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Gregor Mendel (1822 – 1884) Ein Erbsenzähler wird zum Pionier der Genetik

Der Augustinermönch und Botaniker Gregor Mendel (1822 – 1884) züchtete im Garten des Klosters von Brünn Erbsen und Bohnen und stieß dabei auf die Grundlagen und Gesetze der Vererbung. Er entdeckte die Regeln, nach denen sich bestimmte Eigenschaften weitervererben, und erkannte schließlich, dass sich die Ergebnisse beeinflussen und mithilfe von Berechnungen vorhersagen ließen. Seine in vielerlei Hinsicht bahnbrechenden Arbeiten fanden jedoch zu Mendels Lebzeiten kaum Beachtung.

Gregor Johann Mendel wurde im Juli des Jahres 1822 in Heinzendorf, einem Ort in einem damals noch österreichischen Gebiet von Schlesien geboren. Mendels Heimat ist heute Teil von Vražné und gehört zu Tschechien. Gregor, der zwei Schwestern hatte, wuchs als Kind einer einfachen Bauernfamilie auf.

Gregor Mendel. Foto: Wikimedia.

Schon früh an der Naturkunde interessiert

Sein schon recht früh entwickeltes Interesse für die Naturkunde fiel zuallererst dem Pfarrer der Gegend auf, der selbst ein begeisterter Botaniker und Obstbaumzüchter war. Der Geistliche erkannte, was möglicherweise in dem Knaben steckte. Er förderte Gregors naturkundliche Interessen und überredete die Mendels dazu, ihrem Sohn trotz der angespannten finanziellen Situation der Familie ein Studium zu ermöglichen.

Gregor Mendel besuchte zunächst die Dorfschule in Leipnik und anschließend das Gymnasium in Troppau. Weil er ein guter und aufmerksamer Schüler war und die Bemühungen seines Mentors Früchte getragen hatten, konnte er 1840 mit dem Studium der Philosophie an der Universität von Olmütz beginnen. Obwohl der junge Mann immer wieder kränkelte und so gut wie immer bei knapper Kasse war, beendete er das Studium erfolgreich. Durch die Vermittlung eines Professors, der selbst ein Geistlicher war, wurde er anschließend als Novize in das Augustinerstift von Brünn aufgenommen.

Für Mendel öffnete sich mit den Klostertoren auch die Tür zu einer neuen Welt. Endlich war von von den drückenden Existenzsorgen weitgehend befreit und konnte seine geliebten naturwissenschaftlichen Studien umso besser fortsetzen. Im Kloster stieß er von Anfang an auf viel Verständnis. Man zeigte sich bereit, ihn weiter zu fördern. Immerhin war er hier unter Seinesgleichen. Einige der Mönche waren selbst Gymnasial- oder Universitätsprofessoren, und ihr Abt hatte sich nicht nur als Theologe und Ökonom, sondern auch als Obst- und Weinbauexperte einen Namen gemacht. Ziemlich gute Voraussetzungen also für einen jungen und wissbegierigen Mann, der sich wohl nichts sehnlicher wünschte, als ein Forscher und Lehrer zu sein.

Klostergebäude, teils von der Abtei St. Thomas, teils von der Masaryk-Universität (Mendel-Museum) genutzt, und die Basilika Mariä Himmelfahrt. Foto: Wikimedia.

Vom Kloster in die Welt

Nachdem Gregor Mendel das Noviziat hinter sich gebracht hatte, schickten ihn seine Mitbrüder zum Theologiestudium an die bischöfliche Lehranstalt von Brünn. Nebenher studierte er Landwirtschaft und beschäftigte sich insbesondere mit dem Obst- und Weinbau. 1847 wurde er in Brünn zum Priester geweiht.

Bald danach sandte man ihn an die Universität Wien, wo Mendel Vorlesungen über Physik, Botanik, Geologie, Zoologie und Chemie besuchte. Trotz seines Eifers beim Studieren hielten ihn jedoch immer wieder Unpässlichkeiten und Erkrankungen vom Abschluss des Lehramtsstudiums ab. Nachdem er deshalb bereits zweimal die Lehramtsprüfung versäumt hatte, musste er sich wohl oder übel damit abfinden, daheim in Brünn höchstens als Hilfslehrer arbeiten zu können. Welche Auswirkungen diese Niederlage auf seine wissenschaftlichen Studien haben würde, war zu diesem Zeitpunkt noch völlig unklar.

Im Klostergarten den Regeln der Vererbung auf der Spur

Obwohl die Mitbrüder in Brünn mit Gregor Mendels Studium in Wien nicht zufrieden sein konnten, nahmen sie ihn erneut herzlich auf. Er durfte sogar unterrichten und begann um die Mitte der 1850er Jahre im Klostergarten mit seiner später so berühmten Erbsenzucht. Er erwarb über dreißig verschiedene Erbsensorten und fand durch geduldiges Herumprobieren die „reinerbigen“ Sorten heraus, also jene, die identische Nachkommen (z.B. im Hinblick auf die Blütenfarbe, Blattfarbe, Blattform sowie Beschaffenheit der Samen) hervorbrachten. Solange man diese reinerbigen Sorten getrennt voneinander hielt, blieb bei der Vererbung die Kontinuität gewahrt. Langstielige Erbsenpflanzen brachten dann nur langstielige Nachkommen hervor, kurzstielige nur kurzstielige. Ganz gleich verhielt es sich auch mit den anderen Eigenschaften. Hatten die Eltern etwa glatte Samen, so wiesen auch ihre Nachkommen glatte Samen auf.

Dann unternahm Mendel verschiedene Kreuzungsversuche. Was, so fragte er sich, würde wohl passieren, wenn man langstielige Erbsenpflanzen mit kurzstieligen kreuzte? Würden dann Erbsenpflanzen mit mittlerer Stiellänge herauskommen? Mendels Kreuzungsversuche führten zu Hybriden, die er jeweils genau beobachtete und untersuchte. Seine Experimente waren enorm zeitaufwändig und auch sehr mühsam, weshalb es mehrere Jahre dauerte, ehe er Genaueres sagen konnte. Dennoch spürte Mendel mit der Zeit immer deutlicher, dass er mit seinen Beobachtungen und seiner Erbsenzählerei den verborgenen Gesetzen der Vererbung und damit wohl der Weitergaben des Lebens auf der Spur war.

So ließen sich bald die ersten interessanten Muster erkennen. Immer wenn er langstielige mit kurzstieligen Erbsenpflanzen kreuzte, stellte er fest, dass sich ihre Eigenschaften keineswegs miteinander vermischten. Ganz im Gegenteil. Eine der beiden Eigenschaften erwies sich als überlegen, war also dominant und wurde auch bei den Nachkommen ausgebildet. Die andere trat gegenüber der dominanten Eigenschaft zurück, war also rezessiv und wurde nicht ausgebildet. Sie ging, so schien es zumindest, bei der Vererbung verloren.

Dann aber kreuzte der Mönch auch noch die so entstandene zweite Generation der Erbsenpflanzen miteinander, und plötzlich tauchte in einem Teil der daraus resultierenden dritten Generation das zuvor verschwundene Merkmal wieder auf. Es kehrte in den Nachkommen zurück, war also niemals ganz weg gewesen. Einige Pflanzen der dritten Generation waren kurzstielig und bewiesen somit, dass im Zuge der Vererbung bestimmte Merkmale nicht ganz verloren gehen, sondern in späteren Generationen wieder auftreten und sich zeigen können.

Insgesamt züchtete, beobachtete und erforschte Mendel im Laufe der Zeit viele Tausende von Pflanzen, Zigtausende von Blüten und Millionen von Erbsen. Er kreuzte die Pflanzen und ihre Eigenschaften immer wieder miteinander und hielt die Ergebnisse seiner Forschungen in langen Tabellen fest. So konnte er nach und nach die Gesetzmäßigkeiten der Vererbung immer tiefer ergründen und gleichzeitig auch zeigen, dass Vererbung letztlich mit einer Weitergabe von Informationsteilchen von den Eltern auf die Kinder usw. zu erklären war. Später, lange Zeit nach Mendels Versuchen, sollte man die von ihm angenommenen Informationsteilchen „Gene“ nennen.

Zu Lebzeiten wurde er weitgehend ignoriert

Im Februar 1865 war Mendel eigentlich soweit, die gesammelten Ergebnisse seiner Forschungen bei einer Versammlung des naturkundlichen Vereins von Brünn vorzustellen. Im Publikum saßen neben Bauern und Geistlichen auch einige Botaniker und Biologen, die seinen weitschweifigen Ausführungen und Erklärungen jedoch kaum folgen konnten. Bald ging man zu anderen Themen über. Mendels Vortrag wurde zwar als Aufsatz in der Vereinszeitschrift veröffentlicht, fand jedoch auch auf diesem Weg keine Resonanz.

Obwohl der sicherlich enttäuschte Mönch auch danach mehrmals versuchte, die naturwissenschaftliche Welt auf seine Entdeckungen und Erkenntnisse aufmerksam zu machen, wurden seine Leistungen jahrelang einfach nicht beachtet. Er zog sich vom wissenschaftlichen Leben mehr und mehr zurück, widmete sich fast nur noch dem Klosterleben und seinem Garten und starb am 6. Jänner 1884 im Alter von 61 Jahren an Nierenversagen.

Erst Jahre nach Mendels Tod stießen andere Forscher auf seine Aufsätze und Aufzeichnungen und erkannten deren tatsächliche Bedeutung. Was Gregor Mendel einst in mühsamer Arbeit herausgefunden hatte, wurde nun zu einem immer wichtigeren Teil der Naturwissenschaften, insbesondere der Biologie. Heute sind Mendels Erkenntnisse auch überall in der modernen Medizin von großer Bedeutung. Sie helfen dabei, vererbte Schwachstellen und Gesundheitsrisiken zu erkennen und in ihrer Bedeutung und Gefährlichkeit entsprechend einzuschätzen. Einige der neuesten diagnostischen Verfahren beruhen ebenso auf ihnen wie fortschrittliche Therapien, mit denen man z.B. einer Vielzahl von vererbten und vererbbaren Erkrankungen zu Leibe rückt.

Werner Thelian

Created By
Werner Thelian
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Credits:

Created with an image by qimono - "puzzle dna research", CanstockPhoto, Wikimedia

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