jacqueline Badran hat Zeix zusammen mit unserem CHefsache Mitstreiter Peter Hogenkamp gegründet. Auch wenn Peter sich inzwischen weitgehend aus dem Geschäft zurückgezogen hat, ist er nach wie vor bestens in der Materie und bestreitet den Vortrag mit Jacqueline. Beide führen uns durch die Gründungsgeschichte mit ihren Höhen und Tiefen, erläutern uns die ursprüngliche Geschäftsidee, deren Scheitern und den Schwenk zum mehr oder weniger reinem Usuability-Beratungsgeschäft. Dieses Geschäft ist leider nicht so schön skalierbar, aber dafür gibt es Kunden, die zahlungswillig sind. Ursprünglich wollte man einfach verständliche Anleitungen erstellen, wie man bspw. bei Amazon ein Buch bestellt oder bei ebay ein Produkt ersteigert. Doch in 2001 – im ersten Jahr nach dem New-Economy-Boom – waren bis auf die Swisscom keine Kunden zu überzeugen. Inzwischen hat Zeix über 20 Mitarbeiter, ist seit Jahren break-even und eine feste Grösse in Sachen Usuability.

Abschliessend schweiften wir noch das Thema Unternehmensgründung in der Schweiz. „WG“ war hier das Stichwort, heisst Wohngemeinschaft und meint, die Schweiz, also die deutschsprachige Schweiz gleiche einer Wohngemeinschaft. Mit rund 4,7 Millionen Deutschschweizern kenne nahezu jeder jeden, und es sei daher ausgesprochen einfach, Gelder zu akquirieren, den richtigen Anwalt und Wirtschaftsprüfer zu finden, Kontakt zu Kunden zu bekommen etc. Auch dies klingt plausibel, aber man fragt sich, ob dies wirklich ein Schweizer Phänomen ist. Ist dies nicht auch der Fall, sagen wir mal, in München oder im Silicon Valley, Boston oder in anderen Regionen von ähnlicher Wirtschaftskraft und Grösse? Sowohl Peter, der Deutsche aus Detmold, als auch Jacqueline, die Schweizerin vom Zürichberg, verneinen in selten gesehener Harmonie, die Schweiz sei grundsätzlich anders, ja einzigartig – um nicht zu sagen besser – für Unternehmensgründungen. Gegen diese Deutsch-Schweizerische Front ist wenig entgegenzusetzen, jedenfalls nicht ohne einen echten Steinbrück im Team, nach 15 Vorträgen, wenig Schlaf, einem knurrenden Magen und die Aussicht auf Bier, Wein oder eine Tasse warmes Wasser im Rimini. Wir geben uns geschlagen und freuen uns auf einen schönen Abschlussabend in den Tiefen der Sofas des Riminis.

Rimini

Networking in Rimini

Den krönenden Abschluss unserer drei Tage bildet unser Trip nach Rimini – nein, wir steigen dafür nicht ins Flugzeug, sondern gehen zu Fuß. Denn die Bar Rimini liegt mitten in Zürich am Schanzengraben. Dort laden die Betreiber der Männerbadi abends zu Diner und Bar in ein buntes Zirkuszelt auf der Zürcher Freibadanlage für die männlichen Zürcher.

Wir fallen dort zum so genannten Pizzaplausch ein – wobei dies zunächst eher in gefräßiges Mampfen mit nachgelagertem Plausch ausartet (Zuhören macht auch Hunger!). Als der größte Hunger gestillt ist, treffen die ersten Referenten und Freunde ein – der Networking-Part beginnt. Wir plaudern mit denen, die uns tagsüber noch präsentiert haben, lernen Freunde anderer Teilnehmer kennen und setzen unseren gruppeninternen Ideenaustausch fort. Wir hören uns stolz und glücklich die Begeisterung derjenigen an, die nun zum ersten Mal von unserem Chefsache- Projekt erfahren haben und berichten gerne von den vergangenen drei Tagen. Wir denken bereits über Chefsache10 nach – werfen mögliche Orte, Referenten und neue Teilnehmer in den Raum – und möchten am liebsten gleich zum nächsten Trip aufbrechen.

Kurz vor Mitternacht stehen wir beinahe geschlossen draußen auf dem langen Steg direkt am Wasser. Dort hat sich mittlerweile eine bunte Mischung aus Teilnehmern, Referenten und anderen Gästen des Rimini zusammengerottet. In wechselnden Grüppchen unterhalten, diskutierten und visionieren wir angeregt und bescheren CHefsache09 auf diese Weise einen ebenso stilvollen wie maßgeschneiderten Abschluss. Und wir alle sind uns einig: Chefsache10 kann kommen.

Brunch, Bootsfahrt, Spaziergang

Das hört ja gut auf. Ab 10 Uhr trudeln die mittlerweile doch leicht angeschlagenen Chefs in den Tearoom Café Blunt ein. Vier Nächte à vier Stunden hinterlassen Spuren. Einmal mehr kann man dem lokalen Organisationsteam für seine exzellente Wahl des Etablissements nur gratulieren. So wie bereits die vorangegangenen Restaurants, ist auch dieses Café wieder ein Augen- und Gaumenschmaus. Leicht orientalisch angehaucht bietet das Frühstück allerlei Ungewöhnliches, ohne auf das Wichtigste zu verzichten: Croissants, Butter und Nutella. Bravo. Dazu kommt eine äußert zuvorkommend agierende und nett anzuschauende Bedienung, die einmal mehr das Vorurteil widerlegt, dass die Zürcher Bedienungen hochnäsig und nur scharf auf russische Portemonnaies seien. Wir haben regelmäßig das Gegenteil erlebt. Und das, obwohl wir erst seit Samstagmorgen ein wenig von Humiecki und Graefs Duft auf uns tragen. Vielleicht merken die Mädels aber auch, dass wir trotz unserer legeren Verkleidung eigentlich alle Chefs sind.

Egal, nach dem Brunch zeigt die Truppe erste Auflösungserscheinungen, was aber nicht weiter tragisch ist, denn so kann man in einer etwas übersichtlichen Gruppe ins Boot steigen. Ein letztes Mal noch muss Marc die Pein eines Mittelstufelehrers fühlen, der seine neunte Klasse auf Fahrt nach Prag in der Stadt versucht zusammenzuhalten. Das Boot schippert gemächlich über den See, der Himmel ist blau und die Sonne scheint weiterhin, so wie sich das gehört, wenn wir Zürich die Ehre geben. Wir steigen an der östlichen Uferseite aus, gönnen uns 1,7 Kilometer Spaziergang, bevor wir den Zürichtrip gemeinsam in einer Promenadenbar bei zwei drei Humpen Sekt ausklingen lassen, in der jeder abschließend seine Eindrücke von den vier Tagen vorträgt. Das Klatschen nach jedem Vortrag ist uns schon nach dem dritten Mal nicht mehr peinlich. Das Resumée fällt recht einseitig aus, keiner schafft es, mit ein wenig Kritik einen Kontrapunkt zu den vielen Lobeshymnen zu setzen. Wir waren halt schon alle klasse und die Referenten erst recht. Routiniert gibt Andi noch einen Ausblick in die Zukunft, die da für die Chefsache 2010 in London liegen könnte. Einer verschärften Form des Organisationsgrads der Chefsache kann er berechtigterweise nichts abgewinnen. Erstens hat es ja nun bereits zum zweiten Mal in dieser Form bestens geklappt und zweitens ist man ja kein Rauhhaardackelzuchtverein, sondern Chef. In dieser Gewissheit verabschieden wir uns voneinander und brechen in die verschiedenen Städte auf, in denen wir schon morgen wieder sehr Wichtiges vollbringen werden.

Texte: Laura Kohler, Marc Mogalle, Matthias Pindter, Tobias Sittig, Andreas Stammnitz

Lektorat: Laura Kohler, Andreas Stammnitz

Fotos: Matthias Pindter, Balázs Tarsoly, Jan Thomas

Made with Adobe Slate

Make your words and images move.

Get Slate

Report Abuse

If you feel that this video content violates the Adobe Terms of Use, you may report this content by filling out this quick form.

To report a Copyright Violation, please follow Section 17 in the Terms of Use.