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Der Gott, der mich sucht Michael Dufner

Ich bin mitten in der Predigt, als ich plötzlich spüre und es an den Blicken der Zuhörer beobachte: Die Leute sind nicht mehr bei mir. Irgendetwas ist passiert. Alle werden unruhig. Dürfen wir lachen? Sollen wir etwas sagen? Ich falle aus dem Konzept und drehe mich um. Was ich sehe, ist total unerwartet. Aber der Reihe nach.

Immer wieder nehme ich mit Zeiten mit Jesus, in denen ich zurückblicke. Wochen, Monate ja sogar Jahre. Und immer wieder staune ich, was er alles wirkt. In dieser Zeit fällt mir plötzlich ein Foto in die Hände. Es erinnerte mich an diesen schweisstreibenden Moment. Von 0 auf 100 schwitze ich, meine Hände werden ganz kalt (ist so, wenn ich nervös bin) …

In der Predigtvorbereitung hatte ich immer wieder den Eindruck, dass ich meine zwei Söhne zu diesem Dienst mitnehmen sollte. Nun, das mache ich eigentlich sehr gerne, aber das war ein Abendgottesdienst. Da kann es sehr gut auch mal 22.30 Uhr und noch später werden. Zudem war der Ort noch gut 140 km von zuhause entfernt. Kurz mit meiner Frau besprochen, meinte sie: «Komm, das macht ihr einfach.» Also fuhren wir zu dem Einsatz. Meine Söhne waren fünf- und sechsjährig. Damit sie die Zeit der Predigt möglichst ruhig und anständig verbachten – normalerweise wären sie ja schon im Bett – habe ich extra ihre elektronischen Game-Geräte eingepackt. Sie sollten als «Special» gamen dürfen. Doch in dem Moment der Predigt, als mir die Aufmerksamkeit entrissen wurde, waren es meine zwei Jungs, die plötzlich hinter mir auf der Bühne standen.

Ihre Geräte hoch in der Luft. Schweiss, Nervosität. Gleichzeitig aber auch der Gedanke: «Jesus, was machst du? Was soll ich machen?» Ich hatte den Eindruck, ich solle die Situation einfach annehmen. Und so fragte ich vor allen Leuten (es waren über 300 Jugendliche im Gottesdienst), einfach so als ob wir in unserem Wohnzimmer sässen: «Was macht ihr denn hier?» Darauf beide wie aus einem Mund: «Papi, wir haben herausgefunden, dass wir mit unseren Geräten filmen können! Und so dachten wir, wir kommen dich filmen, wie du predigst.» Könnt ihr euch die Stimmung vorstellen bei den Jugendlichen? Ja genau, ein grosses «JÖÖÖÖ» ging durch den Raum. Nicht nur im Sinn «JÖÖÖÖ – herzig», sondern ein «JÖÖÖÖ - mega berührend». Denn ich hatte in der Predigt gerade über die Situation gesprochen, als Gott Adam und Eva suchte, nachdem sie etwas Dummes gemacht hatten. Er wollte sie nicht kaputtmachen, sondern er fand es schade, dass sie sich versteckten.

Gott sucht uns – und dann kamen meine Jungs hinein. Ich weiss nicht, ob ich richtig liege mit meiner Annahme, aber ich hatte den Eindruck, dass die Jugendlichen darauf warteten, dass ich schimpfe. Dass ich meine Söhne von der Bühne schicke und ihnen klar mache, dass das nicht geht. Stattdessen unterhielt ich mich mit ihnen und sprach «frisch vom Thron» und unvorbereitet über meine Vatergefühle. Wie sehr ich meine Kinder liebe, wie viele Gedanken ich mir mache und wie es mich schmerzen würde, wenn sich meine Kids vor mir verstecken würden… Meine Jungs sind von alleine wieder von der Bühne gegangen, doch die Aufmerksamkeit war nun stärker bei dem, was ich sagte…

Wie viel mehr muss es Gott schmerzen, wenn wir als seine Kinder uns vor ihm verstecken mit unserem Leben? Auch nur mit Teilbereichen, wie z.B. der Sucht. Sei das Esssucht, Pornosucht, Ego-Sucht, Fernsehsucht, Einkaufssucht, Geldsucht. Aber auch mit Zorn, Aggressionen, mit Neid und mit Verletzungen.

Dort wo wir uns verstecken, dort ziehen wir uns zurück.

Dieser Moment, als meine Jungs auf die Bühne kamen, war göttlich. Es hat dem Gottesdienst eine neue Dimension an Tiefe gegeben. Viele Jugendliche sind speziell berührt worden durch diesen Moment und haben einen Schritt aus ihrem Versteck gewagt, worüber wir uns alle sehr freuten.

Nein, in der Wohlfühlzone war ich dabei nicht. Es glich eher einem Gang aufs offene Wasser. Und Gott hat geschenkt, dass ich nicht unterging. Aber ehrlich?! Es hat meine Beziehung für und mit Jesus neu belebt. Ich bin begeistert nach Hause gekommen, ich musste wochenlang davon erzählen, was Gott getan hat, wie er meine Jungs gebraucht hat. Es ist deshalb bis heute Lebensmotto und Prinzip, das wir leben: Wenn Gott etwas sagt, dann tun wir es. Zu erleben, wie er mich dadurch immer wieder findet und aus meinen gemachten Verstecken herausruft, das ist befreiend.

Michael Dufner, michael.dufner@feg.ch