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Digitale Transformation – durch Sinnstiftung Von Michael Ertel

Die Digitalisierung sorgt nicht nur für gewaltige Umwälzungen in den Prozessen und Workflows – sie verlangt auch nach einem fundamentalen Blickwechsel auf die menschlichen Ressourcen: Weg von der reinen Technologiebetrachtung, hin zu einem Entdecken der digitalen Potenziale in der Belegschaft. Der Fensterhersteller Gealan, ein internationaler Branchen-Player mit 1400 Beschäftigten, ist sich sicher, sie gefunden zu haben. In den „Digital Natives“ sieht man die Wegbereiter der digitalen Zukunft.

„Lassen Sie uns über Menschen reden.“ Ivica Maurović geht stürmisch in das Gespräch, der Geschäftsführer macht sofort klar, auf wen er seinen strategischen Fokus ausgerichtet hat: „Alle reden über Industrie 4.0 und digitale Transformation – aber die meisten vergessen dabei die Ressourcen. Und damit meine ich nicht die finanziellen Mittel – sondern die personellen Ressourcen, das Human Capital.“

Das Kapital, von dem er spricht, sind die jungen Auszubildenden und Mitarbeiter unter 25 Jahren. Die sogenannten „Digital Natives“, die schon in der Welt des Internets aufgewachsen sind und wie selbstverständlich digitale Entwicklungen, Apps und Gadgets in ihre Lebenswelt integrieren. „Meine Generation wiederum ist die der Digital Immigrants. Und deshalb reicht es nicht aus, dass lediglich wir uns mit der Digitalisierung auseinandersetzen“, betont Maurović. „Wir brauchen die Leute, die diese Kompetenzen bereits in sich tragen und in diesen Technologien schon leben.“

Vom Brainstorming zur konkreten Projektstruktur

Den Startpunkt markierte ein Meeting aller jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Firmensitz in Oberkotzau zusammen mit der Geschäftsleitung: ein Brainstorming auf freiwilliger Basis, bei dem bereits Ideen und Teilprojekte fixiert wurden. Maurović ist insbesondere wichtig, dass sich die jungen Leute in den Themen wiederfinden und nach ihren eigenen Neigungen gehen und entscheiden. „Wir möchten, dass sie in ihrem Inneren echtes Interesse verspüren und merken, dass sie selbst schon als Auszubildende bei uns ihre Ideen verwirklichen können.“ Natürlich müsse das Ganze dann zu einem strukturierten Prozess führen, „aber wir erwarten nicht, dass sie ständig nach oben berichten“.

Geschäftsleitungsassistent Tim Wehder, selbst den „Digital Natives“ zuzuordnen, verspürt eine Gruppendynamik, „bei der die Azubis selbst das Heft in der Hand halten“. Und dies machen nun 24 junge Mitarbeiter in vier Projektgruppen: Deren Themen reichen von der Ausweitung der Unternehmenspräsenz auf Social Media Plattformen über die digitale Optimierung der internen Kommunikation bis hin zu konkreten Digitalisierungen von Serviceprozessen.

Eine IT-Lösung, um die „Willkommenskultur“ für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu digitalisieren und dadurch näher an die Menschen zu bringen, erarbeitet die Gruppe von Julia Birkelbach. Die 21-jährige Fachabiturientin absolviert im zweiten Lehrjahr eine Ausbildung zur Industriekauffrau. Ihr Team bespielt das Gealan-Intranet und implementiert Bausteine, die „Neuankömmlingen“ in der Firma eine bessere Orientierung geben. Das Ziel: Die Kommunikation, das Kennenlernen des Unternehmens und seiner Mitarbeiter und die Einarbeitung verbessern. „Da sind wir auf einen guten Weg“, ist sich die Gruppenleiterin sicher, was vor allem daran liege, dass es keine strikten Vorgaben gäbe. „Wir sind unsere eigenen Chefs, können unsere Ideen eigenverantwortlich umsetzen – und sind deshalb sehr motiviert.“

„Wir können hier etwas tun, was wir selbst gewählt haben. Dadurch erkennt man viel mehr Sinn in seiner Arbeit.“ Julia Birkelbach, Daniel Eiswert und Melissa Moreth (von links) sind begeistert von den Möglichkeiten, die ihnen die Projektgruppe „Digital Natives“ bietet.

Daumen hoch für die „Digital Natives“

Um die Social-Media-Präsenz von Gealan kümmert sich die Gruppe um den 22-jährigen Daniel Eiswert. Ein siebenköpfiges Redaktionsteam erstellt und postet Beiträge und ist für die Themenfindung, Contententwicklung und Online-Umsetzung verantwortlich. „Bisher waren für Gealan die sozialen Medien Neuland. Aber durch unsere Arbeit ist die Firma jetzt präsent und wir bekommen von vielen Seiten sehr positives Feedback.“ Einige Kolleginnen und Kollegen außerhalb der Projektgruppe würden nun selbst mit Themenvorschlägen auf sie zukommen. Also Daumen hoch für die „Digital Natives“: „Wir können hier etwas tun, was wir selbst gewählt haben. Dadurch erkennt man viel mehr Sinn in seiner Arbeit.“

Sinnstiftung – auch darum geht Geschäftsführer Ivica Maurović. Die müsse sich in der digitalen Transformation wiederfinden, um das Unternehmen agiler zu machen. „Wir wollen, dass die jungen Leute ihre Ideen gerade bei uns verwirklichen können und mit dem erfolgreich sind, was sie digital schon können.“ Als klassisches Industrieunternehmen sei man auch in Zeiten der Digitalisierung nicht automatisch veraltet. „Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, dass wir veraltet denken.“

Der Gealan-Firmensitz in Oberkotzau

„Symbole der Hierarchie“ sind schädlich

Was Maurović damit meint: Vor allem die „Symbole der Hierarchie“ seien schädlich für effizientes Arbeiten. Bei den jetzigen digitalen Transformationsprozessen müsse man „die Wände in den Köpfen einreißen und dadurch Hemmschwellen abbauen“. „Natürlich leben wir auch bei Gealan nicht in einer utopischen Gesellschaft, in der jeder nur das tut, was ihm Spaß macht. Aber wenn wir uns darauf konzentrieren, dass sich die Leute in Teams offen mit Projekten beschäftigen und sie darin einen Sinn sehen, dann werden auch die Ergebnisse gut.“

Geschäftsführer Ivica Maurović

Gestärkt durch dieses Vertrauen macht sich auch Melissa Moreth an die Arbeit. Die 20-jährige Auszubildenden zur Industriekauffrau leitet eine Gruppe, die sich unter anderem mit internen Schulungen beschäftigt. Die „Digital Natives“ wollen dabei ihr „digitales Wissen“ direkt in das Unternehmen – an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – tragen. Eine Art Wissenstransfer, in dem die jungen Leute selbst als Referenten auftreten und die älteren Kollegen über die Möglichkeiten, Risiken und wichtige Sicherheitsoptionen im Internet und auf den Social-Media-Plattformen informieren. „Das komplette Konzept, das wir sowohl mit Präsenzvorträgen als auch digital umsetzen, können wir selbst entwickeln. Für uns Auszubildende ist das ist ein großer Freiraum, in dem wir unsere Ideen verwirklichen können.“

Created By
Michael Ertel
Appreciate

Credits:

Fotos: Gealan

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