Loading

Schattenwelt "Schueberfouer" Mit "Lima Fouer" durch die Nacht

Betrunkene ohne Ende, Schläger ohne Einsicht und Taschendiebe ohne Rücksicht. Wo Tausende Menschen jedes Jahr die Spaßgesellschaft feiern, sei es auf mehr oder weniger aufregenden Fahrgeschäften, beim Geschicklichkeitsspiel oder bei Speis und Trank im Festzelt, da tummeln sich auch Störenfriede.

Diese im Griff zu behalten, ist Aufgabe der zwölf Polizisten des „Schueberfouer“-Kommissariats. Das „Luxemburger Wort“ hat diese Beamten auf ihren Patrouillen in der letzten Nachtschicht der diesjährigen „Schueberfouer“ begleitet.

Eine Fotoreportage von Steve Remesch

Dienstantritt: 21 Uhr. Es ist eine kühle Nacht. Am frühen Abend hat es kurz geregnet. Die letzte Nacht der "Schueberfouer" ist und bleibt ein Publikumsmagnet. Dennoch hält sich wohl wegen den etwas weniger einladenden Witterungsverhältnissen der Andrang in Grenzen. Lediglich vor den Essbuden und Toiletten sind die Warteschlangen um diese Zeit etwas länger.

21.09 Uhr: "Lima Fouer 4" bricht als erste zu einem Rundgang auf.

21.20 Uhr: Die Polizei, dein Freund und Helfer. Ein Mann sucht verzweifelt nach "dem Karussell".

"Welches meinen Sie denn?", fragt der Polizist.

"Das ganz alte!"

"Ah, das mit den Pferdchen? Hier runten dann an der zweiten Kreuzung links."

Mann zufrieden. Polizist auch.

Es wird an diesem Abend nicht das einzige Mal sein, dass Passanten die Polizei ansprechen, weil sie sich auf dem Jahrmarkt nicht zurechtfinden. Jahrelang folgte die Aufstellung nämlich zu großen Teilen einem gleichen Muster. In diesem Jahr wurde die "Schueberfouer" aber wegen der Tram-Baustelle umgebaut.

Neu ist auch, dass Festzelte gruppiert wurden und Orte, an denen es regelmäßig zu Schlägereien kam, wesentlich heller ausgeleuchtet wurden.

21.24 Uhr: "Whoot whoot", macht dieser Mann, als die Polizisten an ihm vorbei gehen. Er bemüht sich, die Beamten lächerlich zu machen. Diese finden das nicht besonders lustig und führen eine Ausweiskontrolle durch. Sie belassen es aber bei einer mündlichen Ermahnung.

"Wenn weniger los ist, dann werden auch wir schnell zur Jahrmarktsattraktion", erklärt später einer der Beamten. "Das kann ganz harmlos sein. Leider ist es aber auch oft so, dass die Menschen keine Grenzen kennen und den Schabernack einfach übertreiben. Verspotten lassen müssen wir uns nicht."

21.36 Uhr: In diesem Jahr sind auffallend viele Bettler und Obdachlose auf der Schueberfouer zu sehen. Vor allem an den Eingängen lassen sich Bettler mit Hunden oder auch mit kleinen Schildern nieder und bitten mal mehr mal weniger aufdringlich um ein Almosen.

Auch hier entscheiden sich die Polizisten zu einer Identitätsüberprüfung. Mit der Rumänin ist alles in Ordnung. Die Beamten verabschieden sich freundlich und setzen ihre Kontrollrunde fort.

21.49 Uhr: Über Funk wird eine betrunkene und möglicherweise bewusstlose Person vor einer Bank gemeldet. Die Beamten treffen auf einen schlafenden Obdachlosen. Sie wecken ihn. Es dauert etwas, bis er versteht, was die Polizisten von ihm wollen.

Nach einer Personenkontrolle leistet er der Ansage der Polizisten Folge und verlässt langsamen Schritts das Grundstück der Bank. Der Wachmann, der die Polizei verständigt hat, bedankt sich. Die Beamten begeben sich in Richtung Dienststelle.

22.00 Uhr: Während draußen das Feuerwerk gezündet wird, meldet diese Frau, dass ihr Fahrrad gestohlen wurde. Der Fall wird zu Protokoll genommen.

22.09 Uhr: Die Beamten gönnen sich eine kurze Verschnaufpause. Dann wird es sprichwörtlich herzlich.

Die Beamten bekommen Lebkuchenherzen geschenkt. "Nicht um euch zu bestechen, sondern um Dankeschön zu sagen", heißt es. Die Freude bei den Polizisten über die kleine Aufmerksamkeit ist groß.

22.21 Uhr: Kaum ist das Feuerwerk vorbei, drängen erste Autos durch den abgesperrten Bereich am Rond-Point Schuman. Ein No-Go.

Doch Einsicht ist nicht angesagt. Warten scheint ebenfalls keine Option zu sein. Es folgen hartnäckige Diskussionen. Und, "da waren auch schon andere Autos" überzeugt nicht als Argument.

22.36 Uhr: Auf Fußpatrouille mit "Lima Fouer 3". Es geht ein Funkspruch ein. Bei einem Fahrgeschäft wurde gerade ein auffälliger bunter Rucksack gestohlen. Die Beamten sollen Ausschau nach dem Dieb und der Beute halten.

Im Rucksack befinden sich zwei Mobiltelefone. Über das Ortungsprogramm des Herstellers kann eines der Smartphones im Parc Pescatore geortet werden. Die zweite Patrouille sowie Verstärkung vom Hauptstadtrevier sucht dort nach Verdächtigen. Doch kurz bevor die Polizisten vor Ort eintreffen, verstummt das Signal. Die Suche bleibt erfolglos. Der Täter ist vermutlich um Haaresbreite entkommen.

Insgesamt gingen bei der "Schueberfouer" in diesem Jahr 40 Diebstahlsanzeigen ein.

23.19 Uhr: Vor der Polizeidienststelle kommt Hektik auf. Die Beamten eilen zum Eingang des Stadtparks. Hier sind offenbar Polizisten in eine Schlägerei verwickelt.

Doch die zwei implizierten Polizisten haben die Situation bereits unter Kontrolle, als die Verstärkung eintrifft.

Offenbar hat es zunächst eine handfeste Auseinandersetzung zwischen zwei betrunkenen Männern im Rond-Point Schuman gegeben. Zwei Verkehrspolizisten, die von Passanten auf die Schläger aufmerksam gemacht worden waren, trennen die Streithähne und bringen sie von der Straße auf den Bürgersteig.

Die Lage scheint sich zu beruhigen. Dann setzt einer der Schläger an, unbeteiligte Passanten anzugreifen. Die Verkehrspolizisten zögern nicht lange, überwältigen den Mann und legen ihm Handschellen an.

Die Beamten müssen zu ihrem Leidwesen schnell feststellen, dass der sehr aggressive Mann sich bei der Festnahme eingenässt hat.

Auch auf der Dienststelle bleibt der Betrunkene sehr aggressiv und pöbelt die Polizisten an.

Die Polizisten lassen sich nicht darauf ein. Als der Festgenommene sich wiederholt beschwert, die Handschellen seien zu eng angelegt, überprüft ein Polizist die Fesseln. Doch es zeigt sich, dass dies wohl nur eine Finte war.

Die Beamten entscheiden, den Gewalttäter für den Rest der Nacht in einer Arrestzelle unterzubringen.

23.43 Uhr: Ein weiterer Kontrollgang. Die Stimmung auf dem Glacisfeld ist heiter. Dafür, dass die meisten Besucher am Dienstagmorgen wieder zur Arbeit antreten müssen, ist die "Schueberfouer" auch zu derart später Stunde noch gut besucht.

1.07 Uhr: Um 1 Uhr sollen alle Getränkestände, Festzelte und Fahrgeschäfte schließen. Damit dies auch eingehalten wird, zeigt die Polizei sichtbare Präsenz. Die Abbauarbeiten können erst beginnen, wenn die letzten Besucher das Gelände verlassen haben. Doch das nimmt viel Zeit in Anspruch.

1.27 Uhr: Über Funk wird eine unklare Situation bei den Toiletten gemeldet. Die Beamten sollen nach dem Rechten sehen. Es zeigt sich, dass lediglich eine junge Dame Zugang zum Toilettenhaus erlangen wollte, diese aber bereits geschlossen waren. Ein Polizist empfiehlt der jungen Frau, eine der Bars in der Allée Scheffer aufzusuchen.

Doch sie scheint inzwischen mehr am Polizisten, als an den Toiletten interessiert. "De schéine Griech huet eng Touche gemach" necken ihn die Kollegen.

1.29 Uhr: Die Beamten sind es zwar gewohnt, dass ihnen und ihrer Arbeit nicht immer Respekt gezollt wird. Dennoch sind sie von der Dreistigkeit dieses jungen Mannes überrascht. Ohne irgendeinen Anlass zeigt er den Polizisten den Stinkefinger.

Die Beamten stellen ihn zur Rede. "Muss du mech esou domm kucke", provoziert er einen Polizisten. Als der ihm erklärt, er solle seine Zunge doch besser zügeln, fällt der aggressive Mann ihm überheblich grinsend ins Wort. "Et ass mer schäissegal, hal op mech esou domm ze kucken."

Die Polizisten überprüfen seine Personalien. Der Mann ist zwar vorbestraft, es liegt aber nichts gegen ihn vor. Da sie sich nicht weiter von seinen Sticheleien provozieren lassen wollen, wenden die Beamten sich von ihm ab und wollen zur Dienststelle zurückkehren.

Doch als sie ihm den Rücken zudrehen, folgt ein ganzer Schwall von Beleidigungen. Die Polizisten fordern den Mann auf, sie zum Polizeiposten zu begleiten. Er widersetzt sich und wird handgreiflich.

Binnen Bruchteilen von Sekunden liegt er in Handschellen auf dem Boden. Aber auch als die Beamten ihn abführen, versucht er sich nach Leibeskräften zu wehren.

Auch sein Begleiter, der die Festnahme seines Freundes mit vollem Körpereinsatz verhindern wollte, wird am Boden überwältigt und in Handschellen gelegt.

Beide Männer werden gleich in jeweils einen Streifenwagen gesetzt und nach einer ärztlichen Untersuchung für die restliche Nacht im Polizeiarrest untergebracht. Gegen den ersten Täter wird zudem ein Verfahren wegen Beamtenbeleidigung eingeleitet.

1.40 Uhr: Beamte des Bahnhofskommissariats bringen einen jungen Mann in Handschellen zur Dienststelle. Er war in der Allée Scheffer - mit einer Discokugel unterm Arm und von Mitarbeitern eines privaten Wachschutzdienstes verfolgt - an ihrem Streifenwagen vorbeigelaufen. Der junge Mann war schnell, versuchte auch die Polizisten abzuhängen, doch die waren offensichtlich schneller.

Nun weint er bitterlich, als er sich den Konsequenzen seines Handelns bewusst wird. Der Besitzer des kleinen Verkaufsstands in der Allée Scheffer, aus dem er die Kugel stahl, erstattet Anzeige. Nun ist der junge Mann ein Fall für die Justiz.

2.23 Uhr. Gerade als die Beamten ihre Schicht beenden wollten, bringt ein Schausteller eine ganze Tüte voll mit Fundgegenständen. Er hatte sie über die gesamte Dauer der "Schueberfouer" gesammelt.

Alle Gegenstände müssen nun einzeln registriert und eingepackt werden. Ein Schlüsselbund interessiert den leitenden Beamten ganz besonders. Er enthält gleich zwei Handschellenschlüssel. Ein Versuch zeigt jedoch, dass keiner von beiden zu Polizeihandschellen passt.

Insgesamt wurden der Polizei bei der "Schueberfouer" 2017 rund 60 Fundgegenstände übergeben. Diese können beim Fundbüro der Polizei abgeholt werden.

3.11 Uhr: Der finale Akt. Die Beamten schließen die Dienststelle "Lima Fouer" ab und verabschieden sich von knapp drei Wochen Trubel auf dem Glacisfeld.

In einer Pressemitteilung zieht die Polizei eine positive Bilanz der diesjährigen "Schueberfouer". Es habe aus polizeilicher Sicht keine grösseren Zwischenfälle gegeben. 1600 Kinder seien bei der "Fouer"-Dienststelle registriert worden, für den Fall, dass sie sich im Getümmel verlieren sollten. Nur in zwei Fällen mussten Polizeibeamte nach Kindern suchen. Beide konnten bereits nach kurzer Zeit wieder der Obhut der Eltern übergeben werden.

Auch diese Zahlen waren in der Vergangenheit deutlich höher als in diesem Jahr: 26 Mal musste die Polizei wegen betrunkenen Personen einschreiten. Die Hälfte von ihnen wurde im Arrest untergebracht.

Außerdem: Lediglich fünf Fahrzeuge von Falschparkern mussten abgeschleppt werden.

Es gab aber auch andere Einsätze, die mit Fahndungs- oder Ermittlungserfolgen endeten. So stellte "Lima Fouer" beispielsweise am Sonntag zwei Autodiebe, die am Rande der "Schueberfouer" in den Stau geraten waren.

Nun herrscht aber erst einmal Ruhe am Glacisfeld, denn die nächste "Schueberfouer" beginnt erst am 23. August 2018.

Created By
Steve Remesch
Appreciate

Report Abuse

If you feel that this video content violates the Adobe Terms of Use, you may report this content by filling out this quick form.

To report a Copyright Violation, please follow Section 17 in the Terms of Use.