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Unterricht ohne Medien ist nicht denkbar.

Schon deshalb, weil die im Unterricht zu behandelnden Sachen nur selten einfach da sind, sondern vielmehr erst wahrnehmbar gemacht werden müssen.

„Wenn man sich anschaut, womit sich die Kommission Schulforschung und Didaktik bisher beschäftigt hat, fällt auf, dass Unterrichtsmedien in der Forschung eher randständig geblieben sind." (Matthias Proske)

Das Thema der diesjährigen Kommissionstagung (26. & 27. September 2019, an der Georg-August-Universität Göttingen) gründete dabei keinesfalls in dem Anliegen, vorrangig die Potenziale von Digitalität im Unterricht zu eruieren. In den Blick geraten sollte ebenso, ob und ggf. inwiefern digitale Medien einen Wandel für die unterrichtliche Praxis bedeuten und wie dieser empirisch und theoretisch zu greifen wäre.

Dieser Thematik widmeten sich insgesamt 18 Beiträge in sechs Panels sowie vier Keynotes (siehe Programm PDF).

Die erste Keynote von Friedrich Krotz beleuchtete die Mediatisierung kommunikativen Handelns. Mediatisierung bezeichnet er als einen gesellschaftlichen Metaprozess in welchem Digitalisierung die aktuell zentrale Form ist. „Etwas ist mediatisiert, wenn es ohne Berücksichtigung der Medien nicht zu verstehen ist" (Krotz)
Die zweite Keynote von Sebastian Gießmann beleuchtete Medien in praxistheoretischer Perspektive und legte drei zentrale Medienpraktiken dar: Koordinieren, Delegieren sowie Registrieren/Identifizieren (vgl. Gießmann 2018: Elemente einer Praxistheorie der Medien).
Bardo Herzig und Sandra Aßmann wählten für ihre Keynote einen (teil-)biographischen Rückblick auf die Entwicklung der Medienpädagogik und zeigten hierdurch Erträge sowie offene Fragen der schul-/unterrichtsbezogenen Forschung zu digitalen Medien auf.

Alle drei Keynotes verwiesen dabei darauf, dass sich das Einzelmedium insofern als Forschungsgegenstand auflöst, als Medien heute nur noch als digitale Infrastruktur (Krotz und Gießmann) bzw. als digitale mediale Architektur (Herzig/Aßmann) verstanden werden könnten.

Die Keynote des zweiten Tages „Avoiding digital dysfunction: Devices, practices and policies in Australian schools” hielt Nicola Johnson. Sie rekonstruiert mit einem ethnographischen Forschungsdesign „everyday digital realities in schools”.

In den parallelen Panels wurden empirische Forschungsvorhaben, (Teil-)Ergebnisse empirischer Studien und theoretische Überlegungen vorgestellt und diskutiert.

Bock, Macgilchrist & Rabenstein gehen in einer ethnographischen Studie beispielsweise der Frage nach, inwiefern ein Wandel der schulischen Lernkultur in einer sich digital vernetzenden Welt zu beobachten ist.
Mittels einer Videographie versuchen Herrle, Hoffmann & Proske in den Blick zu nehmen, wie sich der Unterricht in einer Schule realisiert, in dem die Nutzung von Tablets verpflichtend ist.
Empirisch rekonstruktive Perspektiven darauf, was überhaupt Spezifika des unterrichtlichen Einsatzes digitaler Medien sind, bot u.a. ein Beitrag zu Praktiken der Repräsentation, der analoge und digitale Medien im naturwissenschaftlichen Unterricht kontrastierte (Kalthoff & Cress). Cress spricht davon, dass digitale Medien zwar eine „Pluralisierung der Repräsentation” unterrichtlicher Inhalte ermöglichen, mahnt aber auch zur „Relativierung des Hypes um neue Medien“, da sich empirisch durch jene Pluralisierung gerade nicht auch eine Transformation der unterrichtlichen Repräsentation abzeichne.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Forschung zur Verwendung digitaler Unterrichtsmedium als Thema der Unterrichtsforschung noch am Anfang steht. Gegenwärtig befinden sich viele Projekte am Beginn oder in der Umsetzung, so dass noch wenig systematische Erkenntnisse zum Einfluss digitaler Medien auf die unterrichtliche Repräsentation, die Lernkultur oder die Spezifik dieser Medien für die unterrichtliche Vermittlung vorliegen. Die häufig angenommene Transformation von Unterricht durch Digitalisierung bleibt deshalb als empirisches Desiderat bestehen.

Das Vorbereitungsteam bedankt sich bei allen Beitragenden und Teilnehmenden für die interessante Tagung. Ein besonderer Dank gilt dem Vorbereitungsteam vor Ort Brigitte Nimz, Oskar Minich und Catharina Keßler.

Vorbereitungsgruppe: Sandra Aßmann, Matthias Herrle, Markus Hoffmann, Catharina Keßler, Felicitas Macgilchrist, Thorsten Merl, Matthias Proske, Kerstin Rabenstein.

Created By
Thorsten Merl
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