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Ende der Start-up-Party? Von Julian van der Linden

Ist das „goldene Zeitalter“ der Start-ups bald vorbei? Zwar ist die Begeisterung für deren Macher weiterhin ungebrochen und noch immer überschlagen sich Medien und Blogs mit euphorischen Berichten und Prognosen. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch dieser Hype endet. Die entscheidenden Faktoren: Technik, Köpfe und Kapital.

Bei allen Anstrengungen zur Digitalen Transformation von Unternehmen und der Gesellschaft und bei allen segensreichen neuen Apps und Services übersieht man leicht folgendes: Insbesondere die Tech- und Digital-Szene ist fest in der Hand von einigen mächtigen Akteuren, deren Brands jeder kennt: Microsoft, Apple, Google (bzw. Alphabet), Facebook und Amazon. Sie besitzen eine Vielzahl an Technologien und Patenten, unterschiedlichste Plattformen und Marken und darüber nahezu alle erdenklichen Kundenzugänge, an denen heute viele Start-ups, genauso wie etablierte Unternehmen, nicht mehr vorbeikommen. Und bevor ein vielversprechendes Tech-Start-up in die Sphären der sogegannten „Unicorns“ vordringt, wird dieses von einem der genannten Riesen oder anderen aktiven Corporate Venture Capitalists aufgekauft. Wenn diese nicht schon längst in einer Frühphase in dieses Start-up investiert haben.

Erfolgstyp Start-up-Gründer

Betrachten wir mit Blick auf die Start-ups, von welchen „Köpfen“ sie initiiert werden. Professor Julian Kawohl und Sascha Grumbach zeigen in ihrer Studie „Einhorndompteure“, dass eben nicht die Geschichte von Mark Zuckerberg die Quintessenz für Start-up-Erfolg bildet. Stattdessen wurden hochbewertete Start-ups fast ausnahmslos von gut ausgebildeten, männlichen Gründern aufgebaut, die vorher entweder Führungspersönlichkeiten in bestehenden Unternehmen waren oder bereits mehrere Start-ups gegründet hatten.

Man kann also davon ausgehen, dass diese Persönlichkeiten auch andere Alternativen hatten und haben, als „nur“ als Entrepreneur das eigene Unternehmen aufzubauen, weil sonst kein anderer Weg zum persönlichen Erfolg führt. Und während für solche Typen noch vor etwas mehr als zehn Jahren die Perspektive Investmentbanker oder Unternehmensberater das goldene Ticket „nach oben“ versprochen hat, lockt nun viele der einträgliche Exit, also der Verkauf des eigenen Start-ups an einen Investor oder einen internationalen Konzern.

Sollten sich also in Zukunft die Perspektiven für junge, schlaue und erfolgshungrige Menschen ähnlich deutlich verändern, dann wird das Thema „Start-up“ mit allen damit verbundenen persönlichen Mühen und Risiken wahrscheinlich nicht mehr so spannend sein. Und wir können davon ausgehen, dass ein Großteil derjenigen Köpfe, die heute erfolgreiche Entrepreneure sind und als Inspiration für andere wirken, diesem Markt einfach nicht mehr zur Verfügung stehen, was dauerhaft der Attraktivität und Strahlkraft der Start-up-Szene schaden würde.

Investieren oder nicht investieren?

Und es gibt einen weiteren, entscheidenden Aspekt: Zuviel Kapital im Markt befeuert den Start-up-Hype. Die aktuelle Jagd nach lukrativen Start-up-Deals ist auch darin begründet, dass sowohl Finanz- als auch strategische Investoren in der aktuellen, globalen Niedrigzins-Phase sehr viel Kapital liquide zur Verfügung haben, bei meist gut laufenden Geschäften. Die „Kriegskassen“ sind voll und Kapital muss investiert werden – das führt dazu, dass auch schnell mal Bewertungen für Start-ups aufgerufen werden, die im Hinblick auf das Marktpotential und den bisherigen Erfolg der jungen Unternehmen einfach nicht gerechtfertigt sind.

Was aber wird passieren, wenn es globale oder zumindest regionale konjunkturelle Eintrübungen gibt oder die Zinsniveaus weltweit spürbar anziehen – und damit andere Investitionen beziehungsweise Anlageformen wieder attraktiver werden? Die Antwort: Insgesamt weniger Investitionen, die weniger freigiebig an insgesamt weniger Start-ups verteilt werden – und somit weniger echte Erfolgsstories. Das ist natürlich nicht mehr so interessant und berichtenswert auf Kongressen und in den einschlägigen Medien, was wiederum die Faszination für die Start-up-Szene beeinflussen wird – ebenso wie deren Selbstverständnis.

Fazit: Die Chancen für langfristig agierende, strategisch orientierte Investoren aus dem deutschen Mittelstand werden wieder beträchtlich steigen, um bei neuartigen Entwicklungen mit dabei zu sein. Um hier zum richtigen Zeitpunkt zum Zuge zu kommen, ist den exzellent ausgerichteten Familienunternehmern zu empfehlen, sich jetzt mit dem strategischen Fit von potentiellen Start-ups zu beschäftigen.

Zur Person

Julian van der Linden ist Projektleiter bei Weissman & Cie, einem speziell auf Familienunternehmen ausgerichteten Beratungsunternehmen in Nürnberg. Zu van der Lindens Themenschwerpunkten gehören die Strategieentwicklung für Unternehmen und Unternehmensgruppen sowie Organisationsentwicklung und Innovationsmanagement. Weissmann & Cie wurde 1987 von dem gebürtigen Hofer Prof. Dr. Arnold Weissman gegründet.

Familien-Unternehmertag

Am 8. und 9. Juni lädt das Weissman-Institut zu einem „Familien-Unternehmertag“ in den Schindlerhof nach Nürnberg ein. Zu den namhaften Referenten aus der unternehmerischen Praxis zählen unter anderem Stephan Barth (Barth-Haas Group), Dr. Bertram Kandziora (Stihl AG), Perry Soldan (Soldan Holding und Bonbonspezialitäten GmbH), Simon Tüchelmann (Kreatize GmbH) und Prof. Dr. Arnold Weissman (Weissman Gruppe). Weitere Infos unter www.familien-unternehmertag.de

Created By
Michael Ertel
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Credits:

PR; Adobe Stock

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