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Solidarität Ein Akt der Liebe

Wenn in Oruro ein weißes Tuch an der Haustür einer Wohnung weht, bedeutet das: „Wir brauchen Hilfe“. Gemeinsam mit dem Pfarrer der Kathedrale und einem Steyler Missionar hat Schwester Mónica Cárdenas in der 3700 Meter hoch auf dem Altiplano der Anden gelegenen Stadt eine Hilfsaktion ins Leben gerufen, an der sich inzwischen auch viele Freiwillige beteiligen. Sie verteilen Lebensmittel an Bedürftige.

Lager in der Kathedrale

Die Corona-Krise trifft die 265.000 Einwohner zählende Stadt hart. Strikte Ausgangsbeschränkungen und die Schließung von Geschäften, Betrieben und Einrichtungen zwingen die ehemalige Bergbau-Stadt zunehmend in die Knie. Auch die Schule und der Kindergarten der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel sind seit Ende März geschlossen. Ebenso wie die Ordenseinrichtungen in Cochabamba.

Doch soweit möglich zahlt die Ordensgemeinschaft ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Gehälter weiter. Das ist wirtschaftlich eine große Herausforderung, die nur dank Spenden aus Deutschland zu schultern ist. In Oruro verlieren viele ihre Arbeit – und damit ihren Lebensunterhalt. Die beiden hier lebenden Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel engagieren sich nun auf andere Weise.

Gemeinsam riefen Schwester Mónica, Pater Cristóbal als Gemeindepfarrer und Bruder Gabriel zu einer Sammlung unverderblicher, trockener Lebensmittel auf. Und es wurde reichlich gespendet. Eine Keksfabrik brachte säckeweise Mehl, Zucker und Trockenmilch.

Das Straßenverkehrsamt stellte Konserven und Salz zur Verfügung. Die Regierung spendete Obst. Alles wurde dann in den Räumen der Kathedrale gesammelt. Hier halfen auch Schwestern einer anderen Ordensgemeinschaft mit, zahlreiche Päckchen zu packen. Sie enthalten auch Reis, Nudeln und Öl.

Unter den Notleidenden sprach sich die Aktion schnell herum. Und schon begannen sie, an der Kathedrale anzustehen. Der Pfarrer, der Ordensbruder und Schwester Mónica geben dort nun täglich die Pakete aus.

„Die Angst vor der Ansteckung, auch die Müdigkeit vom Päckchenpacken spürten wir nicht, weil wir ausführten, was Jesus sagt: ‚Gebt ihr ihnen zu essen‘“, bezieht sich Schwester Monica auf einen Vers aus dem Lukas-Evangelium (Lk .9,13) – „und hier sind wir in diesem Dienst, der das Herz mit Freude erfüllt, wenn wir die Menschen, und besonders die Kinder, sehen, denen das bisschen Essen so viel bedeutet.“

Polizisten als Begleiter

Da die Menschen wegen der strengen Quarantäne-Maßnahmen aber höchstens einmal pro Woche Gelegenheit haben, in der knapp bemessenen Ausgangszeit hier vorbeizukommen, schlug der Gouverneur von Oruro vor, notleidende Familien mögen eine weiße Fahne oder ein weißes Tuch an ihre Haustür hängen. Dann könne man einen Bringe-Dienst organisieren.

Die Nachricht wurde über die sozialen Medien gepostet und fand in der Stadt viel Resonanz. Aufgrund der strengen Ausgangssperre begleiteten Mitarbeiter der Polizei, der Feuerwehr und der Verkehrsbetriebe Schwester Mónica und ihre Helferinnen und Helfer bei ihren Rundfahrten durch die Straßen. Dabei brachten die Polizisten auch selbst Spielsachen für die Kinder mit. Schwester Mónica berichtet: „Es gibt keine schönere Belohnung als das Lächeln eines Kindes.“

Bei Verteilung der gespendeten Nahrungsmittel halfen Polizei, städtische Betriebe und viele Freiwillige.

„Dienst ist nicht zu Ende“

Die Pandemie hat Bolivien Mitte Mai seit fast zwei Monaten fest im Griff. Doch Schwester Mónica weiß: „Unser Dienst ist noch nicht zu Ende. Wir hoffen weiterhin auf die Mitarbeit von Menschen, die ihr Herz öffnen, um das Wenige oder Viele, das sie haben, zu teilen. Denn wenn die Abkapselung vorbei ist, die wir in diesen Wochen durchleben, werden noch mehr Lebensmittel nötig sein.“ Ihre „Solidaritäts-Aktion der Liebe“, wie sie die Maßnahme nennt, solle daher noch lange weiterlaufen.