Das vierte Joch Einige gedanken

Ohne Demut keine Kunst

Im vierten Joch hat der Pfarrer die Hauptbühne betreten. Für mich lag darin ein Wagnis und ich möchte versuchen zu beschreiben warum:

Es ist viel Interpretation nötig, um dem Pfarrer eine verdichtete Gestalt auf der Bühne des Gemeindebildes zu geben. Ich weiß nicht, ob das immer so ist, aber im Falle der jungen Bremthaler Emmausgemeinde schart sich viel um die Person des Pfarrers, der ihr erster, der Gründungs-Pfarrer ist. Auf seine Rolle sind für mich viele Perspektiven möglich. Ist er der Organisator? Eine antreibende Kraft? Der Diener der Gemeinde? Der Mensch mit Eigenschaften (Interessen, Stärken, Schwächen, Emotionen)? Mich mit dieser multiperspektiven Sicht zu befassen und eine Art feldforscherisch neutrales Kaleidoskop aufzufächern lag nahe. Eigentlich hatte ich das vor und habe mir auch einiges an Material dazu angesammelt.

Die Malerei war anderer Meinung. Das passiert mir oft und meistens hat es ein Gefühl von, sagen wir, glücklichem Kontrollverlust. Meine Bilder wissen schließlich (und für mich erwiesenermaßen) mehr als ich. Ich bin nicht der erste Künstler, der so etwas empfindet und sagt. Wenn das werdende Bild sich einmischt und das eigene Erschaffenwerden übernimmt, ist das gut und entlastet mich sehr. Der schwierige Teil der Angelegenheit liegt dann nicht mehr bei mir und ich kann mich auf die spielerischen, lustvollen Seiten beschränken. Ob anderen Betrachtern das Bild später gefällt, ist ihre Sache. Sie müssen ja nicht hinschauen, wenn sie nicht wollen. Im Prinzip.

Das Gemeindebild ist aber ein Kirchenbild, es gehört zur Gemeinde und die Gemeinde wird es sich ansehen müssen, jahrelang und immer wieder. Und woher weiß ich, dass mein Outsourcen der wichtigsten Entscheidungen nicht nur eine Bequemlichkeit ist, die sich als Musenkuss tarnt? Jetzt kommt ein Geheimnis, sagen sie es nicht weiter: ich weiß das nicht.

Das werdende Bild war der Meinung, dass ich als der zuständige Maler die transzendentale Wucht der spirituellen Rolle des Pfarrers in den Mittelpunkt zu stellen hätte und nicht die weltlichen Aspekte aufzählen darf. Ich weiß nicht so recht, ob ich das richtig finde - vielleicht bin ich anderer Ansicht. Es ist doch irgendwie respektlos und sachlich falsch, die vielen vielen Dinge, die der Pfarrer ist und tut einfach weg zu lassen? Oder nicht? Und stattdessen?

Die Vergebung der Sünden, die Präsenz des Heiligen im Abendmahl - wie soll man das darstellen? Und gibt es das überhaupt? Am Ende sähe man im Gemeindebild nur einen kostümierten Menschen in seltsamer Haltung? Das kann gewaltig schief gehen, fand ich. Sicherer wäre gewesen, mich vor der Fülle der benennbaren Verpflichtungen des Pfarrers zu verbeugen. Aber wie gesagt, das Bild war anderer Meinung und ich glaube, ohne dem Willen des Werkes zu vertrauen, kann man keine Kunst machen. Das ist die Demut des Künstlers.

Im Nachhinein beginne ich, dem Bild recht zu geben und finde folgendes interessant: sich in einem Zeremonial-Gewand vor die Gemeinde zu stellen und ermächtigt über die Grenzen des Weltlichen hinaus zu greifen und von dort, zum Beispiel, Vergebung der Sünden in die Wirklichkeit der Gemeinde zu holen, ist auch ziemlich riskant. Diese Tat, wenn ich sie ernst nehme, ist unerhört anmaßend. Ich denke, auch so etwas kann man vielleicht nur tun, wenn man die wichtigsten Entscheidungen einem Außen überlässt. Einem Außen, dem in Demut zu vertrauen man sich entscheiden kann.

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