Loading

Irland: Sagenhaft! geschäftstüchtige Druiden, Herrenhäuser mit Familienfluch – und was echte Iren ausmacht: In der Grafschaft Meath gibt es viel zu entdecken

Sattes Grün rauscht an mir vorbei. Kleine Städte. Und Ortsnamen, die an Fantasy-Geschichten erinnern: Mulhuddart, Dunshauglin, Skryne. Es ist Ende Juni. Mit dem Mietwagen habe ich mich von Dublin auf den Weg gemacht, die Grafschaft Meath zu erkunden. Mein erster Halt soll der sagenumwobene Ort Tara sein, 45 Autominuten von der Hauptstadt entfernt.

Tara: Hier verehrten die Kelten einst die Muttergöttin Maeve. Und von hier herrschten heidnische Priesterkönige über die Insel, lange bevor der Heilige Patrick im 5. Jahrhundert mit der christlichen Mission begann. Heute ist der Ort vor allem heiliger Boden für Esoteriker aus aller Welt.

Ich lehne freundlich ab und fahre lieber noch ein bisschen weiter. Denn Meath ist voll von prähistorischen Kultstätten. Mich zieht es nach Newgrange.

Das Ganggrab von Newgrange ist 5.200 Jahre alt. Ein Weltkulturerbe, älter sogar als Stonehenge und die ägyptischen Pyramiden. Der Sage nach soll hier der irische Volksheld Cú Chulainn geboren worden sein.

Am Abend bin ich rechtschaffen müde von der Fahrerei und den vielen Eindrücken. Meine erste Übernachtung in Irland habe ich bei Anne Finnegan im Woodtown House gebucht – nahe des Örtchens Athboy. Eine ganz ausgezeichnete Idee, wie sich herausstellt.

In den kommenden Tagen fahre ich weiter durch die Region …

Die Grafschaft Meath ist irisches Herzland. Der beste Ort, um der irischen Seele näher zu kommen. Das begreife ich schnell. Und das hat sich auch die Familie Murtagh gedacht, die ich gegen Ende meiner Reise besuchen will. Deren Vorfahren haben hier schon seit mehr als tausend Jahren das Land bestellt. Die Murtaghs sind Bauern durch und durch.

Seit ein paar Jahren bieten sie auf ihrem Hof Kurse an, die Besucher am traditionellen irischen Leben teilhaben lassen. Das Motto: "Being Irish for a Day". Da will ich mitmachen.

Denn Familienoberhaupt Tom Murtagh, 68 Jahre alt, ein ehemaliger Pferde- und Kuhhändler, mit weißem Haarschopf, sanfter Stimme und schwieligen Händen, gibt den Kindern und mir eine Einführung in die Moorkunde.

Tom zeigt, wie man mit dem Sláin, einer Art Spaten, Torf gestochen hat. Erklärt, wie die Iren den Sumpf als Kühlschrank nutzten, indem sie dort in Metallkisten Lebensmittel lagerten. Denn nur sechs Zentimeter unter der Oberfläche herrscht eine Temperatur von 4 bis 6 Grad.

Zurück auf der Farm, bringt die Familie ihren Gästen auf der Weide das Spiel Hurling bei. Gespielt wird mit einem Stock aus Eschenholz, der einem Hockeyschläger gleicht, und einem kleinen, sehr festen Ball.

Das Spiel macht richtig Spaß. Einem Besucher sogar so viel, dass sein hart geschlagener Ball beinahe ein Schaf der Murtaghs erlegt. Whupps!

Danach backen wir irisches Vollkornbrot und essen es später mit selbstgemachter Butter und Himbeermarmelade.

Am Nachmittag tanzen wir zu Geige, Akkordeon und einer "Uillean Pipe", einer Art Blasebalg. Wer einen Tag mit den Murtaghs verbringt, möchte gar nicht mehr abreisen.

Doch ich habe von einem Herrenhaus gehört, auf dem seit Jahrhunderten ein Fluch lasten soll. Also fahre ich noch am frühen Abend nach Loughcrew House. Als ich ankomme, zieht gerade ein heftiges Gewitter ab.

"Dreimal soll das Anwesen der Napers niederbrennen. Gras soll über die Türschwelle wachsen, und Krähen sollen durch die Fenster fliegen",

zitiert Hausherr Charles Naper beim Abendessen den Familienfluch. Und tatsächlich ist das Haus in den vergangenen 400 Jahren dreimal abgebrannt. Zuletzt im Jahr 1964. Die Ursache für den Fluch kennt heute niemand mehr.

Am frühen Morgen, bevor ich zurück zum Flughafen fahre, gibt mir Charles einen Schlüssel für die Loughcrew Cairns. Das sind Ganggräber auf einer Hügelkette ganz in der Nähe.

Und noch während ich den Hügel besteige, habe ich ihn, meinen letzten magischen Moment in Irland – ganz ohne Hexen und Druiden:

Text und Fotos: © by Bernhard Lill. Außer folgende Bilder: Book of Kells (Foto: Chelsealwood. Lizenz: CC BY 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de); Loughcrew House (Foto: David Allen Wizardgold, Lizenz: CC BY-ND 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/); Kaminzimmer (Mystic Art Design, CC0 Creative Commons)

Kontakt: mail@bernhardlill.de